Von Kurt-Helmuth Eimuth – 22. Oktober 2014
Die „kleine“ Glocke im Hof der Erlösergemeinde am Melanchthonplatz lädt zum Gedenken ein: Wie halb Oberrad wurde auch die Glocke im Zweiten Weltkrieg förmlich zerrissen. Jetzt mahnt sie stumm.
Sie wurde bei der Bombardierung Oberrads 1943 zerstört und mahnt jetzt im Hof der Erlösergemeinde gegen den Krieg: die kleine Glocke der alten Erlöserkirche. Foto: Anne-Elisabeth Eimuth
Kirchenglocken sind imponierende Klangkörper. Man hört sie weithin. Nur zu sehen sind sie meist nicht, dazu müsste man in der Regel zahlreiche Treppen bis in die Kirchturmspitze erklimmen.
Nicht so in Oberrad. Im Hof der Erlösergemeinde am Melanchthonplatz ist eine zu sehen – beeindruckend, obgleich es sich nur um die „kleine“ Glocke handelt. Sie lädt zum Gedenken ein: Wie halb Oberrad wurde auch die Glocke im Zweiten Weltkrieg förmlich zerrissen.
Als am 4. Oktober 1943 die westliche Hälfte von Oberrad durch Brandbomben in Schutt und Asche gelegt wurde, brannte auch die in den Jahren 1912 bis 1914 erbaute frühere Erlöserkirche aus. Wenige Wochen später, am 18. März 1944, wurden Kirchenschiff und Turm mittels Sprengbomben in einen Steinhaufen verwandelt.
Die beschädigte „kleine Glocke“ diente dann bis zum Wiederaufbau der Erlöserkirche im Jahr 1956 als Geläut einer provisorischen Notkirche. Da sie nicht mehr geschwungen werden konnte, wurde sie mit einem Klöppel geschlagen.
Anschließend hat man die Glocke dann im Innenhof aufgestellt und ihr eine Inschrift gegeben: „1914 – 1956 – Ich rief zu Gott in zwei Kriegen, Not und Hungerszeit, jetzt mahn’ ich stumm“.