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Klezmers Techter virtuos in Griesheim

Virtuos am Instrument, vielseitig in den Arrangements und mit großer Lebensfreude präsentierten sich gestern Abend „Klezmers Techter“ in der vollbesetzten Griesheimer Segenskirche.

Klezmers Töchter begeisterten in der Griesheimer Segenskirche. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth 

Im Rahmen des Griesheimer Musiksommers brachten die drei Musikerinnen die einst in Deutschland von den Nazis ausgerottete Klezmermusik wieder zurück, so die Initiatorin des Griesheimer Musiksommers, Brigitte Babbe. Aber mehr noch: Gabriele Kaufmann, Nina Hacker und Almut Schwab nahmen deutlich auch Elemente anderer Stilrichtungen auf, selbst Mainzer Karnevalsmusik schimmerte im Stück “Massel tov” durch.

Tanzen mit zwölf Kilo schwerem Akkordeon

Kein Wunder: Wurde doch die Instrumentierung von der gebürtigen Mainzerin Almut Schwab arrangiert. Klezmermusik stammt aus dem jiddischsprachigen Osteuropa und war von jeher beeinflusst von nicht-jiddischer Musik der jeweiligen Region. Nach den ersten Auswanderungswellen gelangte sie nach Amerika und verband sich dort auch mit dem swingenden Jazz. Diese Tradition setzt das Trio fort.

Die Künstlerinnen beeindruckten durch ihre Vielseitigkeit an den Instrumenten, wozu auch Bassklarinette, Querflöte und Hackbrett gehören. Unnachahmlich wie Almut Schwab trotz des von ihr gespielten zwölf Kilogramm schweren Arkodeons über die Bühne tanzte und den Dialog mit ihren Mitspielerinnen und mit dem Publikum suchte.

Unzählige Facetten menschlicher Gefühle

Klezmermusik drückt unzählige Facetten menschlicher Gefühle aus. Etwa beim Stück „Friling“, geschrieben nach dem Tod der Ehefrau des Komponisten im Konzentrationslager. Hier überzeugt das Trio auch durch leise Töne und den stampfenden Rhythmus, den Nina Hacker mit dem Bass vorgibt. Klezmers Techter sind eine Entdeckung für die Kirchenmusik-Szene.

Kurt-Helmuth Eimuth Evangelisches Frankfurt Internet 5.8.12

Die Moon-Sekte gibt sich geläutert

Die Moon-Sekte gibt sich geläutert

Sie waren vor dreißig Jahren eine der umstrittensten religiösen Sekten: die “Moonies”. Heute gibt sich die Gemeinschaft geläutert und wirbt mit Bücherständen am Schweizer Platz und mit Büchersendungen an die Pfarrerschaft.

Spektakuläre Massenhochzeiten veranstaltete die „Vereinigungskirche“ in den 1980er Jahren – hier im Zoo-Gesellschaftshaus. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Sie waren vor dreißig Jahren eine der umstrittensten religiösen Sekten: die Moonies, wie man die Anhänger und Anhängerinnen des Koreaners Sun Myung Moon nannte. Unlautere Werbemethoden, Gehirnwäsche, massive Entfremdung junger Menschen von ihren Familien, Industriebesitz, der Versuch, auf die Politik Einfluss zu nehmen – so lauteten die Vorwürfe. Heute gibt sich die Gemeinschaft geläutert und wirbt mit Bücherständen am Schweizer Platz und mit Büchersendungen an die Pfarrerschaft.

Gemeindezentrum in der Stegstraße in Sachsenhausen

Besucht man in der Sachsenhäuser Stegstraße die Frankfurter Gemeinde der „Tongil-Gyo Vereinigungsbewegung“, wie sich die Moon-Bewegung heute offiziell nennt, findet man ein klassisches Gemeindezentrum vor: Versammlungsraum, Jugendraum, Spielraum für Kinder, Büro. Das wundert nicht, denn der Vormieter des Gebäudes war die Selbständig Evangelisch Lutherische Kirche. An den Wänden hängen auch Bilder von Buddha, Konfuzius und Jesus, denn schließlich will Moon vollbringen, was Jesus nicht geschafft habe – die Glaubensgemeinschaften vereinigen.

Etwa 400 Mitglieder im Großraum Frankfurt

Gemeindemitglied Christoph L. (links) und Sprecher Fritz Piepenburg in den Räumen der „Tongil-Gyo Vereinigungsbewegung“ in Sachsenhausen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Etwa 400 Menschen im Großraum Frankfurt gehören zur Gemeinde, deutschlandweit hat die Gruppierung 1300 Mitglieder. Man habe sich geändert, sagt ihr Sprecher. In den 1980er Jahren sei so eine Art „Pionierzeit“ gewesen. Heute verzichte man auf Fundraising in Deutschland, wodurch man nicht mehr über viel Geld verfüge, es gebe nur eine hauptamtliche Stelle. Die Mitglieder der Vereinigungsbewegung lebten auch nicht mehr in Wohngemeinschaften zusammen und man betreibe auch keine eigenen Wirtschaftsunternehmungen mehr.

Zum Gespräch kommt Christoph L. hinzu. Der junge Mann, Ende zwanzig, ist in Südamerika aufgewachsen, schon seine Eltern waren in der Moon-Bewegung. Sie gehörten zu jenen, deren Ehepartner durch Moon ausgewählt worden waren, ihre Eheschließung haben sie in einer der berüchtigten Massenhochzeiten vollzogen. Ihr Sohn hat nun ebenfalls auf diese „traditionelle Weise“ geheiratet. „Das ist heute aber die Ausnahme“, sagt L. „Wir sind normale Studenten und sehen uns in der christlichen Tradition“.

Moon-Glaube ist mit Christentum unvereinbar

Sun Myung Moon selbst ist heute 92 Jahre alt. Sein Einreiseverbot nach Deutschland ist aufgehoben, vergangenes Jahr konnte er in Berlin zu seinen Anhängern und Anhängerinnen sprechen. Er lebt mit seiner erweiterten Familie als Multimillionär in den USA, dort musste er eine Haftstrafe wegen Steuervergehen verbüßen.

Ob tatsächlich ein Wandel innerhalb der Vereinigungsbewegung stattgefunden hat oder nur das Image aufpoliert wurde, lässt sich derzeit kaum beurteilen. „Die Gemeinschaft trägt zugleich religiös-weltanschauliche, ideologisch-politische und wirtschaftliche Züge. Mit einer christlichen Kirche besteht nur eine oberflächliche Ähnlichkeit“, sagt der Weltanschauungsbeauftragte Hansjörg Hemminger. Mit dem Christentum sei der Glaube unvereinbar, so werde ausdrücklich die Trinitätslehre verworfen und geglaubt, dass die Erlösung der Menschen mit Sun Myung Moon komme. Die Moon-Bewegung versuche, durch die Veränderung ihres Auftretens seriöser zu wirken, und habe in den USA bereits einen gewissen Einfluss auf die konservative Publizistik und Politik gewonnen, meint Hemminger.

Beitrag von , veröffentlicht am 24. Juni 2012 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

Halb Rödelheim ging in diese Kita

Die Wehrhof-Kita in Rödelheim feierte gestern ihr 125. Jubiläum. Nicht immer ging es zwischen Kommune und  evangelischer Trägerschaft harmonisch zu. Eine Fotoausstellung vermittelt Eindrücke aus eineinhalb Jahrhunderten.

Spaß hatten die Kinder beim Geburtstagsfest der Wehrhof-Kita. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth 

„Halb Rödelheim ging durch die Hände unserer Erzieherinnen“, sagte Pfarrer Ludwig Schneider bei der gestrigen 125-Jahr-Feier des Wehrhof-Kindergartens. Angefangen hatte alles schon 1871, also bereits vor 141 Jahren. Der damalige Rödelheimer Pfarrer Johann Thudichum gründete eine evangelische Kleinkinderschule, die von den beiden Diakonissen Schwester Luise und Schwester Sophie geleitet wurde.

Doch die religiöse Erziehung war vielen säkularen Rödelheimern ein Dorn im Auge, und 1875 übernahm die kommunale Gemeinde die Trägerschaft. Schockiert von der unchristlichen Atmosphäre bei einem Weihnachtsfest in der nun kommunalen Einrichtung, rief Pfarrer Eduard Lohoff dann 1887 die „evangelische Privat-Kleinkinderschule“ ins Leben.

Auch in der Wehrhof-Kita herrschte 1914 Kriegesbegeisterung. Foto: Archiv 

Eine  Fotoausstellung vermittelt Eindrücke aus eineinhalb Jahrhunderten Geschichte. Ein Bild aus dem Jahr 1914 – die Gruppe brav hinter einem Tisch in Reih und Glied, ein kleiner Junge mit Pickelhaube – erinnert an die verbreitete Kriegsbegeisterung. 1933 musste sich der Kirchenvorstand gegen die Übernahme durch die Nazis zur Wehr setzen.

Eine Diakonisse kümmerte sich um 90 Kinder

Schlimme Erlebnisse, schöne Erlebnisse: Der Rödelheimer Pfarrerssohn Heinz-Albrecht Müller, der etwa 1936 in den Kindergarten kam, erinnert sich gern an „Sommerfeste hinten im Hof“, an Lieder, die gesungen wurden. Aber er spricht auch vom Luftangriff 1943, vier Tage vor Weihnachten, bei dem die Kirche zerstört wurde.

Im März 1944 lag dann der Wehrhof selbst in Trümmern. Schwierige Zeiten des Wiederaufbaus, Umzüge, viele Veränderungen. Um die 90 Kinder spielten früher hier, für die Ende des 19. Jahrhunderts zunächst nur eine Diakonisse zuständig war, jeweils sieben Stunden an sechs Tagen.

Inzwischen hat sich die Kita verkleinert. 42 Kinder im Alter drei bis sechs, in zwei Gruppen, bevölkern den Altbau neben dem Nidda-Wehr. „Vieles hatten wir hier“, resümiert Pfarrer Ludwig Schneider: „Diakonissen, Schwestern, Tanten, Kinderfräulein, Erzieherinnen und heute sogar Erzieher.“ Der rote Faden sei „der Dreiklang von Betreuung, Bildung und Erziehung“, so der Leiter des Bereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werks, Kurt-Helmuth Eimuth, und natürlich die christliche Prägung.

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Beitrag von , veröffentlicht am 18. Juni 2012 in der Rubrik Stadtkirche des Evangelischen Frankfurts

Grundsteinlegung der Kita „Villa Kunterbunt“ in Sossenheim

In der Regenbogengemeinde in Sossenheim entsteht ein neues Kinderzentrum. Dafür wurden nicht nur Büros aufgegeben und Nadelbäume gefällt – auch der Glockenturm musste fallen.

Die Baustelle für das neue Kinderhaus „Villa Kunterbunt“ wird in die Pädagogik integriert. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth 

Die Kinder kennen das „Rezept“ für ein tragfähiges Fundament: „Man nehme: ein bisschen Sand, ein bisschen Zement, ein bisschen Wasser, ein paar kleine Steine. Alles zusammen verrühren und mit ein bisschen ‘Glaube’ wird es schon gelingen!“

Auf diesem festen Grund errichtet die Regenbogengemeinde in Sossenheim ein neues Kinderzentrum. Die Grundsteinlegung war am 15. Juni, im Herbst 2013 soll das Gebäude bezugsfertig sein. Größer als bisher, am Hang gelegen, in Hufeisenform, Elterncafé, moderne Küche, Innenhof, drei Spielplätze. Raum für die jetzigen sechzig Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, und außerdem für fünf neue Krabbelgruppen, noch einmal fünfzig Kinder.

Für den Umbau mussten Nadelbäume und der Glockenturm fallen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth 

Ein ambitioniertes Vorhaben – Kosten rund 3,3 Millionen Euro – und ein Wendepunkt. Denn nicht nur eines der Büros musste aufgegeben werden. Auch die alten Nadelbäume auf dem Gelände wurden gefällt. Der Glockenturm, das bisherige Wahrzeichen der Regenbogengemeinde, „mit einem Bagger einfach umgefahren“, erzählt Kita-Leiterin Christine Funk-Geissler.

Klar war: „Wir würden vieles verlieren, was wir geschätzt und geliebt haben.“ Bereits vor Beginn der Arbeiten im Februar 2012 startete das Team der Erzieherinnen und Erzieher deshalb das Projekt „Komm, bau ein Haus“. Erster Schritt: Bestandsaufnahme. Die Kinder dokumentierten fotografierend, filmend, malend, bastelnd, sammelnd. Die Ergebnisse und „Fundstücke aus der Vergangenheit“, wie Schlüssel, Türgriffe, Steine, Blätter, ein altes Telefon, Schilder, bilden nun das Villa Kunterbunt-Museum, das bei der Grundsteinlegung eröffnet wurde.

„Es ist die Erfahrung von Trauer, Abschied nehmen, weil etwa die Eichhörnchen nicht mehr da sind, dann aber auch die Freude auf das, was kommt“, sagt Pfarrer Ulrich Matthei. Die Koexistenz mit der Baustelle wurde in die Pädagogik integriert, eine Pädagogik, die Christine Funk-Geissler so umreißt: „Neugierde wecken, die Welt erfahren, mit allen Sinnen, Forschen und Entdecken“.

Kindergottesdienst zur Grundsteinlegung im Juni. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth 

Mit Begeisterung verfolgten die Kinder Abriss und Vermessung, beschäftigten sich mit Materialien, Werkzeug, Maschinen, experimentierten selber mit Sand und Lehm. Sie führten Interviews mit Geologen, Holzfällern, Zaunmonteuren, Elektrikern und anderen „geheimnisvollen Gästen“, besuchten Architekturmuseum, Hundertwasserhaus und Zoo, denn auch die Tiere haben Häuser – und wurden mit der Zeit zu richtigen Bauexperten. Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Bereiches Kindertagesstätten beim Diakonischen Werk ist „beeindruckt davon, was das Team in einer sehr schwierigen Situation geleistet hat. Abriss und Neubau werden als Bildungsgelegenheit für die Kinder phantasievoll genutzt.“

Barbara Kernbach

Evangelisches Frankfurt via Internet am 20.6.2012

Wenn der Schwächere gewinnt: Podium zum Thema „Opfer“

Diskutierten über Schwachsein, Gewinnen und Opfersein (von links nach rechts: Horst Arnold, Holger Schlageter, der Moderator Wolfgang Weißgerber, Volker Jung und Gabriele von Lutzau. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Seine Geschichte ist unglaublich. Fünf Jahre lang saß der Lehrer Horst Arnold unschuldig in Haft. Eine Kollegin hatte ihn der Vergewaltigung beschuldigt, doch nach seiner Entlassung konnte er seine Unschuld beweisen. Haft, Wiederaufnehmeverfahren und Freispruch wegen erwiesener Unschuld dauerten über zehn Jahre. Jetzt möchte Arnold nur eines: ein normales Leben führen. Derzeit lebt er von Hartz IV. Bewerbungen für den Schuldienst waren bisher erfolglos. „Als Sieger fühle ich mich noch lange nicht“, stellte er auf dem Podium im Evangelischen Medienhaus Frankfurt fest. Allen ist klar, dass dieser Mann noch einen weiten Weg vor sich hat.

Unter dem Titel „Wenn der Schwächere gewinnt“ hatte das Medienhaus zu einer Diskussion über die Bedeutung des Karfreitags eingeladen. Wie Kirchenpräsident Volker Jung erläuterte, wolle die Kirche einen inhaltlichen Akzent setzen, angesichts der öffentlichen Kontroverse, zu der das gesetzliche Tanzverbot an diesem christlichen Feiertag im vergangenen Jahr geführt hat. „Es gibt großen Gesprächsbedarf“ sagte Jung. Das Kreuz sei ein Zeichen der Überwindung des Todes, das Victory-Zeichen als Plakatmotiv richtig gewählt. Jesus habe sich immer an die Seite der Opfer gestellt. In Krisensituationen könnten Bilder der Bibel Menschen helfen. Jung: „Ich habe Menschen erlebt, die das als Kraftimpuls aufnehmen konnten.“

Gabriele von Lutzau zum Beispiel. Sie hat im Moment der größten Angst „einfach reagiert“. „Ich habe nicht überlegt“, erzählt die ehemalige Stewardess, die 1977 war sie an Bord des von einem palästinensischen Terrorkommando entführten Flugzeugs „Landshut“ war. Die als „Engel von Mogadischu“ bekannt gewordene Flugbegleiterin spendete damals den als Geiseln genommenen Passagieren Mut und Trost: „In diesem Moment habe ich selbst das Vater Unser nicht mehr zusammenbekommen. Wir sollten sterben. Aber wir haben nicht aufgegeben.“

Für den Psychologen Holger Schlageter ist solch eine Haltung nachvollziehbar. Der Mensch könne sich als Opfer ohnmächtig fühlen oder aufgrund seiner Persönlichkeit auch mächtig. Dann wehre er sich. Deshalb sei auch das Gefühl der Rache wichtig. „Wir sind viel zu weit in Richtung Aggressionslosigkeit gegangen“, glaubt der Psychologie. Aggression sei wichtig im Handeln. Denn: „Ich bin nicht Opfer, ich werde Opfer“. Es sei wichtig, das Geschehen zu verstehen. „Erst wenn man ein Etikett auf das Geschehen kleben kann, ist die Heilung abgeschlossen.“

Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar von Pfarrerin Jutta Jekel: Das Kreuz mit dem Opfer

Beitrag veröffentlicht am 4. April 2012 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

Kirche muss sich auf Veralterung einstellen

Kirche muss sich auf Veralterung einstellen

Winfried Kösters beim Tag der Offenen Tür im Evangelischen Regionalverband Frankfurt. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Die Gesellschaft wird bunter und älter, aber auch kleiner: Der demografische Wandel erzeugt eine in der Geschichte der Menschheit einmalige Situation. Der Anteil der Über-65-Jährigen steige stetig, sagte der Wissenschaftsjournalist Winfried Kösters gestern beim Tag der offenen Tür des Evangelischen Regionalverbandes, und: „Die Zahl der verkauften Inkontinenzwindeln übersteigt schon heute die Zahl der Baby-Windeln.“

Auch wenn Frankfurt im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland eine sehr „junge“ Stadt sei, so müsse doch die evangelische Kirche ihre Zukunft mit älter werdenden Mitgliedern gestalten. Und obwohl in Frankfurt – wie in anderen Metropolen auch – noch relativ viele jüngere Menschen leben, altere auch hier die Bevölkerung im Schnitt.

Kösters zeigte auf, dass der demografische Wandel alle Bereiche des gesellschaftlichen und kirchlichen Lebens betrifft: Kirchengebäude müssten für Menschen mit Rollatoren zugänglich sein. Das Engagement von und für alte Menschen müsse überdacht werden. Die heutigen Rentner und Rentnerinnen seien sehr unterschiedlich. Es komme ja auch niemand auf den Gedanken, bei einem 22-Jährigen und einem 44-Jährigen von ein und derselben Generation zu sprechen. Der 62-Jährige werde aber ebenso wie der 84-Jährige in die Kategorie „Senior“ sortiert.  Die Generation der älteren Menschen müsse viel differenzierter wahrgenommen werden.

Insbesondere auf dem Arbeitsmarkt werde die Veränderung spürbar, so Kösters: „Wir brauchen jedes Kind.“ Trotzdem würden in Deutschland jedes Jahr 65.000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen. Auch die Alten müsse man im Berufsleben anders in den Blick nehmen. In wenigen Jahren bereits werde jeder zweite Beschäftigte älter als 50 Jahre sein. Und man brauche die Potenziale der zugewanderten Menschen. Zudem gebe es auf einem veränderten Arbeitsmarkt auch Chancen für Menschen mit Behinderung.

Die demografische Entwicklung spiegelt sich auch im kirchlichen Personal wider. Zwei Drittel aller Pfarrerinnen und Pfarrer gehen in den kommenden 13 Jahren in Pension, führte Franz Grubauer von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau aus. In der Mitarbeiterschaft Frankfurter evangelischen Kirche sind es 39  Prozent. Die Zahl der Kirchenmitglieder werde gleichen Zeitraum in Frankfurt um gut zehn Prozent schrumpfen, im Rhein-Main-Gebiet sogar um 17 Prozent.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt 3.März 2012 via facebook

Viele kleine Gruppen mit sektenähnlichen Zügen

Neuer Vorstand für Anti-SektenvereinSinus Vorstand

Nach Ansicht des neuen Vorsitzenden des Anti-Sektenvereins SINUS konnte zwar in den letzten Jahren das Wirken der Großsekten eingedämmt werden, aber es seien weiterhin zahlreiche kleine Anbieter von Heilslehren mit sektenhaften Strukturen unterwegs. „Scientology als totalitäres System ist weitgehend eingedämmt aber es gibt eben viele Anbieter, die eher ihr eigenes Wohlergehen als das ihrer Anhänger im Sinn haben“, sagt der Conny von Schumann, Vorsitzender von SINUS- Sekteninformation und Selbsthilfe Hessen e.V. Als Beispiel benannte der Sozialpädagoge die Angebote des Esoterik-Marktes. Die ebenfalls neu gewählte stellvertretende Vorsitzende Marion Eimuth hob die Bedeutung der Beratungsaktivität von SINUS hervor. SINUS gelingt es, Betroffene und deren Angehörige zu beraten. Dies sei um so erstaunlicher, da der Verein seit zwei Jahrzehnten ausschließlich vom ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder lebe. Marion Eimuth weiß als Pfarrerin im Schuldienst wie wichtig die Informations- und Aufklärungsarbeit ist.

Evangelisches Frankfurt Februar 2012

 

Richtfest in der Wartburggemeinde

Richtfest in der Wartburggemeinde 

Ortstermin in der Bornheimer Wartburggemeinde, 1. Dezember, 14 Uhr. Der Rohbau der neuen Krabbelstube ist fertig, die erste Etappe geschafft. Der Richtkranz hängt. „Maurer und Zimmerleut haben keine Mühe gescheut“, verkündet der Polier, was Pfarrer Thomas Diemer bestätigt: „Es wurde bei Regen, Sonne, Schnee, Sandsturm gearbeitet, einmal sogar nachts bei Lampenschein.“ Und himmlische Unterstützung war ebenfalls vorhanden. „Wo der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wo der Herr nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst“, zitiert Pfarrer Diemer aus Psalm 127.

Auf diese Weise ist mit viel Engagement und Gottes Hilfe auf dem Grundstück in der Hartmann-Ibach-Straße neben Kirche, Pfarrhaus und Gemeindezentrum ein zweistöckiger Bau entstanden, der sich harmonisch einfügt, es bleibt viel Platz für ein Freigelände, insgesamt ein gelungenes Ensemble. Das Ambiente wird abgerundet durch einen kleinen städtischen Park. „Die eigentliche Sensation ist ja: Das ist eine Idylle wie auf dem Land. Wir sind hier im Grünen und das mitten in Bornheim,“ sagte der Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werkes für Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes, Kurt-Helmuth Eimuth.

In den nächsten Monaten wird das Projekt fertiggestellt, viel Glas soll verwendet werden, für helle sonnendurchflutete Räume. Die Kosten für das Vorhaben belaufen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Bauherr ist der Evangelische Regionalverband Frankfurt. Ab dem Spätsommer 2012 wird dann die neue Krabbelstube einziehen, fünf Gruppen für Ein- bis Dreijährige, für insgesamt 50 Kinder, sind geplant. Der Bedarf ist vorhanden, wie die Entwicklung im Stadtteil zeigt. Von 30 Taufen im Jahr 2011 berichtet Pfarrer Diemer. Ein Rekord in seiner Amtszeit.
Barbara Kernbach
Evangelisches Frankfurt via facebook 4. Dezmeber 2011

Richtfest    Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Wartburggemeinde feiert Richtfest der Krabbelstube: Große Nachfrage nach den 50 Betreuungsplätzen

Frankfurter Neue Presse 2,12.2011

Wartburggemeinde feiert Richtfest der Krabbelstube: Große Nachfrage nach den 50 Betreuungsplätzen

Richtfest

Richtfest der Kita der Wartburggemeinde in Frankfurt-Bornheim Foto: Eimuth

Auf dem Gelände der evangelischen Wartburggemeinde entsteht derzeit ein Neubau für eine Krabbelstube. Der Abschluss der Rohbauarbeiten wurde gestern mit einem Richtfest gefeiert. Die Baukosten betragen 2,45 Millionen Euro.

Von Alexandra Flieth

Nordend. Auch die Kleinen vom Kindergarten waren gekommen und feierten gestern das Richtfest für die neue Krabbelstube der Wartburggemeinde. Foto: RüfferNeugierig und mit großen Augen blicken die Mädchen und Jungen des Kindergartens der evangelischen Wartburggemeinde nach oben und beobachten, wie der Kran den Richtkranz in die Höhe zieht. Zwar sind die Knirpse schon zu alt für die neue Krabbelstube auf dem Gemeindegelände in der Hartmann-Ibach-Straße 108, doch Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren werden im Stadtteil dringend benötigt.

Liste mit Anfragen

Bei einer Abdeckung von 19 Prozent im Nordend sind die vorhandenen Plätze sehr begehrt und die Wartelisten bei den entsprechenden Einrichtungen lang. Kein Wunder, dass sich nicht nur Pfarrer Thomas Diemer von der evangelischen Wartburggemeinde über den Neubau der Kindertagesstätte auf dem Kirchengelände freut. „Obwohl der Rohbau gerade erst fertiggestellt wurde, gibt es bereits eine Liste mit Anfragen von Eltern, die ihre Kinder anmelden möchten“, schildert er. 50 Betreuungsplätze für Mädchen und Jungen von 0 bis 3 Jahren, verteilt auf fünf Gruppen, soll es künftig hier geben. „Der Verlauf der Bauausführung ist absolut im Zeitplan. Gut sechs bis sieben Monate wird es noch bis zur Fertigstellung dauern“, sagt der planende Architekt Ferdinand Heide.

Der Bau, der auf der Kirchwiese in direkter Nachbarschaft zur Kirche selbst gebaut wird, weist einige Besonderheiten auf: Die Außenwände sind zum Teil in einer Klinkersteinfassade errichtet. Des Weiteren sollen die Räume großzügig verglast werden und sind nach Süden hin ausgerichtet, damit viel Sonnenlicht hinein scheinen kann.

Es gibt ein Erdgeschoss und eine Etage. „Außerdem sei eine großzügige Freifläche geplant“, fügt Heide hinzu. Zudem ist im Neubau ein Foyer vorgesehen, das Raum für Gespräche ermöglichen soll. „Der Evangelische Regionalverband Frankfurt (ERV) macht beim Kita-Ausbauprogramm der Stadt mit“, sagt Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werks für Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes. „In der Wartburggemeinde bestand schon seit langem der Wunsch nach einer Kindertagesstätte für Mädchen und Jungen unter drei Jahren.“

Nur ein Kindergarten

Die evangelische Wartburggemeinde hat zurzeit nur einen Kindergarten für Mädchen und Jungen ab drei Jahren in der Eichwaldstraße 84, nicht weit von der Kirche und dem Gemeindehaus entfernt. Dort gibt es insgesamt 63 Plätze. Der Neubau der Krabbelstube ergänzt das Betreuungsangebot. „Uns liegt es sehr am Herzen, dass es eine enge Verbindung zwischen den Kindereinrichtungen und der Gemeinde geben wird.“ Gerade die Arbeit mit den Kindern und ihren Eltern sei in der Kirchengemeinde ein zentrales Anliegen. „Wir hatten in diesem Jahr 30 Taufen. Das ist die höchste Zahl seit Beginn meiner Tätigkeit hier vor 20 Jahren“, freut sich Pfarrer Diemer. „Ich finde es toll, dass sich die neue Einrichtung mitten im Stadtteil befindet und trotzdem im Grünen liegt. Das ist für die Kinder einfach sensationell schön“, findet Eimuth. Der Bedarf an Einrichtungen für unter dreijährige Kinder sei in Frankfurt riesengroß. Mit weiteren geplanten Bauprojekten für diese Altersgruppe werde der Regionalverband einen Beitrag zur Erhöhung der Abdeckung von Betreuungsplätzen in der Stadt leisten.

Kirchen sollen zur Wirtschaftspolitik Stellung beziehen

Kirchen sollen zur Wirtschaftspolitik Stellung beziehen

Diskussion in der Matthäuskirche: Karin Kortmann, Gerhard Wegner, Katja Mayer, Stefan Toepfer, Dietmar Hexel, Gerhard Kruip. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Vielleicht war es ja mehr als nur ein Symbol, dass gerade „die Kirchengemeinde unter den Bankentürmen“, nämlich die Hoffnungsgemeinde, gestern abend zu einer Diskussion unter der Überschrift „Viele Krisen – nichts gelernt“ eingeladen hatte. Gut hundert Menschen waren gekommen, um in der Matthäuskirche an der Messe über die Notwendigkeit eines neuen ökumenischen Sozialwortes zu diskutieren.

Das erste von den Kirchen 1997 vorgelegte Sozialwort hat damals eine große Resonanz in der Öffentlichkeit gefunden. Heute sei eine neue, von beiden großen Kirchen getragene Standortbestimmung wünschenswert, sagte Karin Kortmann vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Allerdings bereitet derzeit ein Arbeitskreis lediglich „Thesen“ vor – sozusagen ein „Sozialwort light“, wie es der Moderator Stefan Toepfer von der FAZ formulierte.

Doch besser ein gemeinsames Thesenpapier als gar nichts, darüber war das Podium sich einig. Der Politik insgesamt stellte Kortmann, die als Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium tätig war, ein schlechtes Zeugnis aus. Die Politik gestalte nicht mehr, sondern komme als „Löcher stopfendes Finanzamt“ daher. Die Gesellschaft müsse grundsätzliche Fragen beantworten, zum Beispiel, wie Wohlstand ohne Wachstum zu erzielen sei, ergänzte die Unternehmensberaterin Katja Mayer. Bei solchen Grundsatzfragen könne die Kirche eine Plattform bieten, um die Diskussion voranzutreiben.

Ein grundsätzliches Umsteuern hält auch Gerhard Wegner vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland für notwendig. Für ein Unternehmen wie Volkswagen dürfe nicht länger das Ziel sein, der größte Autobauer der Welt zu werden, sondern es müsse das Problem lösen, wie man Mobilität mit Nachhaltigkeit in Einklang bringen kann.

Konkret wurde Dietmar Hexel vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes: In den abstrakten Analysen sei man sich ja einig, jetzt müsse man handeln. Es gelte, „Gerechtigkeit zu organisieren“. Die Aufgabe der Wirtschaft sei es, den Menschen zu dienen. Warum müsse jemand mit einem Nettojahreseinkommen von einer Million Euro noch mehr verdienen, oder Unternehmen Gewinne von zwanzig Prozent erzielen?

Auch die Kirchen selbst sind als größter Arbeitgeber in Deutschland in der Pflicht. Karin Kortmann kritisierte auch deren wirtschaftliches Handeln. Sie forderte eine Selbstverpflichtung, sich als Arbeitgeber auch selbst an die propagierten Standards zu halten. Den DGB forderte Kortmann auf, weiterhin Druck auf die Kirchen auszuüben. Ebenfalls sei es notwendig, Frauen gezielt einzubeziehen. Wie schlecht es darum derzeit bestellt sei, sehe man an der Zusammensetzung der sechsköpfigen Arbeitsgruppe, die das sozialpolitische Thesenpapier formulieren soll: Nur eine einzige Frau wurde dort hinein berufen.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Dezember 2011