Archiv für Artikel

Riedberggemeinde wächst um eine Kindertagesstätte

Evangelisches Frankfurt Oktober 2010

Direkt neben dem Rohbau der neuen Kirche am Riedberg hat die Hessenagentur der Gemeinde jetzt eine Kindertagestätte übergeben. Für 3,7 Millionen Euro ist eine großzügige, zweigeschossige Einrichtung entstanden, die Platz für 80 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren bietet.

Die klare Gliederung und die Transparenz der Räume kommen dem pädagogischen Konzept entgegen. „Wir wollen Reizüberflutung vermeiden, damit die Kinder selbst Dinge entwickeln“, sagt die Leiterin Kirstin Hirschfeld von Slatow. Bürgermeisterin Jutta Ebeling lobte die hohe Qualität der evangelischen Einrichtungen, „denn es geht bei den Betreuungseinrichtungen nicht um Quantität.“ Der Riedberg sei mit einem Platzangebot von vierzig Prozent für die Unter-Dreijährigen eigentlich gut versorgt. Und doch hat die neue Kita bereits eine Warteliste. Zurzeit sind noch sechs Kindertagesstätten und Krabbelstuben in Planung, weitere sind geplant.

Der Leiter des Diakonischen Werks für Frankfurt, Pfarrer Michael Frase, hob die vielen Möglichkeiten hervor, die durch die unmittelbare Nähe zwischen Gemeindezentrum und Kindertagesstätte entstehen.

Kurt-Helmuth Eimuth

Neues Team in der Hoffnungsgemeinde

Evangelisches Frankfurt Oktober 2010

Bahnhofsviertel, Westend, Gutleutviertel, Westhafen, Europaviertel: Diese fünf alten und neu entstehenden Stadtteile gehören zumindest zu Teilen zur Hoffnungsgemeinde. Mit der Aufzählung ist auch die Herausforderung skizziert, die sich dem neuen Team dort stellt: Pfarrerin Jutta Jekel und Pfarrer Lars Kessner haben im Frühjahr ihren Dienst aufgenommen, Horst Michaelis ist seit knapp einem Jahr Vorsitzender des Kirchenvorstands.

Mitten im neuen Stadtteil Westhafen steht das Führungsteam der Hoffnungsgemeinde. Kirchenvorstandsvorsitzender Horst Michaelis - links -, Pfarrerin Jutta Jekel und Pfarrer Lars Kessner wollen die neuen Stadtteile im Gemeindegebiet mit den alten Quartieren, beispielsweise dem im Hintergrund erkennbaren Gutleutviertel, verbinden. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Mitten im neuen Stadtteil Westhafen steht das Führungsteam der Hoffnungsgemeinde. Kirchenvorstandsvorsitzender Horst Michaelis – links -, Pfarrerin Jutta Jekel und Pfarrer Lars Kessner wollen die neuen Stadtteile im Gemeindegebiet mit den alten Quartieren, beispielsweise dem im Hintergrund erkennbaren Gutleutviertel, verbinden.
Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beim Besuch im Gemeindehaus in der Hohenstaufenstraße spürt man, dass hier drei zusammengekommen sind, die die Veränderung gestalten wollen. Vorbei ist die Zeit, als man alle Energie dafür aufgewendet hat, den Abriss der Matthäuskirche an der Friedrich-Ebert-Anlage zu verhindern. Jetzt steht fest: Die Matthäuskirche bleibt als Gemeindekirche erhalten. Zusammen mit einem Investor, der das Areal bebauen wird, wird ein neues Konzept entwickelt. Zwischen Hauptbahnhof und Messe soll ein „Ort gelungener kirchlicher Kommunikation“ entstehen, sagt Pfarrerin Jekel. Der Dialog mit der Wirtschaft bietet sich an: „Die Nachbarschaft verpflichtet uns.“

Doch erst einmal muss ein Investor gefunden werden. Zum zu bebauenden Gelände gehört auch das kleine Gemeindehaus in der Hohenstaufenstraße. Es wird dann verschwinden. Auch die andere Gemeindekirche, die Gutleutkirche gegenüber der Gutleutkaserne, wird bald aufgegeben. Stattdessen wird die Gemeinde am Westhafen ein neues Gemeindezentrum mit Gottesdienstraum beziehen. Gleich nebenan in der Hafenstraße entsteht die neue Kindertagesstätte.

Im Westend wohnen heute wieder mehr Familien mit Kindern als noch vor einigen Jahren, berichtet Horst Michaelis. „Das ist eine neue Herausforderung für uns“, sagt der Vorsitzende. Bisher haben Familien mit Kindern den innerstädtischen Bereich eher gemieden. Deshalb findet in diesem Jahr in der Hoffnungsgemeinde keine Konfirmation statt – es gibt einfach keine Jugendlichen in diesem Alter. Doch mit der Umwandlung von Büroraum in Wohnungen im Westend und mit den Wohnbebauungen in den neuen Stadtteilen ändert sich das. Die Kitas sind belegt, und sie sind schon heute ein Schwerpunkt gemeindlicher Arbeit. In der neuen Einrichtung am Westhafen wird man auch Krabbelkinder betreuen.

Die Gestaltung des Neuen kann die Gemeinde nicht alleine bewältigen. „Wir wollen das zusammen mit starken Partnern tun, mit der Diakonie etwa, aber auch mit Partnern aus dem nicht-kirchlichen Bereich“, sagt Michaelis. Jutta Jekel hat für dieses Programm ein biblisches Bild: das der Tischgemeinschaft. „Wir sitzen bei Tisch, wie bei Paulus, leibhaftig, über alle Grenzen hinweg.“

Themenbezogene Gottesdienste, auch in der Hirtenkapelle in der „Wurzelsiedlung“ an der Gutleutstraße, sollen hierzu ermuntern und Gemeinschaft fördern. Die Gemeinde selbst muss dabei aufgrund ihrer Lage verschiedene und sehr unterschiedliche Milieus verbinden. So wird die Arbeit in der „Kaffeestube“, wo für Menschen ohne Wohnung oder mit Armutserfahrungen preiswertes Essen angeboten wird, beibehalten und um kulturelle Angebote ergänzt.

Pfarrer Lars Kessner, der erst kürzlich nach Frankfurt gezogen ist, findet die Stadt „einfach toll“ und das Bahnhofsviertel „schrill“. Er genießt das U-Bahn-Fahren ebenso wie die kulturellen Angebote und ist fasziniert von der Vielfalt seiner neuen Aufgabe.

Kurt-Helmuth Eimuth

Buß- und Bettag: Mahnung zur Umkehr

Evangelisches Frankfurt Oktober 2010

Vor 15 Jahren wurde der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft. Seither ist auch sein Sinn bei vielen Menschen in Vergessenheit geraten.

Die Schülerinnen und Schüler Berlins freuen sich auf den 17. November. Zumindest die evangelischen unter ihnen, denn sie können an diesem Tag ganz offiziell zuhause bleiben. Von der Schule sind sie an diesem Tag befreit – der Buß- und Bettag macht’s möglich. Bisher galt die Schulbefreiung nur, wie in Hessen auch, für die Dauer eines Gottesdienstbesuchs.

Der „Ökumenische Bußgang“ – hier 1985 – war früher ein fester Bestandteil des Buß- und Bettages in Frankfurt. Von der Peterskirche aus führte er zu Orten in der Stadt, an denen die Notwendigkeit zum Umdenken und zum Erinnern gegeben ist. In der Katharinenkirche an der Hauptwache findet ein ökumenischer Gottesdienst statt, am Mittwoch, 17. November, um 19 Uhr, mit Pröpstin Gabriele Scherle und dem katholischen Dekan Michael Metzler. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der „Ökumenische Bußgang“ – hier 1985 – war früher ein fester Bestandteil des Buß- und Bettages in Frankfurt. Von der Peterskirche aus führte er zu Orten in der Stadt, an denen die Notwendigkeit zum Umdenken und zum Erinnern gegeben ist. In der Katharinenkirche an der Hauptwache findet ein ökumenischer Gottesdienst statt, am Mittwoch, 17. November, um 19 Uhr, mit Pröpstin Gabriele Scherle und dem katholischen Dekan Michael Metzler.
Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Der Berliner Regelung vorangegangen war eine Anfrage der evangelischen Kirche, die bemängelte, dass zwar muslimische, jüdische und katholische Kinder an ihren jeweiligen Feiertagen schulfrei haben, aber die evangelischen nicht. Nur konsequent, dass nun auch die Evangelischen am Buß- und Bettag und am Reformationstag schulfrei haben. Für manche schulmüden Geister ist dabei sicher auch die Tatsache angenehm, dass die Berliner Schulverwaltung die Konfession nicht erfasst.

Aber nicht nur in Berlin bemüht man sich, den inzwischen fast vergessenen Feiertag wieder zu entdecken. Ist er doch nach seiner Abschaffung als gesetzlicher Feiertag vor 15 Jahren ein wenig aus dem Blick geraten. Mit diesem einen Tag Mehrarbeit wollte man die Belastung der Arbeitgeber durch die Einführung der Pflegeversicherung ausgleichen. Ob dieses Zwecks war der Widerstand der Kirchen gegen die Abschaffung des evangelischen Feiertags eher verhalten. Heute ist der Buß- und Bettag nur noch in Sachsen gesetzlicher Feiertag.

Das Wort „Buße“ führt nämlich ein wenig in die Irre. Es geht an diesem Tag weniger um Schuld und Wiedergutmachung, sondern es steht die innere Bereitschaft zur Veränderung im Vordergrund. Nach evangelisch-christlichem Glauben meint Buße und Schuld nicht in Sack und Asche zu gehen, sondern Umkehr und Sinnesänderung: Buße ist anhaltende Selbstbesinnung.

An vielen Orten nutzen die evangelischen Kirchen den Buß- und Bettag dazu, auf soziale Missstände hinzuweisen. Probleme der Bio-Medizin, Armut, Obdachlosigkeit, Kinderprostitution, Aids, die Situation von Flüchtlingen und andere sozial- und gesellschaftspolitische Themen bilden den Mittelpunkt der Predigten. In dieser Tradition verstand sich auch der Frankfurter Ökumenische Bußgang, an dem in den 1970er und 1980er Jahren jeweils mehrere tausend Menschen teilnahmen. Er führte als Prozession eben an jene Orte, die zur Umkehr mahnen, wie etwa die Gutleutkaserne, die während des Nationalsozialismus die Gestapo beherbergte.

Die Mahnung zur Umkehr ist heute noch ebenso aktuell wie 1893: In diesem Jahr wurde der Buß- und Bettag um der Einheitlichkeit willen in Preußen auf Initiative der zuständigen staatlichen Stellen auf den Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr festgelegt.

Kurt-Helmuth Eimuth

Das Netzwerk Familie stützen – sonst reißt es

Evangelisches Frankfurt Oktober 2010
Foto

Familie haben alle – auch wer selbst keine Kinder hat, ist doch zumindest selber als Kind auf die Welt gekommen. Diese scheinbar lapidare Feststellung des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, hat Folgen. Familienpolitik ist kein „Gedöns“, wie Alt-Kanzler Gerhard Schröder einst meinte, sondern betrifft alle. Ob es um die Versorgung der betagten Eltern geht oder um die Kinderbetreuung: Trotz Altenheim und Kindergarten ist es die Familie, die zusammenhält und die die besonderen Belastungen stemmt.

Die Familie gibt den allermeisten Menschen Sicherheit und Geborgenheit. Gerade hat es eine neue Shell-Jugendstudie bestätigt: Die Bedeutung der Familie für Jugendliche ist ein weiteres Mal angestiegen. Mehr als drei Viertel der Jugendlichen (76 Prozent) stellen für sich fest, dass man eine Familie braucht, um wirklich glücklich leben zu können. Das bezieht sich nicht nur auf die Gründung einer eigenen Familie, sondern auch auf die Herkunftsfamilie.

Die Familie leistet unglaublich viel. Sie ist die erste Bildungsinstitution, sie unterstützt in Not geratene Mitglieder, nicht nur materiell. Es ist das „Netzwerk Familie“, das seinen Mitgliedern Halt gibt. Die Gesellschaft ist gefordert, dieses Netzwerk nicht zu stark zu belasten. Sonst reißt es.

Deshalb ist der Ausbau der Kinderbetreuung richtig und zentral. Darüber hinaus müssen die zwanzig Prozent Kinder gefördert werden, die in bildungsfernen Milieus aufwachsen. Eine Wissensgesellschaft kann es sich nicht leisten, jedes fünfte Kind auszugrenzen. Und eine solidarische Gesellschaft sollte alles tun, um der sich abzeichnenden Klassengesellschaft entgegenzuwirken.

Der von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vorgeschlagene Weg, Kindern eher Sachleistungen statt Bares zukommen zu lassen, geht in die richtige Richtung. Doch mit kleinlichen Förderschecks wird man nicht weiterkommen. Derzeit stimmen die einfachsten Rahmenbedingungen nicht: Die wenigsten Schulen können ein Mittagessen anbieten, weil die Küche fehlt. In Frankfurt wird – dank des Engagements der Stadt – für gut die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler ein Hortplatz angeboten. Doch von dem Ziel der Einführung einer flächendeckenden Ganztagsschule ist man in Hessen weit entfernt. Nur wenn es ein verlässliches Kinderbetreuungsangebot vom ersten Lebensjahr an gibt, können alle Kinder gefördert werden und ihre Mütter beruhigt berufstätig sein – was in einer alternden Gesellschaft unumgänglich ist.

Kurt-Helmuth Eimuth

Familie – vielfältig aber stabil

Evangelisches Frankfurt Oktober 2010

Es ist gar nicht einfach, den Begriff Familie zu definieren. Obwohl das Wort im 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts in die deutsche Sprache aufgenommen wurde, gibt es bis heute keine einheitliche Auffassung darüber, was man genau als „Familie“ bezeichnet.

Die klassische Familie besteht aus Vater, Mutter und mindestens einem Kind, möglicherweise ergänzt durch die Großelterngeneration. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, und zwar nicht erst heute, sondern schon immer.

In vorindustrieller Zeit hatten Ehe und Familie vor allem einen instrumentellen Charakter, sie waren Mittel zum Zweck: Die Ehe wurde nicht aus Liebe geschlossen, sondern im Hinblick auf die Kinder, und zwar, um – je nach Schicht – Vermögen oder zumindest den Namen zu vererben, und um im Falle von Krankheit und Alter versorgt zu sein. Im Mittelpunkt stand der „Haushalt“, wozu bei den Besitzenden auch ein Produktionsbetrieb zählte. Zum Haus gehörten auch Knechte und Mägde sowie andere Bedienstete. Bei den ärmeren Schichten stand ebenfalls die wirtschaftliche Funktion des „Haushaltes“ im Mittelpunkt, auch wenn das Haus weniger Mitglieder hatte. Die Erwerbstätigkeit beider Eltern und der Kinder war selbstverständlich. Auch damals gab es bereits sehr verschiedene Lebensformen: Viele verwitwete Frauen oder auch ledige Mütter lebten nicht in der „klassischen“ Familie.

Erst vor etwa 200 Jahren entwickelte sich die „Liebesheirat“. Die sozialen und wirtschaftlichen Funktionen der Familie übernahmen tendenziell Institutionen: Krankenhäuser und Schulen entstanden, andere Aufgaben übernahm der Staat. Der Familie blieb aber die Funktion der Nachwuchssicherung und der „Regeneration“ ihrer Mitglieder.

Über Jahrhunderte hinweg war die Erwerbstätigkeit auch von Müttern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Lediglich das Bürgertum konnte es sich leisten, dass Mütter nicht erwerbstätig waren. Unter den Nationalsozialisten wurde die nicht-arbeitene Mutter dann ideologisch überhöht. Ehestandsdarlehen sollten Frauen, die Mütter wurden, vom Arbeitsmarkt abwerben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg behielt die Bundesrepublik dieses Familienmodell bei, obwohl die Realität der „Trümmerfrauen“ ganz anders aussah. Auch in den 1950er Jahren war die Erwerbstätigkeit der Mütter in vielen Familien notwendig. Erst im Wirtschaftsaufschwung der 1960er und 1970er Jahre konnten es sich viele Familien leisten, dass die Mütter nicht außer Haus arbeiteten.

In der DDR war die Erwerbstätigkeit der Frauen hingegen immer selbstverständlich gewesen. Historisch gesehen entpuppt sich das „klassische“ Familienmodell also als eine Lebensform, die allenfalls zwei Jahrzehnte Bestand hatte.

Heute ist oftmals ein Kinderwunsch Anlass zur Eheschließung. Zwar heiratet man später, aber man heiratet: 90 Prozent der deutschen Bevölkerung schließen bis zum 50. Lebensjahr zumindest einmal eine Ehe.

Kurt-Helmuth Eimuth

Eltern in Deutschland stehen unter Druck

Evangelisches Frankfurt Oktober 2010

Es gibt viele Forschungen darüber, wie es Kindern geht. Aber wie geht es eigentlich Eltern? Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat Mütter und Väter zu ihrer Lebenssituation befragt. Ergebnis: Der Druck, alles richtig zu machen, ist groß.

Noch bis in die 1980er Jahre hinein war Kindheit quasi öffentlich: Die Kinder waren oft draußen unterwegs, auch unbegleitet von den Eltern. Soziologisch nennt man das eine Form der „öffentlichen Straßenkindheit“. Heute hingegen wird von einer „verhäuslichten Familienkindheit“ gesprochen. Das heißt: Eine immer größere Zahl von Freizeitaktivitäten wird ins Haus verlegt. Weil Geschwister- und Nachbarskinder weniger werden, nehmen gemeinsame Aktivitäten mit den Eltern und geplante Freizeit mehr Raum ein als früher. Eltern werden zu „Familienmanagern“, die versuchen, die „Verinselung“ ihrer Kinder durch gezielte Freizeitgestaltung zu überbrücken. Sie investieren viel Zeit und Geld, um ihre Kinder mit anderen Kindern zusammenzubringen.

Entsprechend sind auch die Anforderungen an die Eltern gestiegen. In der Literatur spricht man von „Pädagogisierung“ der Elternrolle. Frühere Erziehungsziele wie Gehorsam, Anpassung und Pflichtbewusstsein wurden ersetzt durch ein partnerschaftlich-egalitäres Beziehungsmodell. Dabei ist es beim Aushandeln von Regeln durchaus schwierig, das richtige Maß zu finden: Es gibt verwöhnte Wunschkinder genauso wie vernachlässigte Kinder.

Nach wie vor übernehmen die Mütter den größten Teil der Kindererziehung. Fast immer sind sie es, die zeitweilig auf Berufstätigkeit verzichten. Auch Paare, die sich als gleichberechtigt und emanzipiert verstehen, kehren mit dem ersten Kind oft zu einer traditionellen Aufgabenverteilung zurück. Zwar gibt es heute „neue Väter“, die stärker in die Familienarbeit eingebunden sind als Väter früher, doch wächst gleichzeitig der Anteil derjenigen Männer, die aufgrund von Scheidung oder beruflicher Belastung nur noch sehr wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen.

Dass Kinder es gut haben sollen, ist klar. Aber die hohen Ansprüche, die Eltern heute erfüllen müssen (oder auch an sich selbst stellen), haben auch Folgen. Sie führen nicht nur dazu, dass Frauen immer später Kinder bekommen. Auch finanziell wird genau durchgerechnet, ob man sich ein Kind „leisten“ kann. Die Gesellschaft muss hier entsprechende Unterstützung bieten, sonst wird Elternschaft nicht bejaht.

Ein ungewöhnliches Ergebnis hatte die Studie schon vor der Auswertung: Die befragten Eltern brachten große Dankbarkeit dafür zum Ausdruck, dass sich jemand tatsächlich einmal für ihre Lebenssituation interessierte. Die Möglichkeit, ungefiltert die eigenen Erfahrungen und Befindlichkeiten, insbesondere den als enorm erlebten Druck einer neutralen Person zu schildern, wurde von ihnen als sehr positiv erlebt. Dabei wurde deutlich, dass Eltern in Deutschland kein Ventil haben, das es ihnen erlaubt, ihre Anliegen zu thematisieren. Insofern boten die Gespräche auch eine Möglichkeit, aufgestaute Emotionen in einem geschützten Rahmen zum Ausdruck zu bringen.

Elternschaft wird heute subjektiv als zunehmend schwieriger zu bewältigende Aufgabe mit hohen Erwartungen erlebt, was in vielen Milieus zu massiver Verunsicherung der Eltern führt. Ein Kind zu bekommen und zu erziehen, das halten viele Menschen heute für eine so komplexe und anspruchsvolle Aufgabe, dass sie sich das kaum zutrauen.

Die Studie ist auch als Buch erschienen: Tanja Merkle und Carsten Wippermann, Eltern unter Druck, Lucius & Lucius, 29,80 Euro.

Kurt-Helmuth Eimuth

Flüchtlinge aufnehmen

„Bleibeperspektive fördert Integration“

Die Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen des so genannten „Resettlement-Programms“ der Vereinten Nationen soll nach Ansicht des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche fortgeführt werden. Jedes Jahr wird mit diesem Programm eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen aus weltweiten Krisengebieten in Deutschland aufgenommen.

Anders als beim Asylverfahren brauchen diese Menschen dann nicht lange in Ungewissheit leben. Sie bekommen mit der Einreise nach Deutschland sofort eine Aufenthaltserlaubnis und damit eine Perspektive. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt ist gewährleistet. „Resettlement“ bedeutet so viel wie Umsiedlung, Wiederansiedlung.

„Wir können damit ein europaweites positives Signal im Flüchtlingsschutz setzen, weil Flüchtlingen zügig und nachhaltig ein Neuanfang und ein Leben in Sicherheit eröffnet wird“, sagte Wolfgang Gern, der Leiter des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau, in der Weißfrauen-Diakoniekirche Frankfurt vor Journalisten. In Hessen sind durch das Resettlement-Programm bislang 180 Menschen aufgenommen worden. 18 Flüchtlinge leben zurzeit in Einrichtungen der Diakonie: in der Flüchtlingshilfe Egelsbach und in der Flüchtlingsunterkunft Grävenwiesbach. „In der Begleitung und Beratung dieser Familien ist spürbar, wie entlastend die gesicherte Bleibeperspektive für sie ist und wie sehr dies den Integrationsprozess fördert“, berichtete Gern.

Resettlement ist ein Programm für jene Flüchtlinge, die in einem Land eine erste Zuflucht gefunden haben und absehbar nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Hierzu zählen etwa Flüchtlinge aus Kongo, Ruanda oder Sudan. Besonders schutzbedürftigen Menschen wie Kranken, Traumatisierten, Müttern sowie Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten soll auf diesem Weg eine Zukunft eröffnet werden.

Derzeit wertet die Bundesregierung die Erfahrungen mit den rund 2500 irakischen Flüchtlingen, die im Rahmen dieses Programms nach Deutschland kamen, aus.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt September 2010

Schwerkranke Babys vermeiden

Umstrittenes Urteil: Ärzte dürfen bei einer künstlichen Befruchtung die außerhalb des Mutterleibs befruchteten Eizellen ihrer Patientinnen auf genetische Schäden untersuchen, bevor diese der Frau wieder eingepflanzt werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die so genannte „Präimplantationsdiagnostik“ unter bestimmten Umständen auch in Deutschland zulässig ist. Krankheiten, die auf zu viele oder zu wenige Chromosomen zurückgehen, können so entdeckt werden, wie das Down-Syndrom, aber auch veränderte Chromosomen, die für Muskelschwund, Lungen- und Stoffwechselkrankheiten oder die Bluterkrankheit verantwortlich sind. Dann kann man die entsprechenden Embryonen „aussortieren“. Allerdings setzte das Gericht auch klare Grenzen für die genetische Untersuchung an Embryonen: Eine Selektion nach Augen- oder Haarfarbe oder Geschlecht ist weiterhin strafbar.

So sieht – vierhundertfach vergrößert – ein vierzelliger menschlicher Embryo aus. Die Meinungen darüber, ob man ihn bei genetischen Defekten wegwerfen darf, gehen auseinander.

Zwar betrifft das Urteil im Jahr nur etwa 100 bis 150 Paare in Deutschland. Dennoch löst es bei vielen Menschen Unbehagen aus. Die Entwicklung der Fortpflanzungsmedizin greift immer stärker in die Natur ein. Am Anfang stand die Pränataldiagnostik, mit der durch Fruchtwasserpunktion schwere Krankheiten des Ungeborenen erkannt werden können. Inzwischen ist es nicht selten, dass Eltern dann ganz offen eine Abtreibung nahe gelegt wird.

Menschlich ist es jedoch auch verständlich, dass Eltern, deren Wunsch nach genetisch eigenen Kindern so stark ist, dass sie die enormen Strapazen einer künstlichen Befruchtung auf sich nehmen, diese diagnostische Möglichkeit gerne in Anspruch nehmen. Zumal die Verfahren in anderen europäischen Ländern längst verbreitet sind. Mancherorts können Eltern die Embryonen bereits nach Geschlecht auswählen.

Seitens der Kirchen wird das BGH-Urteil scharf kritisiert. Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, sagte der Nachrichtenagentur „epd“, es beruhe auf „Verbrauch und Vernichtung menschlicher Embryonen“. Die Würde auch des frühen menschlichen Lebens verbiete es, dass es „bloß als Material und Mittel zu anderen Zwecken genutzt und erst recht gar nur erzeugt wird“.

Der Streit um die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik werde weitergehen, so Barth. Das Risiko, dass die ursprüngliche Begrenzung bei der Auslese von Embryonen nicht durchgehalten werden könne, sei sehr groß. Deshalb müsse die Beteuerung des BGH, einer unbegrenzten Selektion sei mit dem Urteil nicht der Weg geöffnet, bei den bevorstehenden Debatten immer wieder eingeklagt werden.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Septemebr 2010

Peterskirche "Blumen, die zu unseren Füßen blühen"

BearbeitenEvangelisches Frankfurt Nov 1984

Evangelisches Familienzentrum Goldstein

Von der Spielstube zum Familienzentrum

Seit vier Jahrzehnten arbeitet die evangelische Kirche im Frankfurter Stadtteil Goldstein. Barabara Kernbach hat die Wandlung von der Spiel- und Lernstube zum Familienzentrum filmisch dokumentiert.