Diskussion über die Integrationskraft von Religion

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 3. Februar 2014

Entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass Religion Integration verhindere, könne Religion eine Brücke sein, die Einwanderung ermöglicht. Da waren sich die Diskutantinnen, die Politikwissenschaftlerin Ursula Apitzsch und die Journalistin Khola Hübsch, in der Frankfurter Universität völlig einig.

Khola Hübsch, Schriftstellerin und Journalistin. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Für Hübsch ist Religion noch mehr: „Religion kann Solidarität vermitteln, sie kann zum Gemeinwohl beitragen.“ Religion habe ein großes Potential, auf das der Staat und das Gemeinwesen angewiesen seien.

„Stört Religion die Integration?“ war die Fragestellung der Podiumsdiskussion, zu der das Frank Bauer-Institut und  Lajna Imaillah, die Frauenorganisation der Ahmadiyya-Gemeinde, eingeladen hatten.

Vor gut hundert meist jungen Zuhörerinnen und Zuhörern formulierte Hübsch klare Ansprüche an die deutsche Gesellschaft. Die Ausbildung von muslimischen Theologen an den Universitäten und die Einführung von islamischen Feiertagen sollten Normalität sein. So wie die Ahmadiyya Gemeinde im vergangenen Jahr den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten habe. Auch sollten künftig Führungspositionen in der Gesellschaft mit Musliminnen, auch mit Kopftuchträgerinnen, besetzt werden.

Ursula Apitzsch, Politikwissenschaftlerin und Soziologin. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Für Apitzsch hingegen sind Konkordate und Staatsverträge ungerechtfertigte Privilegien. „Wir sind kein säkularer Staat“, sagte die Professorin. Die öffentlich-rechtliche Verfasstheit der Kirche brächte dieser große Vorteile. Die Kirchen seien dadurch der größte Arbeitgeber geworden und hätten ein eigenes Arbeitsrecht. Die christlichen Kirchen hätten Macht. Diese Privilegien wollten die anderen Religionen nun auch haben, und das sei falsch. Diese Logik entspreche auch nicht den jeweiligen Religionen. Für Apitzsch gibt es nur eine Alternative: den säkularen Staat.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 3. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe 2014/1 – Februar, Web.

Ginnheim: Neue Räume für Kita und Gemeinde

on Kurt-Helmuth Eimuth – 2. Februar 2014

Nach langer Zeit des Wartens konnte jetzt auch die Kindertagesstätte Fuchshohl der Bethlehemgemeinde saniert und erweitert werden.

Bunt präsentiert sich der Anbau an die Kita Fuchshohl der Ginnheimer Bethlehemgemeinde. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Pfarrerin Christine Harmert sieht das neue Angebot der Krabbelgruppen als „Dienst für junge Familien“. Foto Kurt-Helmuth Eimuth

Zu den bestehenden beiden Kindergartengruppen und der Hortgruppe kommen nun auch noch zwei Krabbelgruppen, so dass die Einrichtung Kinder im Alter von von 0 bis 12 Jahren aufnehmen kann. Hier könnten sich alle Altersgruppen begegnen, merkte Pfarrerin Christine Harmert an. Für die Pfarrerin ist die Erweiterung der Einrichtung „ein Dienst der Gemeinde an jungen Familien“, wie sie anläßlich der Eröffnung heute, 2. Februar, sagte. Um Platz für den Anbau der Kita zu schaffen, wurde das alte Gemeindehaus abgerissen. Die Gemeinde muss sich jetzt mit kleineren aber ebenfalls neu erbauten Gemeinderäumen zufrieden geben. Die Sanierung der Kita und deren Anbau kosteten 2,3 Millionen Euro, die Gemeindefläche wurde für 600.000 Euro geschaffen.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 2. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Kita-Bau windet sich um Bäume

In der Thomasgemeinde in Heddernheim wurde heute eine neue Kindertagesstätte eröffnet.

Der Dachgarten als erweiterte Spielfläche der Kindertagesstätte windet sich um Bäume herum. Im Hintergrund ist die Thomaskirche zu sehen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Die eigentliche Schönheit des neuen Baus der Kindertagesstätte der evangelischen Thomasgemeinde erkennt der Betrachter, die Betrachterin erst beim Heraustreten auf die Dachterrasse im ersten Stock. Es öffnet sich nicht nur der Blick auf die Heddernheimer Dächer und die Thomaskirche sondern es offenbart sich, dass dieser Bau sich um zwei große Bäume schlängelt. Eine wahre Kunst sei der Entwurf des Architekturbüros Eisele und Stanjek, so die einhellige Meinung der Gäste, die am heutigen Sonntag (26. Januar) der Eröffnung beiwohnten. Die Vorsitzende des Vorstandes des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, dankte für den Bauherrn dem Architekturbüro der Stadt Frankfurt für die finanzielle Förderung des 3,5 Millionen teuren Baus. Stadtrat Jan Schneider hob in seinem Grußwort hervor, dass die Stadt Frankfurt beim Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf die Unterstützung der freien Träger und der Kirchen angewiesen sei. Man habe im Zeitraum von 2007 bis 2013 die Zahl der Plätze für Unterdreijährige auf 8000 verdoppeln können.

Dies sei nur mit Unterstützung aller Träger möglich gewesen. Schneider kündigte an, dass bis 2016 weitere 3.000 Plätze entstehen sollen. Die neue Kita bietet Platz für 106 Kinder im alter von 0 bis 6 Jahren. Neu entstanden sind die beiden Gruppen für Unter-Dreijährige, die Kindergartengruppen bestanden bereits.

Kindertagesstättenleiterin Anne Neumann freut sich über den neuen, ungewöhnlichen Kita-Bau, der genügend Platz für alle bietet. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 26. Januar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 26. Januar 2014

Frauen wollen anders arbeiten

Nur drei Frauen kandidierten für einen der neun Vorstandsposten, die bei der gestrigen Sitzung des Frankfurter Stadtdekanates zu besetzen waren. Warum? Ein Kommentar von Kurt-Helmuth Eimuth.

Die Delegierten des Frankfurter Stadtdekanates hätten sich mehr Frauen unter den Kandidierenden gewünscht. Foto: Rolf Oeser

Die Stimmung war gut im Frankfurter Dominikanerkloster. Alle wollen das neue Stadtdekanat. Nach langen Jahren mit Strukturkommission, zahllosen Sitzungen und Gremien ist man endlich am Ziel. Die evangelische Welt Frankfurts stellt sich neu auf. Eine klare Struktur soll für ein ebenso klares Bild nach außen sorgen. Gut so.

Doch es war der Delegierte Baron Andreas von Koskull, der seine Hand auf eine offene Wunde legte. Drei von elf, so die einfache Gleichung: Nur drei Frauen erklärten sich bereit, für die verbleibenden neun Stellen im neuen Stadtdekanatsvorstand zu kandidieren. Man habe einfach nicht mehr Kandidatinnen gefunden, beteuerte glaubhaft Dekan Achim Knecht. Ein Phänomen, das sich auch bei der Besetzung anderer Gremien und Positionen zeigt. Frauen wollen nicht, oder andersherum: Für viele Frauen ist diese Form der Arbeit nicht attraktiv. Auch nicht in einer Kirche, deren Basis in den Gemeinden doch mehrheitlich von Frauen getragen wird.

Es lohnt sich, darüber nachzudenken, warum solche Ämter für Frauen nicht attraktiv sein könnten. Möglicherweise liegt es ja an den männlichen Ritualen und dem üblichen, maskulin orientierten Gebaren in solchen Gremien. Da geht es – zu oft – nicht um den offiziellen Tagesordnungspunkt, sondern um eine „zweite Agenda“, und die heißt Macht. Da müssen Einflussschneisen geschlagen, Terrain verteidigt und falsche Entscheidungen legitimiert werden. Oder es geht in so manchem Redebeitrag nur um die eigene Selbstdarstellung.

Das alles sind Verhaltensmuster, die vermutlich jeder und jede aus der eigenen Arbeitswelt kennt. Und die eine effiziente Lösungsfindung unnötig verlängern. Sitzungen werden dadurch über die Maßen zeitlich ausgedehnt. Mehr Frauen als Männer, so scheint es, wünschen sich eine andere Kultur. Bildlich steht da der Stuhlkreis mit einem bunten Tuch und Blumen in der Mitte dem Konferenzraum mit seinem unverrückbaren Konferenztisch – hinter dem man sich auch verstecken kann – gegenüber.

Eine uneitle, an der Sache orientierte Diskussions- und Entscheidungskultur wäre sicher nicht nur für Frauen attraktiver. Doch eine Welt, in der es um das Immer-Mehr geht, kann eine solche Kultur nur sehr schwer entwickeln. Der Wunsch der Delegierten des Stadtdekanats nach einer angemessenen Zahl von Frauen im Dekanatssynodalvorstand war jedenfalls sichtbar; und so ist es wohl auch kein Wunder, dass sich bei den Wahlen dort, wo Männer und Frauen zur Wahl standen, die Frauen durchsetzten. Vielleicht ist das ja auch ein Signal für einen anderen Arbeitsstil.

„Bornheimer Lösung“: Ein Aufzug für die Johannis-Kita

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 18. Januar 2014

Lange hatten sie auf diesen Augenblick gewartet: Jetzt können die gehbehinderten Kinder in der Johannis-Kindertagestätte der Gemeinde Bornheim ungehindert den ersten Stock erreichen.

Kita-Leiterin Anne Lippert-Singh präsentiert den neuen Aufzug, der das Miteinander der Kinder wesentlich erleichtern wird. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Seit Jahren ist die Arbeit mit schwerbehinderten Kindern ein Schwerpunkt der Einrichtung. Nun zum 60. Geburtstag der Kita hat es geklappt. Ermöglicht durch eine typisch „Bornheimer Lösung“. Als die Bornheimer von den Nöten der Erzieherinnen, die die Kinder in den ersten Stock trugen, hörten, engagierten sich viele. Der Ortsbeirat, die Bornheimer Geschäftswelt und die Wirte der stadtweit bekannten Apfelwein-Lokale.

Sammelbüchsen wurden aufgestellt und auf der Berger Straße wurde gesammelt. Stolze 37.000 Euro kamen so zusammen. So konnte der Aufzug für 90.000 Euro vom Evangelischen Regionalverband und der Gemeinde finanziert werden.

Zur Feier der Inbetriebnahme des Aufzugs gabs auch ein Theaterstück :“Die kleine Hexe“. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 18. Januar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Glauben stärker als homo oeconomicus

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 1. Dezember 2013

Das Verhältnis von Glaube und Politik stand im Mittelpunkt des Neujahrsempfangs.

Oberbürgermeister Peter Feldmann bekannte sich beim Neujahrsempfang des Evangelischen Regionalverbandes zu christlichen Werten. Erstmals wurden die Redner per Video auf eine Leinwand projeziert. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Erstmals sprach der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann auf dem träditionellen Empfang zum Beginn des Kirchenjahres. „Liebe, Treue und Freundschaft haben einen hohen Wert und halten unser Gemeinwesen zusammen“, so Oberbürgermeister Peter Feldmann beim Neujahrsempfang des Evangelischen Regionalverbandes in der Heiliggeistkirche. Traditionell lädt die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, am 1. Advent Vertreter und Vertreterinnen aus Kirche, Gesellschaft und Politik ein. Feldmann bekannte sich zu einer meschlichen Gesellschaft. „Glauben kann stärker sein als der homo oeconomicus“, so Feldmann wörtlich. Der Oberbürgermeister erinnerte auch an seine persönliche Erfahrung mit der evangelischen Kirche, schließlich war er einst Leiter des vom Verein für Jugend- und Sozialarbeit getragenen Jugendhauses Am Bügel.

Gebhardt erinnerte in ihrer Begrüßung daran, dass Luther auf ganz unterschiedliche Weise das Verhältnis von Glaube und Politik geprägt habe. Staatsfrömmigkeit, politische Passivität würden als Folge benannt, Nähe zum Nationalismus des 19./20. Jahrhunderts sei auf ihn zurückgeführt worden, aber auch das Entstehen der Rechtsstaatlichkeit könne in Zusammenhang mit der Reformation gesehen werden. Gebhardt erwähnte auch die Rolle der evangelischen Kirche und der mit ihr verbundenen Friedensbewegung beim Niedergang des SED-Regimes als positive Beispiele für dieses Spannungsverhältnis.

Vier evangelische Politikerinnen und Politiker stellten sich der Frage, welche Auswirkungen ihr Glaube auf ihr politisches Wirken habe. Die Moderation übernahm Michael Opoczynski, (Mitte) vom ZDF. Von links. Mike Josef (SPD), Nicola Beer (FDP), Michael Opoczynski, Verkehrsdezernent Stefan Majer (Bündnis 90/Die Grünen) und Bettina Wiesmann (CDU). Auf der Leinwand ist in Grußaufnahme der Vorsitzende der Frankfurter SPD Mike Josef zu sehen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Vier evangelische Politikerinnen und Politiker stellten sich im Rahmen des Empfangs der Frage, welche Auswirkungen ihr Glaube auf ihr politisches Wirken habe. Nicola Beer, FDP, Kultusministerin in Hessen und designierte Generalsekretärin der FDP, betonte, dass der Grundgedanke Luthers wonach die Freiheit immer auch der Verantwortung verpflichtet sei eine Grundposition ihrer Partei sei. Sie verwies aber auch darauf, wie wichtig für sie die Eschersheimer Jungschargruppe war, getragen von Diakonissinnen. Verkehrsdezernent Stefan Majer, Bündnis 90/Die Grünen, erzählte, wie sehr ihn Theologen wie Heinrich Albertz, Helmut Gollwitzer und Kurt Scharf geprägt haben. Deren Reden bei Kirchentagen hätten ihn sehr beeindruckt. Der gebürtige Tübinger hat Theologie studiert und gehört dem Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes an.

Als einen besonderen Verdienst Luthers würdigte der Frankfurter SPD-Vorsitzende Mike Josef die Übersetzung des Neuen Testamentes. Martin Luther habe dafür gesorgt, dass die Texte für alle verständlich wurden. Josef, der in Syrien zur Welt kam und dessen Familien in Deutschland von der Orthodoxie zur evangelischen Kirche wechselte, lobte das Engagement der evangelischen Kirche in Frankfurt für Flüchtlinge, sie lege den Finger „in die Wunde“.

Die Frankfurter CDU-Landtagsabgeordnete Bettina Wiesmann, Mitglied des Sozialpolitischen Ausschusses in Wiesbaden, sagte, die Kirchen seien durchaus wachsam in Richtung Politik: Das erlebe sie auch in ihrem Alltag, regelmäßig gebe es beispielsweise zu der Arbeit des Ausschusses kirchliche Stellungnahmen. Befragt zu dem Verhältnis von Staat und Religion, zeigte sie sich zufrieden mit dem Weg der in Deutschland gegangen wird, der keine Staatskirche vorsieht, aber auch keinen laizistischen Staat. Auch für Beer ist das „eine gute Basis“.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 1. Dezember 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Verleihung der Philipp-Jakob-Spener-Medaille

Von Redaktion – 1. Dezember 2013

Im Rahmen des Neujahrsempfangs wird auch alljährlich die Philipp-Jakob-Spener-Medaille verliehen. Sie ging in diesem Jahr an Jutta Moerschel und Professor Wolfgang Nethöfel.

Pfarrerin Esther Gebhardt (rechts) überreicht Professor Wolfgang Nethöfel (links) und Jutta Moerschel Urkunde und Spener-Medaille. Burkhard Sulimma (2.v.r.) hielt die Laudatio. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Mit Jutta Moerschel wurde eine erfahrene Prädikantin und ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin, die sich in vielen kirchlichen Gremien in Frankfurt engagiert hat, mit der Philipp-Jakob-Spener-Medaille ausgezeichnet.

Moerschel, im März 1939 in Hamburg geboren, betreute bereits als Jugendliche in ihrer Heimatstadt Kindergottesdienste. Auch neben ihrer Ausbildung zur Steuerfachgehilfin fand sie Zeit, im Kirchenchor zu singen. Begleitet wurde das Engagement vom Elternhaus.

Nach einigen Umzügen kam sie 1972 nach Oberrad, dort fand sie bald Anschluss an die Evangelische Erlösergemeinde. Der damalige Dekan im Frankfurter Süden, Dr. Ludwig Schmidt, motivierte die beliebte Kindergottesdienstbetreuerin zuerst zu einer Lektorenausbildung, später zu einer Qualifikation als Prädikantin. Streng sei er gewesen, „aber da war ich in den besten Händen“, sagt die jetzt mit der Spener-Medaille Geehrte.1986 schloss sie die Prädikantenausbildung ab, seitdem hält Jutta Moerschel in zahlreichen Gemeinden in Frankfurt und im Taunus Gottesdienste. Auch 2014 stehen schon viele Gottesdiensttermine in ihrem Kalender.

Neben den Predigtdiensten absolvierte sie 2004/2005 eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Klinikseelsorgerin. In der Chirurgie im Markus-Krankenhaus ist sie einmal an der Woche anzutreffen, spricht mit Einzelnen. Manchmal predigt sie auch in der Kapelle der Klinik, so hat sie dort auch am Ersten Advent morgens einen Gottesdienst gehalten.Kaum zu glauben, dass die Oberräderin bei all dem ehrenamtlichen Engagement und dem beruflichen – bis heute erledigt sie für eine PR-Agentur in Sachsenhausen die Buchhaltung – immer noch Zeit für Hobbys gefunden hat: Klassische Musik, Sport und Lesen – aktuell am liebsten auf ihrem E-Bookreader.

Mit Professor Wolfgang Nethöfel erhielt ein Theologe und Philosoph, Literaturwissenschaftler, Linguistiker und emeritierter Sozialethiker der Philipps-Universität, Marburg, die Philipp-Jakob-Spener-Medaille. Aber weniger dafür wurde der im Mai 1946 in Oberhausen Geborene an diesem Abend mit der Philipp-Jakob-Spener-Medaille geehrt, sondern vor allem für sein großes Engagement in Frankfurt. Sehr konkret engagiert er sich hier seit Jahren vor Ort: „Ich bin seit meiner Ankunft in Frankfurt 1998 im Kirchenvorstand erst der Gutleut- und dann der fusionierten Evangelischen Gemeinde am Hauptbahnhof, beziehungsweise der Evangelischen Hoffnungsgemeinde. Aus dem Engagement der Gemeinde beim Frankfurter Kirchentag 2001 ist die Werkstatt Bahnhofsviertel hervorgegangen. Dieses ist eine Werkstatt, in der gesellschaftliche und politische Kräfte im sozial brisanten Bahnhofsviertel Frankfurt sich mit der Entwicklung des Stadtteiles und der spezifischen Situation der dort lebenden Menschen intensiv befassen“, sagt er zu seiner Arbeit. Konkret vor Ort beteiligt Professor Wolfgang Nethöfel sich auch an der Entwicklung eines Programmprofils für die Matthäuskirche unweit der Messe, die zur Evangelischen Hoffnungsgemeinde zählt und deren zukünftige Verwendung und Nutzung innerhalb der Frankfurter Kirche noch zu finden ist.

Professor Nethöfel, ein Kirchenreformer im besten Wortsinne, liegt die Basis am Herzen. Mit großem Engagement ist er für seine Kirchengemeinde und die Menschen in den dazu gehörenden Stadtteilen tätig, darüber hinaus wirkt er mit bei der Gestaltung und Entwicklung der gesamten Frankfurter Kirche.

Er setzt sich aber auch bis in die obersten Gremien der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für zukunftsweisende Strategien ein. Der sozialdiakonische Ansatz paart sich bei ihm mit der Mitwirkung im Netzwerk Kirchenreform.

Der Evangelische Regionalverband hat die Spenermedaille 1999 aus Anlass seines hundertjährigen Bestehens gestiftet. Die Medaillen werden in der Höchster Porzellanmanufaktur nach einer Silbermedaille von 1698 aus der Sammlung des Regionalverbandes hergestellt und jährlich an zwei Preisträger verliehen. Sie erinnert an Philipp Jakob Spener, den programmatischen Kopf des Pietismus, der von 1666 bis 1686 an der Spitze der Frankfurter lutherischen Pfarrerschaft stand.

Beitrag von Redaktion, veröffentlicht am 1. Dezember 2013 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe 2014/1 – Februar, Web.

Männer: Bejubelt und verdächtig

Frankfurt: Männer in Kitas

von Anne Lemhöfer

Seit es die Betreuungsplatzgarantie gibt, arbeiten mehr Männer denn je in Krabbelstuben, Kindergärten und Horten. Frankfurt ist bundesweit Spitzenreiter, elf Prozent des Kita-Personals sind männlich. Was viele Eltern gut finden, stößt trotzdem nicht selten auf Argwohn.

Er hat Dekorationen und Kostüme entworfen, stand zwar nicht selbst im Rampenlicht, aber letztlich galt der Applaus nach einer Theateraufführung auch ihm, er war Teil eines Ensembles aus Künstlerinnen und Künstlern, hat mit anspruchsvollen Regisseuren und besonderen Materialien gearbeitet.

In seinem ersten Leben war Lars Betko, 51 Jahre alt, Bühnenbildner. Jetzt hockt er auf einem kleinen Stühlchen und hält eine leere Klorolle in der Hand. Und könnte nicht besser gelaunt sein. „Franka, pass auf, hier festhalten. Sehr gut!“ Lars Betkos neuer Arbeitsplatz ist keine Theaterbühne, sondern ein Gruppenraum in der Kindertagesstätte „Gipfelflitzer“ am Frankfurter Riedberg. Dabei ist es nicht so, dass Franka, Annika, Clara und Kian kein anspruchsvolles Publikum wären, im Gegenteil. Die Vier- und Fünfjährigen, die in einer Traube um den schlanken Mann mit der Brille herumstehen, möchten schon, dass die Dinge, mit denen sie sich beschäftigen, etwas hermachen.

„Die Arbeit mit Kindern gibt mir sehr viel“

Und das tut die Kugelbahn, die gerade aus Klorollen, Kleber und viel, viel Farbe entsteht. Ein Kunstwerk aus komplizierten Rohren, dem man ansieht, dass sein Erfinder etwas vom Basteln und Bauen, von Statik und raffinierten Effekten versteht. Wer es noch nicht weiß, wundert sich kein bisschen, wenn er erfährt, dass Betko einen Beruf erlernt hat, der an der Schnittstelle von Handwerk und Kunst angesiedelt ist. Und wer ihm zuschaut, wie er geduldig erklärt und die Jungen und Mädchen ermuntert, es doch selbst mal mit dem Kleben zu versuchen, wie er ihre Aufmerksamkeit zu fesseln weiß und echte Begeisterung weckt, wundert sich nicht, dass er in diesem Moment an genau diesem Ort sitzt. Der glaubt sofort, wenn Betko sagt: „Die Arbeit mit Kindern gibt mir sehr viel.“

In seinem alten Job dagegen war er am Ende nicht mehr glücklich. „Nach einer längeren Anstellung als Ausstattungsleiter am Theater Heilbronn hing ich in der Luft und geriet ins Grübeln. Dieses Warten auf Angebote, das Tingeln von Stadt zu Stadt, wollte ich das wirklich bis zum Ende meines Berufslebens machen?“ Seine Antwort: nein. „Meine Eltern waren Lehrer, ich habe viele Freunde, die im Pädagogikberuf arbeiten. In meiner Schulzeit hatte ich kurz überlegt, diese Richtung einzuschlagen, aber dann doch zunächst ein Handwerk erlernt.“

Wie kam er nach mehr als 20 Jahren noch darauf, ausgerechnet Erzieher zu werden? „Im letzten Jahr war auf einmal halb Frankfurt mit Plakaten tapeziert, die für den Erzieherberuf warben. Ich wusste plötzlich: Das ist es. Ich kann viel aus meinem ersten Berufsleben einbringen. Mit den Kindern habe ich in einem meiner ersten Projekte in der Kita Roboter aus Recyclingmüll gebaut. Als ich ihren Müttern und Vätern beim Elternabend davon erzählte, klatschten die sogar Beifall.“ Lars Betko kennt das Klischee von den Männern, die mit den Kindern so schön toben, Dinge aus Holz und Nägeln bauen oder Fußball spielen. „Das ist mir aber zu wenig. Ich möchte hier keine Geschlechter-Stereotype vorleben und auch mit meinen Gruppenkindern weben oder malen, wenn es gerade passt.“

Lars Betko gehört zu einer Minderheit, um die derzeit stark geworben wird: Männer, die man für den Erzieherberuf begeistern kann. Kinder, das glauben alle, können nur profitieren, wenn sie mit männlichen und weiblichen Bezugspersonen gleichermaßen aufwachsen. Soweit die Theorie. Doch nach wie vor sind Männer wie Betko eine wirklich rare Spezies, was nicht nur mit dem niedrigen Gehalt, sondern auch mit traditionellen Rollenvorstellungen zu tun hat, wie Kurt-Helmuth Eimuth glaubt, Leiter des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten beim Diakonischen Werk Frankfurt, das rund 110 evangelische Einrichtungen unter seinem Dach vereint: „Ein Busfahrer verdient noch weniger als ein Erzieher, aber stellen Sie sich zwei Männer an der Theke vor. Der eine sagt: Ich fahr‘ einen großen Bus. Der andere: Ich betreue kleine Kinder. Wer von beiden bekommt mehr Anerkennung?“ Bundesweit sind nicht einmal vier Prozent des Personals in Kindertagesstätten männlich, in Ballungsräumen dafür meist mehr als doppelt so viel.

Frankfurt unangefochtener Spitzenreiter

Laut der in Berlin ansässigen Koordinierungsstelle Männer in Kitas ist Frankfurt unangefochtener Spitzenreiter – mit 11,3 Prozent. Tendenz steigend. „Wir führen diese erstmals sehr deutliche Steigerung des Männeranteils gerade im letzten Jahr darauf zurück, dass der Ruf nach Männern in Kitas lauter geworden ist. Betreiber von Kitas, Erzieherinnen und Erzieher selbst, Eltern und Politiker fordern immer deutlicher mehr männliche Fachkräfte. Männer in Kitas sind von öffentlichem Interesse“, sagt Jens Krabel, Sprecher der Koordinierungsstelle. Positiv auf die Steigerung des Anteils wirke sich auch aus, dass seit 2011 bundesweit 16 Modellprojekte mehr als 13 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds und vom Bundesfamilienministerium erhielten. Das habe die öffentliche Diskussion in den Städten und Landkreisen zusätzlich befördert.

Ein weiterer Grund: die von der Bundesregierung beschlossene Betreuungsplatzgarantie für Kinder ab einem Jahr, für die 2013 auf einen Schlag viel mehr Personal notwendig wurde, als da war. Das hat eine riesige Umschulungswelle in Gang gebracht. Die Neuen, Männer wie Frauen, waren zuvor Bühnenbildner oder Redakteure, Schreiner oder Gärtner, und jetzt kümmern sie sich um das Großwerden von Kindern.

Viele im Rhein-Main-Gebiet, auch Lars Betko, wurden an der Berta-Jourdan-Schule ausgebildet, einer der Hauptausbildungsstätten für Erzieherinnen und Erzieher in Frankfurt. Manche berufsbegleitend, fast alle in einem verkürzten Ausbildungsgang. Schulleiter Michael Baumeister sagt, dass er derzeit jedes Jahr 50 bis 60 Umschülerinnen und Umschüler fit für ein zweites Berufsleben als Pädagoginnen und Pädagogen mache, Männer hat er in fast jeder Klasse sitzen. Es braucht ein ganzes Dorf, ein Kind großzuziehen, heißt ein bekanntes ghanaisches Sprichwort.

Andere Kinder, unterschiedliche Erwachsene, Handwerker und Kopfmenschen, Männer und Frauen – je größer die Bandbreite der Erfahrungen, die an die Jüngsten weitergegeben werden können, desto besser, so ist das Sprichwort wohl gemeint. So gesehen ergibt es Sinn, dass die Gruppe der Menschen, die sich beruflich um Kinder kümmern, heterogener wird, dass Biografien neue Wendungen nehmen.

Doch nicht alle sind uneingeschränkt glücklich über die neuen Männer im traditionellen Frauenberuf. Da ist das böse Wort vom „Generalverdacht“, das unter Fachleuten immer fällt, wenn das Thema besprochen wird, und mit dem sich Berufsanfänger auseinandersetzen müssen. Darf der Erzieher die Kinder wickeln? Die kleinen Mädchen auf den Schoß nehmen? Hat er womöglich Hintergedanken? Nicht regelmäßig, aber doch immer wieder würden solche Sorgen an ihn herangetragen, berichtet auch Kurt-Helmuth Eimuth. Wie geht man in Kitas mit solchen unkonkreten und pauschalen Mutmaßungen um? „Ganz klar: Es gibt in einem gemischten Team keine unterschiedlichen Zuständigkeiten“, sagt Eimuth. Jens Krabel von der Berliner Koordinierungsstelle kennt das Problem ebenfalls. Er und seine Kollegen haben im Rahmen einer Studie auf Basis einer repräsentativen Befragung ermittelt, dass 40 Prozent der Eltern, 34 Prozent der Kita-Leitungen und 48 Prozent der Trägerverantwortlichen zumindest schon einmal an die Gefahr eines Missbrauchs durch Erzieher gedacht haben.

Lars Betko weiß, dass er gegen Vorurteile kämpft, auch gegen unausgesprochene. Die Freude am Beruf verdorben hat ihm das nicht. „Männer wollen erziehen“, glaubt er. Und er glaubt auch, dass ihr Anblick in den Räumen mit den kleinen Stühlchen und den Kunstwerken aus Pappe immer normaler werden wird. Und sich viele Sorgen dann ganz von selbst erübrigen.

18.11.2013 FR

„Sei keine Kopie einer Stellenbeschreibung“

Film:

http://„Sei keine Kopie einer Stellenbeschreibung“ „Achtsamkeit – die Kraftquellen des Lebens“ war das Thema des diesjährigen Fachtags für Erziehrinnen. Eingeladen hatte der Arbeitsbereich Kindertagesstätten des Diakonischen Werkes.

„Sei keine Kopie einer Stellenbeschreibung“

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 16. November 2013

„Achtsamkeit – die Kraftquellen des Lebens“ war das Thema des diesjährigen Fachtags für Erziehrinnen. Eingeladen hatte der Arbeitsbereich Kindertagesstätten des Diakonischen Werkes.

Bruder Paulus Terwitte sprach beim Fachtag für evangelische Erzieherinnen von seiner beziehung zu Gott. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Erzieherinnen haben einen anstrengenden Beruf. Strategien, den Alltag zu bewältigen, wollten 400 Erzieherinnen aus evangelischen Kindertagesstätten beim Fachtag „Lebensbalance“ gestern (15. November) im Dominikanerkloster kennen lernen. Bruder Paulus Terwitte gab eine überraschende Antwort: „Das wichtigste Instrument in der Begegnung bist du selbst“. Der medial erfahrene Kapuzinermönch forderte die Erzieherinnen auf, sie selbst zu bleiben. Er verwies auf die Einzigartigkeit jedes Menschen als Geschöpf Gottes. „Wenn ich weiß, dass ich nicht übersehen werde im Universum, dann bin ich in der Balance“. Jeder Mensch sei so interessant wie er sei und er sollte nicht als Kopie irgendeiner Stellenbeschreibung enden. Man könne in der Gewissheit leben: „So wie ich bin, bin ich gewollt.“ Schließlich seien wir alle „Gewollte“. Und persönlich bekennend fügte Bruder Paulus hinzu: „Seit dem ich das weiß, kann mir nichts mehr passieren.“ In der Balance zu sein, bedeute zu wissen, auf welchem Fundament man stehe. Dazu gehöre auch, dass Anfang und Ende menschlichen Lebens unverfügbar sei. Da helfe auch keine Anti-Aging -Creme. Zur Balance gehöre, dass man eingebunden sei im Strom vom Werden und Vergehen.

Als Lebensbegleiterinnen bezeichnete Bruder Paulus Terwitte die 400 Erzieherinnen im Frankfurter Dominikanerkloster. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Den Beruf der Erzieherin bezeichnete der Referent als den der Lebensbegleitung. Bruder Paulus traf wohl das Lebensgefühl der Erzieherinnen. Auf Facebook wurde die Veranstaltung sofort positiv bewertet:„Ein toller Tag, Danke“.

Mehr https://www.youtube.com/watch?v=2ILqVHmx-JU

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 16. November 2013 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.