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Kunst im Kinderbuch

Evangelischer Illustrationspreis für Innocenti

Von Roberto Innocenti illustrierte Szene aus Pinocchio. | Abbildung: Patmos

Von Roberto Innocenti illustrierte Szene aus Pinocchio.
Abbildung: Patmos

Roberto Innocenti wurde im Römer der Illustrationspreis für Kinder- und Jugendbücher des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik verliehen. Die in Frankfurt ansässige Institution der Evangelischen Kirche in Deutschland vergibt diesen Preis alle zwei Jahre für Publikationen mit künstlerisch und inhaltlich hervorragenden Illustrationen. Sie sollen die Fantasie anregen, innere Bilder wachrufen, der sichtbaren oder unsichtbaren Wirklichkeit Gestalt verleihen und ein christliches Weltverständnis unterstützen.

Die unabhängige Jury merkte kritisch an, dass auch in diesem Jahr keine eigentlich religiösen Bücher in die engere Wahl gekommen seien. Sie erfüllten einfach nicht die künstlerischen Krite­ rien. In der religiösen Bilderbuchlandschaft herrscht offenbar der Kitsch vor.

Geehrt wurde mit Roberto Innocenti ein italienischer Illustrator, der die bekannte Geschichte des Pinocchio aus seiner Heimatstadt Florenz kunstvoll zeichnerisch umsetzte. „Die Sorgfalt, die er auf die Ausarbeitung der Details und auf die Gesamtwirkung verwendet, zeigt seinen respektvollen Umgang mit den Betrachtern seiner Bilder wie mit der literarischen Vorgabe“, so die Jury. Bekannt wurde der 1940 geborene Innocenti durch das Buch „Rosa Weiss“, das kompromisslos vom Krieg und von Nazigräueln im KZ erzählt.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt November 2007

Mit ihm muss man rechnen

Volker Stein ist als provokanter Mahner auch kirchenpolitisch aktiv

Man kennt ihn in Frankfurt aus der Politik: Volker Stein, Fraktionsvorsitzender der FDP im Römer. Weniger bekannt ist sein jahrzehntelanges Engagement für die evangelische Kirche. Dabei hat der 56-Jährige die klassische Sozialisation durchlaufen: Jungschar, Kindergottesdienst, Heiland-Pfadfinder und dann seit 1973 Mitglied im Kirchenvorstand der Festeburggemeinde in Preungesheim. Er folgte in diesem Amt seinem Vater Paul Stein.

Foto: Oeser

Foto: Oeser

Doch was nach glattem Übergang aussieht, war eher kämpferisch. Die Jugend setzte Volker Stein damals nachträglich in der Gemeindeversammlung auf die Kandidatenliste. Volker Stein ist eben einer, mit dem man rechnen muss. Seit 1999 ist er Vorsitzender des Kirchenvorstandes. Die kleine Gemeinde in Preungesheim hat sich unter seiner Führung für die Zukunft fit gemacht. Pfarr- und Gemeindehaus wurden der schwedischen Gemeinde verkauft, um mit dem Erlös einen Anbau für den eigenen Bedarf zu finanzieren. Die Kirche wird man gemeinsam nutzen. „Eine Kirche, die rund um die Uhr genutzt wird, ist mir lieber als eine, die tageweise genutzt wird“, sagt Stein. Auch werde die Kooperation mit der schwedischen Gemeinde nach Steins Einschätzung „unproblematisch sein, da sie aus unserem Kulturkreis kommt“.

Seit nunmehr 15 Jahren gehört Volker Stein – mit Unterbrechung – dem Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes an und ist seit 1998 dessen stell­ vertretender Vorsitzender. Als gelernter Lehrer mit den Fächern Sport und evangelische Religion unterrichtete er fast zehn Jahre an der Paul-Hindemith-Schule, bevor er beruflich in die Politik wechselte. Seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen will er auch in der Kirche umgesetzt wissen: „Man kann nur das verteilen, was man einnimmt.“

Steins Positionen klingen oft provokativ. Zum Beispiel wenn er sagt: „Die Kirche kann nicht nur für soziale Randgruppen da sein. Als Volkskirche hat sie in allen Generationen und Schichtungen ihren Stellenwert und ihre Aufgabe.“ Es mache keinen Sinn, die einkommensstarken Schichten aus der Kirche herauszudrängen und dann den fehlenden Kirchensteuermitteln nachzuweinen: „Man muss die Bedürftigen vor den Faulen schützen.“ Nicht alle, die sich für bedürftig hielten, seien es auch, meint Stein. Er prangert aber auch die fragwürdigen Praktiken von Unternehmen an. Wenn etwa die Vorstandsgehälter bei Fraport erhöht werden und gleichzeitig den Pensionären das Weihnachtsgeld gestrichen wird, dann ist das für ihn einfach „un­ anständig“. Es sei unabdingbar für den sozialen Frieden, dass Führungspersönlichkeiten mit gutem Beispiel vorangingen.

Bei aller Kritik und Auseinandersetzung sagt Stein: „Ich bin stolz auf meine Kirche.“ Und ist schon beim nächsten Thema: „Als Kirche haben wir uns immer mehr zurückgenommen. Wir haben gefragt, ob Mission im eigenen Land denn sein dürfe. Ich sage Ja. Und die katholische Kirche, die islamischen Glaubensgemeinschaften und auch Sekten praktizieren dieses seit Jahren.“ Stein formuliert schnell, markant und provokant. Aber es gibt auch die andere, die fürsorgliche Seite. Wenn seine siebenjährigen Zwillinge auf dem Fußballplatz Beistand benötigen, ist er da. „Dann sage ich auch schon mal offizielle Termine ab.“

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Nov 2006

Die Kirche braucht Streit

Kommentar

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Da rieben sich manche verwundert die Augen: Ungeschminkt und völlig undiplomatisch benannte die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt, Pfarrerin Esther Gebhardt, Kritik an der Vorgehensweise der Kirchenleitung bei der Kürzung der Gemeindepädagogenstellen. Wohlgemerkt: Es ging nicht darum, dass gespart werden muss, es ging um das Wie: Hier eine Stadtkirche, die in demokratisch gewählten Gremien Prozesse zur Umsetzung notwendiger Sparbeschlüsse einleitet, und dort eine Kirchenverwaltung, die quasi per Dekret im Amtsblatt verlauten lässt, in welchem Dekanat wie viele Stellen übrig bleiben.

Kommentatoren, die selbst in der Versammlung gar nicht anwesend waren, wussten daraufhin von einer „Brandrede“ und von „schriller Tonlage“ zu berichten. Sollte denn nicht wenigstens in der Kirche Friede und Harmonie herrschen? Jetzt streiten sogar die Pfarrersleut’, lautete der Vorwurf. Und so mancher sehnt sich nach einer katholischen Struktur: Da kann der Bischof mit wenigen Sachverständigen übers Wochenende die Struktur einer ganzen Stadtkirche verändern. Oder es löst sich eine Gemeinde „auf Bitten des Bischofs“ ohne Widerspruch auf. Diskussionen halten sich in Grenzen, gewünschte Effekte können zeitnah ihre Wirkung erzielen. Zugegeben: In Zeiten großer Veränderungserfordernisse ist das eine verführerische Vorstellung.

Doch die evangelische Kirche hat eine andere Philosophie. Sie geht von der Gleichrangigkeit aller Gläubigen aus. Das „Priestertum aller Gläubigen“ meint, dass keiner einfach das Sagen hat. Auf diese Errungenschaft der Reformation waren die Protestantinnen und Protestanten lange stolz. Und so gehört eine offene und ehrliche Streitkultur zum Leitbild evangelischer Kirche.

Natürlich geht es zunächst ganz weltlich ums liebe Geld. Doch im Hintergrund geht es auch um die missionarische Strategie. Soll eine Frankfurter Gemeinde genauso behandelt werden wie eine Gemeinde in einem Dorf im Odenwald? Ist es sinnvoll, eine Stelle zu streichen, obgleich sie überwiegend von der Kommune bezahlt wird? Es wird von der gewählten Vertretung aller Gemeinden, von der Synode, zu entscheiden sein, ob dies wirklich das richtige Konzept ist. Bis dahin darf nicht nur, sondern muss in guter protestantischer Tradition die Vertretung der sechzig Frankfurter Gemeinden ihren Unmut über die Art und Weise des Umgangs und über die Bevormundung von Seiten der Zentrale lautstark artikulieren. Demokratie ist nun mal ohne Streit nicht zu haben – auch in der Kirche nicht.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt November 2006

Kunst und Kult

Ausstellung mit Altarbildern im Städel

Kein Bild ist dem religiösen Kult näher als das Altarbild. Die Ausstellung „Kult Bild – das Altar- und Andachtsbild von Duccio bis Perugino“, die noch bis 22. Oktober im Städel zu sehen ist, verfolgt die Entwicklung des italienischen Altarbildes zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert. Die häufig fragmentierten Werke sind meist aus ihrem ursprünglichen Funktionskontext gerissen und für Menschen heute vielfach unverständlich, ja fremd geworden. Die Ausstellung will daher sowohl eine Vorstellung von der zeitgenössischen Auffassung der Bilder vermitteln als auch über das sich wandelnde Verständnis von Kunst informieren. So hat der lebhafte Austausch zwischen Altar- und Andachtsbild zur Entstehung all jener Gattungen beigetragen, die uns heute so selbstverständlich scheinen: des erzählenden Bildes, des Bildnisses, des Stilllebens und der Landschaft.

Besonders beliebt waren aus der venezianischen Werkstatt des Giovanni Bellini Madonnendarstellungen mit verschiedenen Heiligen. Hier ist die Madonna eingerahmt von Johannes dem Täufer und, so wird vermutet, dessen Mutter Elisabeth. | Foto: Katalog

Besonders beliebt waren aus der venezianischen Werkstatt des Giovanni Bellini Madonnendarstellungen mit verschiedenen Heiligen. Hier ist die Madonna eingerahmt von Johannes dem Täufer und, so wird vermutet, dessen Mutter Elisabeth.
Foto: Katalog

„Kult Bild“ betrachtet die Malerei eines Zeitalters, in der es „Kunst“ im neuzeitlichen Sinn noch nicht gegeben hat. Für die damaligen Maler stand der spirituelle Gebrauch im Vordergrund. Zwei herausragende Altarbild-Ensembles stehen im Mittelpunkt der Ausstellung: die nur teilweise überlieferten Hauptaltäre aus der Kathedrale von Siena sowie das erste erhaltene Hochaltarbild aus der Benediktinerabtei S. Pietro bei Perugia.

Neben dem umfangreichen Hauptkatalog gibt es auch eine Einführung für Schülerinnen und Schüler. Das 40-seitige Heft ist nicht nur für Jugendliche interessant.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Okt 2006

Von Fechenheim in die Welt

Martin Meißner wurde Präsident des CVJM-Weltbundes

Die blaue Clubjacke mit den Goldknöpfen ist so eine Art Dienstkleidung. Seriosität ist für einen Rechtsanwalt nun mal ein absolutes Muss. Doch Martin Meißner macht um seine Person nicht viel Aufhebens. Gelassen und souverän sitzt der Fachanwalt für Familienrecht hinter seinem Schreibtisch. Diese Ausstrahlung war sicherlich ein Grund, warum ihn die 700 Delegierten des „Christlichen Vereins Junger Menschen“ (CVJM) im Juli zum Präsidenten ihres Weltverbandes wählten.

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Der CVJM ist weltweit die größte überkonfessionelle christliche Jugendorganisation mit insgesamt 45 Millionen Mitgliedern aus 124 Ländern. Und an der Spitze steht jetzt der Fechenheimer Rechtsanwalt Martin Meißner. Sicher wäre es falsch zu sagen, der 53-Jährige wäre in diese Aufgabe so „hineingerutscht“. Denn schon lange hat er sich weltweit Ver-trauen erarbeitet. Der Spanisch sprechende Meißner arbeitete schwerpunktmäßig mit latein-amerikanischen CVJM-Gruppen zusammen. Mindestens einmal im Jahr besucht er Länder in Süd- und Mittelamerika. Zudem, der Beruf legt es nahe, war er bisher schon federführend in den recht-lichen Belangen des weltweiten CVJM. „Sicher war ich keiner, den man bei seiner Wahl erst vorstellen musste“, sagt Meißner lächelnd.

Meißner ist wohl eher ein Mann des Ausgleichs, einer, der Brücken bauen will. „Wir haben kompetente Partner in der Dritten Welt. Wir sind längst davon entfernt, zu glauben, dass nur wir wissen, wie es geht.“ Meißner freut sich auf die kulturellen Begegnungen. „Wir müssen aus dem Reichtum unterschiedlicher Kulturen etwas machen.“

Was ihn immer wieder fasziniert, ist die Art, wie man in anderen Ländern an Probleme herangeht. Man schaue zunächst genau hin, was gebraucht werde, und versuche dann, dieses zu realisieren. Hier in Deutschland habe man hingegen lange aus der Tradition heraus gelebt. Dies sei zwar gut und wichtig, doch es reiche nicht. So habe der CVJM auch in Frankfurt hingeschaut und sich dann in der Schulsozialarbeit enga­ giert. Die Ganztagsschule verändere eben auch die Jugendarbeit.

Wer sich vorstellt, der CVJM sei ein Club frömmeliger junger Menschen mit engem Horizont, muss sein Vorurteil revidieren, wenn er Meißner begegnet. Der CVJM ist die größte ökumenische Vereinigung, betont er. Evangelische, ob nun pfingstlerisch oder lutherisch geprägt, arbeiten hier selbstverständlich mit katholischen Christen zusammen. Und wie steht es mit den doch schon recht fundamentalistischen Strömungen in Nordamerika? „Der US-CVJM hat kein einheitliches Profil“, erklärt Meißner. „Die einen machen Sozialarbeit und die anderen Sport. Seinen Glauben lebt man in der jeweiligen Freikirche.“ Ja, da komme schon die Frage danach, was das „C“ bedeutet, und das werde auch derzeit diskutiert.

Schon früh war Meißner mit der christlichen Jugendarbeit und der Kirche verbunden. Er war Mitglied des „Rates der evangelischen Jugend“ in Frankfurt. Fast selbstverständlich ist, dass er dem Kirchenvorstand der Glaubenskirchengemeinde in Fechenheim angehört und dort seit über zwanzig Jahren den stellvertretenden Vorsitz hat.

Wer sich so viel ehrenamtlich engagiert, dem bleibt nicht mehr viel Freizeit. Bei der Frage nach den Hobbys überlegt Meißner lange. „Vielleicht das eine oder andere klassische Konzert.“ Doch wo und wann sich eine solche Gelegenheit in den nächsten vier Jahren – so lange dauert die Amtszeit des Weltbund-Präsidenten – ergibt, bleibt fraglich.

Text und Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Okt 2006

Über uns

„Evangelisches Frankfurt wird nicht einseitig sein und sich nicht allein um den kirchlichen Nabel drehen“ – das versprach die Redaktion, als Ende 1976 die erste Ausgabe der neuen Mitgliederzeitung der Frankfurter Kirche erschien.

Antje Schrupp, Ralf Bräuer, Stephanie von Selchow, Kurt-Helmuth Eimuth, Gunda Höppner, Wilfried Steller - v.l.n.r. | Foto: Oeser

Antje Schrupp, Ralf Bräuer, Stephanie von Selchow, Kurt-Helmuth Eimuth, Gunda Höppner, Wilfried Steller – v.l.n.r.
Foto: Oeser

Und so war es dann auch: Sachkenntnis, Meinungsvielfalt, der Kontakt zur Stadt und ein Gespür für aktuelle religiöse Themen kennzeichnen „Evangelisches Frankfurt“ bis heute. Die Redaktion nimmt sich bei ihren wöchentlichen Treffen viel Zeit für engagierte Diskussionen. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Frage: Was interessiert unsere Leserinnen und Leser?

  • Information: Wer Kirchensteuern bezahlt, hat ein Recht darauf, zu erfahren, was mit diesem Geld geschieht. Daher gibt es immer wieder Berichte über neue Einrichtungen, Projekte und Initiativen der Frankfurter Kirche.
  • Sachkenntnis: Journalistinnen, Pfarrer und kirchliche Medienexperten arbeiten in der Redaktion zusammen. Professionalität beim Zeitungsmachen ist daher genauso garantiert wie eine genaue Kenntnis kirchlicher Strukturen und theologischer Hintergründe.
  • Meinungsvielfalt: Heiße Eisen sind kein Tabu. „Evangelisches Frankfurt“ diskutiert aktuelle Themen kontrovers – hier kommen die verschiedenen Argumente zu ihrem Recht. Zum Beispiel auf der regelmäßigen Seite „Pro und Contra“.
  • Regionalbezug: Kirchliches Leben wird dort konkret, wo die Menschen leben, in der Stadt, in der Nachbarschaft, in der Gemeinde. Kommunalpolitik, Stadtteilinitiativen und aktuelle Frankfurter Ereignisse sind daher wichtige Bezugspunkte für „Evangelisches Frankfurt“.

    Zahlen und Fakten

  • „Evangelisches Frankfurt“ erscheint sieben Mal im Jahr in einer Auflage von 120.000 Exemplaren.
  • „Evangelisches Frankfurt“ wird per Post an alle Haushalte verschickt, in denen mindestens ein Mitglied evangelisch ist, sowie an alle anderen Interessierten, die die Zeitung beziehen möchten. Außerdem liegt es an verschiedenen Stellen aus, zum Beispiel im Foyer des Dominikanerklosters oder in der Katharinenkirche.
  • „Evangelisches Frankfurt“ kostet, inklusive Druck, Porto und Redaktionskosten, nur rund 1,60 Euro pro Jahr und Kirchenmitglied – eine Investition, die sich lohnt.

vangelisches Frankfurt Okt 2006

„Kirchlicher Beitrag unverzichtbar“

Horst Hemzal übernimmt im neuen Magistrat das Amt des Kirchendezernenten – wie auch schon in der vergangenen Legislaturperiode. Das Amt hat in Frankfurt historische Wurzeln. „Evangelisches Frankfurt“ befragte den CDU-Politiker zu seinen Aufgaben.

Herr Hemzal, Sie sind Stadtkämmerer und Kirchendezernent. Sind die beiden Ämter in einer Person vereinigt, weil die Kirchen Geld brauchen?

Horst Hemzal

Horst Hemzal

Oberbürgermeisterin Petra Roth übertrug mir die Aufgaben des Kirchendezernenten 1999 zeitgleich mit den Aufgaben des Sozialdezernenten. Die Koppelung der Funktionen Stadtkämmerer und Kirchendezernent ist also nicht zwangsläufig. Aufgabe des Kirchendezernenten ist die Erfüllung der Pflichten der Stadt aus den Dotationsurkunden von 1829/ 1830. Mit den Zugeständnissen in diesen Urkunden sicherte die damalige Freie Reichsstadt Frankfurt die Überlebensfähigkeit von evangelischer und katholischer Kirche, die nach der Säkularisation den größten Teil ihres Vermögens verloren hatten. Den heutigen Geldbedarf der Kirchen deckt das bei weitem nicht.

Nur etwa jeder zweite Frankfurter gehört einer christlichen Kirche an. Braucht die Stadt da einen Kirchendezernenten?

Dass nur noch wenig mehr als fünfzig Prozent der Bevölkerung einer christlichen Kirche angehören, hat keine Auswirkung auf die Aufgaben des Kirchendezernenten. Der Kirchendezernent ist in erster Linie verantwortlich für die Bauunterhaltung der im städtischen Eigentum befind­ lichen Dotationskirchen. Diese sind – ich nenne die evangelischen Kirchen zuerst – die Alte Nikolaikirche, Dominikanerkloster mit Heiliggeistkirche, Dreikönigskirche, St. Katharinenkirche und St. Peters­ kirche. Die katholischen Dotationskirchen sind St. Bartholomäusdom, St. Leonhardskirche und Liebfrauenkirche. In den schon erwähnten Urkunden hat sich die Stadt unter anderem verpflichtet, diese Kirchengebäude – einschließlich Glocken und Orgeln – dauerhaft in gutem Zustand zu er­ halten und den jeweiligen Gemeinden zum kostenlosen Gebrauch zu überlassen. Für die Kirchen ist es nach meinem Eindruck sehr angenehm, einenfesten Gesprächspartner im Magistrat zu haben.

Worin sehen Sie den Beitrag der Kirchen zu einer bürgerlichen Gesellschaft?

Die bürgerliche Gesellschaft hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts sehr verändert. Vorbei ist die Zeit, in der bürgerliche Gemeinde und kirchliche Gemeinde praktisch identisch waren. Die heutige Gesellschaft ist geprägt durch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft. In Frankfurt leben derzeit Menschen, die etwa 170 Nationalitäten und mehr als 140 verschiedenen Religionsgesellschaften angehören. Den kirchlichen Beitrag zum friedlichen Miteinander und zur Integration dieser Menschen halte ich für unverzichtbar und für eine großartige Leistung.

Was bedeutet Ihnen persönlich dieses Amt?

Ich bin ein religiöser Mensch. Die Übernahme der Funktion des Kirchendezernenten war mir Freude und nicht Belastung. Ich nehme immer wieder an großartigen kirchlichen Veranstaltungen teil und kann so Eindrücke von der Qualität der Arbeit in einzelnen Gemeinden erlangen. Außerdem treffe ich häufig interessante Menschen aus dem kirchlichen Umfeld, was mir stets eine willkommene Bereicherung ist.

Fragen: Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Sept 2006

Dabeisein ist nicht alles

Es gibt viele Gründe, sich über die Fußball-Weltmeisterschaft zu freuen. Da wird es spannende Spiele geben, da werden die Apfelweinlokale in Sachsenhausen überlaufen. „Zu Gast bei Freunden“ heißt das ambitionierte Motto, und es schließt auch die Geschäftstüchtigkeit der Gastgeber mit ein. Jeder will mit verdienen oder doch wenigstens mit dabei sein. Auch die Kirche. Manche Aktion schießt dabei jedoch über das Ziel hinaus.

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Laufwunder, Himmelsstürmerin, Kabinenprediger: Die Aufschriften auf den T-Shirts des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik ziehen augenzwinkernd eine Parallele zwischen Fußball und Religion. – Foto: Hansisches Druck- und Verlagshaus

Man stelle sich vor: Hunderte von Schlachtenbummlern kommen in Trikots in die Stadien. Nein, nicht in Trikots ihrer Lieblingsmannschaft, sondern in weißen T-Shirts mit Aufschriften wie „Himmelsstürmerin“, „Laufwunder“ oder gar „Kabinenprediger“. Und damit man auch erkennt, dass sie alle zusammengehören, tragen sie nach dem Willen des solche Utensilien feilbietenden Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik auch noch eine Kappe mit der Aufschrift „Fangemeinde“.
Gemeinsam mit dem Magazin „Chrismon“ versucht die Evangelische Kirche in Deutschland auf den WM-Zug aufzuspringen und hat dafür unter www.fangemeinde-ekd.de sogar eine eigene Internetseite inklusive Online-shop eingerichtet. Weitere Fußballprodukte von Tassen bis zum Fußballmagnetspiel werden angeboten. Besonders praktisch und ganz ohne religiöse Doppeldeutigkeit ist etwa der „Soccer-Hocker“: Damit wird angeblich jeder Bierkasten zur „komfortablen Sitzgelegenheit“.
Fußball und Religion. Sie haben in der Tat ja so manches gemeinsam. Da sind vor allem die Rituale. Für manchen Fan beginnt der Spieltag mit dem feierlichen Anlegen der Kluft, die er aus einer Art Schrein holt. So gewandet schreitet er unter Absingen „heiliger“ Lieder quasi prozessionsartig in die Kathedrale des Sports, das nagelneue WM-Stadion.
Aber kann man daraus wirklich, wenn auch ironisch augenzwinkernd, auf inhaltliche Parallelen schließen? Zahlreiche Soziologen haben die Gemeinsamkeiten von Fußball und Religion beschrieben. Die Analyse ist eindeutig. Fußball ist eine Art Pseudoreligion. Pseudo deshalb, weil dem Fußball – anders als den echten Religionen – die befreiende Heilsbotschaft fehlt. Der Mainzer Weltanschauungsbeauftragte Eckhard Türk drückt es in einem Beitrag für „Publik Forum“ so aus: „Wirkliche Religionen wollen den Menschen mit einer ihn und die Welt restlos übersteigenden und unüberbietbaren Wirklichkeit in Beziehung bringen, die das wirkliche Heil für den Menschen bedeutet.“ Beim Fußball ist das aber anders. Bei diesem Kult geht es nicht darum, sich mit einer höheren Macht in Verbindung zu setzen. Vielmehr muss man das Heil erst selbst herstellen, um dann auf dieses zu vertrauen. Nur wer Tore schiesst, wird hier als Held gefeiert.
In der überschäumenden Freude auf die Weltmeisterschaft und angetrieben von dem Wunsch, bei diesem Mega-Event auch dabei zu sein, scheinen einige in der Kirche ihre eigene Heilsbotschaft aus den Augen und das rechte Maß verloren zu haben. So wird auf der Internetseite des hessen-nassauischen WM-Pfarrers, der für ein ganzes Jahr von seinen Gemeindepflichten frei gestellt wurde, das (Facetten-)Kreuz in einen Fußball eingepasst, ganz so, wie die Telekom den Berliner Funkturm als magentafarbenen Fußball hat dekorieren lassen. Und auch nur bedingt lustig ist das Wörterbuch auf der Startseite von www.kirche-spielt-mit.de: Da wird die Vereinshymne zum Choral, die Fans werden zu Gemeindemitgliedern und das Gebet zur Kommunikation mit höheren Mächten vor einem Elfmeter.
So werden die eigenen Inhalte banalisiert. Im Fußball heisst das Eigentor.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Mai 2006

Die Zehn Gebote für Kids

Kika und Kirche starten gemeinsames Projekt

Man kennt dies schon. An den großen christlichen Festen kommen die monumentalen Bibelverfilmungen. Doch dieses Mal hat sich der Kinderkanal in Zusammenarbeit mit der evangelischen und katholischen Kirche etwas Besonderes einfallen lassen. In einer Kurzfilmserie will er die Bedeutung und Werthaltung der Zehn Gebote aufzeigen. Ausgestrahlt wird die Serie ab Ende März jeweils am Sonntagvormittag; bereits ab Mai gibt es dann die DVD im Handel. Ausgangspunkt sind Geschichten um die 11-jährige Marie und ihren geliebten Hund Amos. Beide sind fremd in einer neuen Stadt. Marie kommt in eine neue Schule und will schnell Freunde finden. Dafür ist sie bereit, als Mutprobe für die Aufnahme in eine Clique ihren vierjährigen Terrier zu opfern. Als das Mädchen ihren Fehler erkennt, ist der kleine Streuner bereits verschwunden. Gemeinsam mit ihrer Freundin Nadja begibt sie sich auf die Suche. Solche Konfliktsituationen machen die in den Geboten enthaltenen Botschaften für die Zielgruppe von sechs- bis zwölfjährigen Kindern erstmals in einer Spielfilmreihe erlebbar. Die Internetseite (unsere-zehn-gebote.de) bietet Hintergrundinformationen zu den Geboten selbst, zu den Kurzfilmen und Zusatzmaterial wie Links und Online-Spiele. So kann man nachlesen, wie ein Spielfilm entsteht und sich eine echte Drehbuchseite ansehen. Über die Schauspielerinnen und Schauspieler finden sich ebenso Informationen wie über den Hund „Amos“, der in allen Filmen eine wichtige Rolle spielt. Die Seite wird ergänzt durch ein eigenes Angebot für Erwachsene. Vor allem Lehrerinnen und Lehrer oder Leiter von Konfirmandengruppen können von den dort angebotenen Arbeitshilfen profitieren.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt April 2006

Das Leben ins Mikrofon erzählt

Brigitte Babbe geht seit 25 Jahren für die Kirche beim HR auf Sendung

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Brigitte

Babbe

wer durch Alt-Griesheim fährt, dort, wo sich die Häuser dem Main entgegenducken, glaubt kaum, dass hier eine Frau wohnt, die gerade ihr 25-jähriges Mikrofon-jubiläum feierte. Die Kirchensendungen des Hessischen Rundfunks finden ihre Zuhörerinnen und Zuhörer. Viele Tausend sind es, die Brigitte Babbe auf HR 4 hören. Etwa dreimal im Jahr gestaltet sie je-weils eine Woche lang die Rubrik „Übrigens“, christliche Gedanken für den Tag.
Brigitte Babbe legt Wert darauf, dass alle Geschichten, die sie dort erzählt, wahr sind. Etwa die Begebenheit vom „Mittwochskuchen“: Freundin Inge fährt jeden Mittwoch zur Tante und bringt ihr einen Butterkuchen mit, den sie auf dem Bornheimer Wochenmarkt kauft. Bäcker und Kundin verstehen sich auch ohne Worte. Das wöchentliche Kaufritual bedarf keiner Worte mehr. Das Fazit von Brigitte Babbe: „Zwei Menschen verstehen sich mit ganz wenigen Worten – eigentlich ohne Worte. Beide sind sicherlich keine redseligen Menschen. Aber ihnen gelingt eine freundliche, zugewandte Verständigung.“ Und sie fügt als Fürbitte hinzu: „Ach Gott, hilf mir, dass mich Menschen verstehen, für die ich zu viele Worte mache.“
Mit Fug und Recht darf man der 70-Jährigen bescheinigen, dass sie sich den Menschen zuwendet, ihnen zuhört, aber auch selbst Stellung bezieht. Dabei half und hilft ihr sicherlich ihre berufliche Erfahrung als Zuständige für berufliche Rehabilitation und Schwerbehindertenvermittlung im Frankfurter Arbeitsamt.
Zur Rundfunkarbeit kam sie eher zufällig. Ironisch merkt sie über jene Zeit an, dass man damals wohl mindestens Propst hätte sein müssen, „und vor allem ein Mann“. Sie jedoch war Frau und zudem eine, die nicht Theologie studiert hatte. Immerhin: Sie durfte Artikel für den Gemeindebrief, damals der Paulsgemeinde, schreiben. Einer davon fiel dem damaligen Rundfunkbeauftragten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Joachim Schmidt, in die Hände – und er war begeistert. Er schlug Babbe als Rundfunkautorin vor. In der Kirche stieß er zunächst auf eisige Ablehnung. Frau, Nicht-Theo­ lo­ gin und dazu noch in der CDU – das war für die EKHN der siebziger Jahre zuviel. Man einigte sich schließlich auf einen Versuch. Es klappte wunderbar.
Brigitte Babbe ist eine Frau, die etwas in der Welt bewegen will. Sie war in Frankfurt Vorsitzende der Frauen-Union und ist jüngst zur Ehrenvorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises der CDU ernannt worden. Wenn man so im gut bürgerlichen Wohnzimmer sitzt, den Kaffee genießt, den Geschichten zuhört (und davon hat sie viel mehr, als sie im Radio erzählen kann), dann spürt man etwas von der gottesfürchtigen Kraft dieser Frau. Es klingelt, und der ehemalige Gemeindepfarrer schaut herein. Natürlich war Brigitte Babbe viele Jahre im Kirchenvorstand, war Vorsitzende desselben und hat dann so ziemlich alle Ämter bekleidet, die man ehrenamtlich ausfüllen kann. Sie ist Prädikantin, gehörte den Synoden der Landeskirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland an und ist bis heute im Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt. Diese Arbeit schätzt sie besonders. Aber: „Mein schönstes Ehrenamt ist das der Prädikantin.“
Man glaubt es ihr ohne Nachfrage, denn auf der Kanzel hat sie mehr Zeit, ihre vielen spannenden Geschichten von Menschen und von Gottes Wirken zu erzählen. Und keine davon ist erfunden.
Kurt-Helmuth Eimuth, Evangelisches Frankfurt 2006