Gute Betreuung braucht Vertrauen

Die Bundesregierung hat einen Rechtsanspruch auf die Betreuung von unter Dreijährigen eingeführt. In gut fünf Jahren müssen alle Kommunen ausreichend Plätze für Kleinkinder bereithalten. Das bedeutet allein für Frankfurt, dass bis zum Jahr 2013 etwa 6000 neue Krabbelstubenplätze geschaffen werden müssen.

Schon in den vergangenen Jahren hat die Stadt Frankfurt in diesem Bereich enorme Anstrengungen unternommen und jedes Jahr 300 neue Plätze im Krippenbereich geschaffen. Doch nun wird ein ganz anderes Tempo vorgelegt werden müssen. Frankfurt kann nämlich nicht, wie andere Regionen Deutschlands, darauf hoffen, dass die Kinderzahl rückläufig ist. Im Gegenteil: Seit Jahren steigt die Zahl der Geburten. Frankfurt ist nicht nur eine kinderfreundliche Stadt, sondern verfügt auch über eine vergleichsweise hohe Zahl von Arbeitsplätzen, weshalb gerade junge Menschen hierher ziehen. Vor allem in den innenstadtnahen Quartieren sind Kinderbetreuungsplätze ebenso rar wie begehrt.

Die notwendige planerische Herausforderung beim Neubau von Einrichtungen darf dabei aber nicht darüber hinweg täuschen, dass der Ausbau von Krippenplätzen vor allem eine pädagogische Herausforderung ist. Aus gutem Grund nämlich beginnt der Kindergarten normalerweise erst mit drei Jahren. In diesem Alter können Kinder die Trennung von zuhause und den Wechsel der Bezugsperson meist leicht verkraften, ohne dass große pädagogische Anstrengungen notwendig sind. Jüngere Kinder hingegen bedürfen einer viel stärkeren emotionalen Bindung. Das heißt, die Betreuerinnen in Krabbelstuben müssen viel intensiver auf die Kinder eingehen als in Kindertagesstätten.

Sprache, soziales Verhalten, Bewegungsabläufe – das alles wird in dieser Lebensphase durch Nach­ ­ ahmung gelernt. Dieser Prozess bedarf des Vertrauens zwischen zwei Menschen, zwischen Kind und Betreuungsperson. Nur wer sich intensiv auf das Kind einlässt, fördert es.

Dies hat schon in den 1930er Jahren die ungarische Ärztin Emmi Pikler erkannt. Sie entwickelte, ursprünglich für die Kinder von TBC-kranken Müttern, ein Programm der „achtsamen Pflege“ und der „freien Bewegungsentwicklung“, das auf solche emotionalen Aspekte Rücksicht nimmt und noch heute wertvolle Anregungen für die Betreuung der Kleinsten gibt. Die Krabbelstuben des Diakonischen Werkes für Frankfurt arbeiten zum Beispiel nach dem Ansatz von Emmi Pikler.

So sollte etwa das Wickeln weder für das Kind noch für die Erwachsenen eine lästige Prozedur sein, sondern eine Zeit des intensiven und vergnügten Beisammenseins. Das klingt einfach, ist aber schon im familiären Alltag nicht immer zu verwirklichen. Umso schwieriger in der Krippe. Vor allem Zeit ist gefragt: Behutsam das Händchen waschen oder die Jacke achtsam anziehen, das erfordert mehr als die schnelle Versorgung des Kindes.

Um die Betreuung und Bildung der Kleinsten zu ermöglichen, sind deshalb sowohl eine spezielle pädagogische Kompetenz nötig als auch entsprechende Ressourcen. Vor allem müssen die Erzieherinnen über die notwendige Zeit – und das heißt auch, Arbeitszeit – verfügen, um eine echte Bindung zu den Kindern her­ stellen zu können. Wer Ja zum Rechtsanspruch sagt, muss Qualität garantieren. Denn nur gute Betreuungseinrichtungen sind ein Gewinn für Kinder, Eltern und Gesellschaft.

Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt Sept 2007

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