Archiv für 19. November 2008

Erziehunghspartnerschaft und Nestwärme

19.11.2008

Kurt-Helmuth Eimuth

Besonders an den bevorstehenden Tagen steht Familie wieder hoch im Kurs.

In den evangelischen Krabbelstuben und Kindertagesstätten steht das ganze Jahr mit dem Kind die Familie im Mittelpunkt.

Familie ist ein Gefühl.

Nicht nur die Personen der Ursprungsfamilie sind „Familie“, sondern die Menschen, denen das Kind vertraut. Dahinter verbirgt sich das Gefühl der Nestwärme, des Ankommens, des Geborgenseins und Dazugehörens.

In der Eingewöhnungsphase in den Krabbelstuben und den Kindertagessstätten legen wir einen ganz besonders hohen Stellenwert auf eine gute Entwicklung der Bindung. Die Kinder sollen bei uns „sicher gebunden“ sein – das Gefühl von „hier bin ich sicher und angenommen“ steht im Fokus.

Ohne dieses Familiengefühl ist Bildung nicht möglich. Wenn die Kinder sich unsicher fühlen, haben sie keine Kapazitäten, sich anderen Dingen als dem Angstgefühl zu widmen.

Die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern ist auch deshalb so wichtig, weil sich das Gefühl „Familie“ in den Einrichtungen fortsetzen muss.

Gerade die Ganztagskinder verbringen den größten Teil ihrer Woche in unseren Einrichtungen. D.h. ohne die Nestwärme, die mit dem Gefühl Familie verbunden ist, ist eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung mit den bestmöglichen Bildungsangeboten nicht möglich.

Es kommt also auf die Bindung an. Auf das Vertrauen zur Mutter, zum Vater, zu den Großeltern, zu den Geschwistern. Zur Familie gehören oftmals auch Stiefbruder und Stiefschwester, der Lebenspartner der Mutter oder eben die neue Lebenspartnerin des Vaters sowie Kinder aus anderen Beziehungen der Eltern. Das Erscheinungsbild der modernen Patchworkfamilie ist bunt geworden.

Tobi erlebt in diesem Jahr sein erstes Weihnachtsfest. Gemeinsam mit seinem Bruder Emil wird er ganz klassisch den Heiligen Abend mit Gang zur Kirche und anschließender Bescherung erleben. Und wie es seine Eltern gewohnt sind, so werden sie diesen besonderen Abend im Jahr bei den Großeltern verbringen. Und sicher werden diese die beiden Kleinen mit Geschenken überhäufen. – Ein Privileg von Großeltern.

Anna kann es gar nicht mehr erwarten in die Schule zu kommen. Sie wünscht sich so sehr einen Schulranzen. Ob diesen das Christkind bringt? Anna wird mit ihrer Mutter den Heiligen Abend verbringen und freut sich natürlich auf die Geschenke. Sie mag aber auch das Feierliche. Und natürlich freut sie sich auf die Besuche. Am ersten Feiertag wird sie bei ihrem Vater und dessen neuer Familie sein. Und sicher wird es wieder sehr lustig mit Silke. Silke ist so alt wie sie selbst. Und sie verstehen sich inzwischen wirklich gut.

Leonie spürt mit ihren fünf Jahren schon längst, dass da womöglich etwas nicht stimmt. Oma und Opa tun immer so geheimnisvoll. Die Oma wird wieder aufgeregt den ganzen Tag hin und her laufen, Opa saust den ganzen Morgen zwischen Keller und Wohnzimmer hin und her und dann wenn die ganze Familie, die gemeinsam in einem Haus am Frankfurter Stadtrand lebt, schließlich nach dem Gottesdienst in der Etage der Großeltern versammelt ist, wird das Christkind klingeln. Und dann gibt es endlich Geschenke.

Munter geht es bei Max und Emma zu. Hier wird es wirklich eng. Nicht nur weil sowieso in der Familie schon vier Kinder gibt. Die Mutter von Max und Emma hat wieder geheiratet. Und so gibt es eben nicht nur Max und Emma sondern eben auch Niklas und Lara. Und für Max und Emma ist es nichts Besonderes, dass an Festtagen eben auch der Papa mit seiner neuen Partnerin da ist. Und während die Erwachsenen tafeln werden die vier sicher mit den Geschenken spielen können. – Hoffentlich gibt es nicht wieder so viele Anziehsachen.

Faritah beneidet die christlichen Kinder ein wenig. Sie kennt natürlich die Geschichte von Jesu Geburt. Sie hat sie im Kindergarten gehört. Und natürlich hat sie bei der Weihnachtsfeier mitgemacht, hat gesungen und geklatscht und von den köstlichen Plätzchen genascht. Und weil es so schön ist, hat ihr Vater in ihrem Zimmer eine Lichterkette ans Fenster gehängt. Eigentlich ist Weihnachten ja im Islam kein Familienfest. Aber da es nun zwei Feiertage gibt wird man sich mit der ganzen Familie treffen. Mit den Omas und Opas, mit den Onkels und Tanten und mit den Nichten und Neffen. Das wird sicher ein richtiges Fest.