Archiv für 29. Januar 2001

Brundibar

29. 1. 01 Heilig Geist, Frankfurt

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied: EG 295, 1-4

Wohl denen die da wandeln

Votum:

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist die schöpferische Kraft,

die alles Leben werden läßt.

Jesus Christus ist die heilende Kraft,

die zusammenhält, was auseinandergefallen ist.

Gottes Geist ist die tragende Kraft,

die hält, was zu fallen droht.

Psalm 23, Nr. 711 im Wechsel

Der Herr ist mein Hirte,

mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue

Und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße um seines

Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,

fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir,

dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch

Im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl

Und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen

Mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des Herrn

immerdar.

Eingangsgebet:

Wir stehen vor dir, Gott

Eingebunden in unsere Welt,

umgeben von unserem Alltag,

gefordert von der Verantwortung, die wir tragen.

So viel Unterschiedliches umgibt uns,

so viele Anforderungen werden an uns gestellt,

da ist es manchmal nicht einfach, die Orientierung zu behalten –

oder überhaupt erste eine zu finden.

Die Sehnsucht ist da eine Richtung zu erkennen,

an die wir uns halten und auf die wir uns verlassen können.

In unserer schnellebigen Zeit

Suchen wir Beständigkeit und dauerhafte Ziele.

Wir stehen vor dir, Gott,

mit unseren Erfahrungen und Träumen,

mit unserer Realität und unseren Hoffnungen.

Vor dir können wir sie bestehen lassen und ernst nehmen. Amen.

Lied: EG 613, Freunde, daß der Mandelzweig

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit einigen Jahren erinnern wir uns am 27. Januar der Verbrechen des Holocaust. Gestern Abend demonstrierten Künstler gegen Gewalt und Hass von Rechts. Gerade in einer Zeit, in der die Überlebenden des Holocaust immer weniger werden, bedarf es der Erinnerung.

Eine besondere Form der Erinnerung ist die Aufführung der Kinderoper „Brundibar“. Seit sechs Jahren wird sie alljährlich aufgeführt. Brundibar erzählt – verpackt in der hinreisenden Musik des tschechisch-jüdischen Komponisten Hans Kra´`sa – die Geschichte von Aninka und Pepicek, die Milch für ihre kranke Mutter holen wollen. Da sie kein Geld haben, versuchen sie es mit Straßenmusik – wie der Leierkastenmann Brundibar, der mit immer demselben Lied den Leuten den Kopf verdreht. Aber Brundibar verjagt die Kinder. Wie sich für ein schönes Kinderstück gehört, setzen sich natürlich die Guten durch. Aninka und Pepicek gelingt es Brundibar zu überlisten.

Hinter der fröhlichen Kindergeschichte steckt freilich mehr: Brundibar – das ist auch die Oper von Theresienstadt. Und als solche voller mutiger und ermutigender Anspielungen auf den Widerstand gegen das NS-Regime und andere Gewaltstrukturen. 55 mal wurde die Kinderoper 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt von Kindern des Prager jüdischen Waisenhauses für ihre Leidensgenossen gespielt. Dann aber wurden die meisten der mitwirkenden Kinder und auch der Komponist Hans Kra´sa nach Ausschwitz deportiert und ermordet.

Trotz der unglaublichen Zustände war die Oper für die Kinder von hoher Bedeutung. Eine Überlebende berichtete, daß für sie die Musik wichtiger war als Brot. Die Aufführungen bedeuteten Ablenkung vom KZ-Alltag. Sie demonstrieren ebenfalls, daß Menschen in verzweifelter Situation ihre Hoffnung nicht aufgeben.

Wie stark der Ausdruck dieser Oper ist zeigt sich in dem Wiegenlied. Der Text lautet:

Mutter wiegt sanft ihr Kind,

denkt wie die Zeit verrinnt,

noch ist es klein doch wird es bald erwachsen sein.

Wenn ein Vogel flügge wird,

ist das Nest bald zu klein,

sucht sein Glück, fliegt allein

nichts hält ihn zurück.

Alles wächst und vergeht,

weil die Zeit niemals steht,

weil die Welt sich immer dreht.

Mutter es ist so weit,

aus ist die Kinderzeit,

denkst du daran, wie schnell sich alles ändern kann?

Leer steht unser Kinderbett,

wir geht fort, aus dem Haus,

in die Welt ziehn hinaus,

tun was uns gefällt.

Alles wächst und vergeht,

weil die Zeit niemals steht,

weil die Welt sich immer dreht.

Doch neues Glück beginnt,

auch wenn die Zeit verrinnt,

in meiner Wiege träumt schon bald dein Enkelkind.

Ich darf Ihnen gerade mal dieses kurze Lied vorspielen.

Was für ein hoffnungsvoller Text mitten im Elend. Und sicher ahnten oder wußten sie gar, dass in Ausschwitz nur der Tod auf sie wartete.

Es ist gut, dass auch heute noch 56 Jahre nach Beendigung des Krieges die heutigen Kinder von diesem Schicksal erfahren. Dass sie sich Auseinanndersetzen mit dem Unrecht auf dass es solches nie wieder bei uns gibt. Auch das macht Mut.

Lied: EG 599, Selig seid ihr

Mitteilungen

Gebet:

Gott, Quelle der Weisheit

Wir danken für die Momente der Klarheit, die wir erleben,

für den echten Glanz, den wir sehen,

für deine Gegenwart.

Wir bitten dich,

laß uns deine Gegenwart auch in unserer Gemeinschaft erleben:

in unserer Kirche,

daß wir gemeinsam Worte finden für das, was uns bewegt,

in unserem Land,

daß wir uns auf deinen Zuspruch von Frieden und Gerechtigkeit besinnen,

in unserer Gemeinde,

daß wir die Höhen und Tiefen unseres Weges begreifen.

Wir denken an unser eigenes Leben,

was uns fehlt, was wir ändern wollen.

Daß wir unser Leben verantwortungsvoll gestalten,

anderen und uns selbst Freude schenken können,

darum bitten wir.

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

Und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott segne uns und behüte uns

Gott gebe uns Liebe, wo Haß ist,

Kraft, wo Schwachheit lähmt,

Toleranz, wo Ungeduld herrscht,

Offenheit, wo alles festgefahren scheint.

So sei Gottes Segen mit uns allen,

beflügle unsere Hoffnung

und begleite uns wie ein Licht in der Nacht. Amen.

Lied: 421 Verleih uns Frieden