Tag Archiv für Kita

Nicht nachlassen, Herr Becker!

Evangelisches Frankfurt März 2012

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser 

Der Ausbau der Kinderbetreuung geht langsamer voran als geplant. Die Gründe sind vielfältig, auch nachvollziehbar und doch kann das Eltern nicht trösten, die verzweifelt einen Betreuungsplatz für ihr Kind suchen. Besonders prekär ist die Lage in Frankfurt bei den ganz Kleinen und den Großen: Vor allem Krippen- und Hortplätze sind rar.

Grund ist der Geburtenanstieg und der Zuzug junger Familien nach Frankfurt: Jedes Jahr wächst die Zahl der Kinder um etwa 400. Frankfurt ist eben eine Kinderstadt. Und das nicht nur in den Neubaugebieten wie etwa dem Riedberg. Besonders beliebt bei jungen Familien sind auch das Nordend, das Ostend und Sachsenhausen.

In der Summe hat die Stadt seit 2003 bereits weit über 8.000 Kinderbetreuungsplätze neu geschaffen. Eine gewaltige Anstrengung und ein gewaltiges finanzielles Engagement. Jetzt hat der Kämmerer die Reißleine gezogen. Nicht mehr für jedes zweite Kind soll ein Krippenlatz zur Verfügung stehen, sondern nur noch für vierzig Prozent. Mit Recht kann Uwe Becker auf die fehlenden Immobilien, auf fehlende Fachkräfte und auf die erschöpfte Bundesförderung verweisen. Ist zwar nachvollziehbar, war aber vorhersehbar.

Es bleibt also die Frage: Wie will die Stadt den Rechtsanspruch auf eine Betreuung auch der Jüngsten ab dem 1. August 2013 erfüllen? Oder wird sich die Politik aus der Verantwortung stehlen, in dem sie schnell noch eine Übergangsregelung erlässt? Eltern und Gesellschaft haben ihre Einstellung zur Kinderbetreuung in den letzten Jahren verändert. Die hohe Akzeptanz wird dazu führen, dass selbst die jetzt nicht erfüllten Planzahlen dem tatsächlichen Bedarf hinterherhinken.

Die familiäre Planung geht heute davon aus, dass nach der Elternzeit ein Krippenplatz, dann ein Kindergartenplatz und mit der Einschulung eine entsprechende Betreuung in der Schule oder im Hort zur Verfügung steht. Nur so kann eine Berufstätigkeit beider Eltern ermöglicht werden.

Eine Gesellschaft, die demnächst unter einem dramatischen Fachkräftemangel leiden wird, kann es sich nicht leisten, Eltern hier kein attraktives Angebot zu machen. Wir brauchen mehr und wir brauchen sehr gute Kinderbetreuungseinrichtungen. Hier darf nicht gespart werden. Der Kinder wegen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Nachlassen, Herr Becker, gilt nicht.

Kurt-Helmuth Eimuth

Richtfest in der Wartburggemeinde

Richtfest in der Wartburggemeinde 

Ortstermin in der Bornheimer Wartburggemeinde, 1. Dezember, 14 Uhr. Der Rohbau der neuen Krabbelstube ist fertig, die erste Etappe geschafft. Der Richtkranz hängt. „Maurer und Zimmerleut haben keine Mühe gescheut“, verkündet der Polier, was Pfarrer Thomas Diemer bestätigt: „Es wurde bei Regen, Sonne, Schnee, Sandsturm gearbeitet, einmal sogar nachts bei Lampenschein.“ Und himmlische Unterstützung war ebenfalls vorhanden. „Wo der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wo der Herr nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst“, zitiert Pfarrer Diemer aus Psalm 127.

Auf diese Weise ist mit viel Engagement und Gottes Hilfe auf dem Grundstück in der Hartmann-Ibach-Straße neben Kirche, Pfarrhaus und Gemeindezentrum ein zweistöckiger Bau entstanden, der sich harmonisch einfügt, es bleibt viel Platz für ein Freigelände, insgesamt ein gelungenes Ensemble. Das Ambiente wird abgerundet durch einen kleinen städtischen Park. „Die eigentliche Sensation ist ja: Das ist eine Idylle wie auf dem Land. Wir sind hier im Grünen und das mitten in Bornheim,“ sagte der Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werkes für Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes, Kurt-Helmuth Eimuth.

In den nächsten Monaten wird das Projekt fertiggestellt, viel Glas soll verwendet werden, für helle sonnendurchflutete Räume. Die Kosten für das Vorhaben belaufen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Bauherr ist der Evangelische Regionalverband Frankfurt. Ab dem Spätsommer 2012 wird dann die neue Krabbelstube einziehen, fünf Gruppen für Ein- bis Dreijährige, für insgesamt 50 Kinder, sind geplant. Der Bedarf ist vorhanden, wie die Entwicklung im Stadtteil zeigt. Von 30 Taufen im Jahr 2011 berichtet Pfarrer Diemer. Ein Rekord in seiner Amtszeit.
Barbara Kernbach
Evangelisches Frankfurt via facebook 4. Dezmeber 2011

Richtfest    Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Wartburggemeinde feiert Richtfest der Krabbelstube: Große Nachfrage nach den 50 Betreuungsplätzen

Frankfurter Neue Presse 2,12.2011

Wartburggemeinde feiert Richtfest der Krabbelstube: Große Nachfrage nach den 50 Betreuungsplätzen

Richtfest

Richtfest der Kita der Wartburggemeinde in Frankfurt-Bornheim Foto: Eimuth

Auf dem Gelände der evangelischen Wartburggemeinde entsteht derzeit ein Neubau für eine Krabbelstube. Der Abschluss der Rohbauarbeiten wurde gestern mit einem Richtfest gefeiert. Die Baukosten betragen 2,45 Millionen Euro.

Von Alexandra Flieth

Nordend. Auch die Kleinen vom Kindergarten waren gekommen und feierten gestern das Richtfest für die neue Krabbelstube der Wartburggemeinde. Foto: RüfferNeugierig und mit großen Augen blicken die Mädchen und Jungen des Kindergartens der evangelischen Wartburggemeinde nach oben und beobachten, wie der Kran den Richtkranz in die Höhe zieht. Zwar sind die Knirpse schon zu alt für die neue Krabbelstube auf dem Gemeindegelände in der Hartmann-Ibach-Straße 108, doch Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren werden im Stadtteil dringend benötigt.

Liste mit Anfragen

Bei einer Abdeckung von 19 Prozent im Nordend sind die vorhandenen Plätze sehr begehrt und die Wartelisten bei den entsprechenden Einrichtungen lang. Kein Wunder, dass sich nicht nur Pfarrer Thomas Diemer von der evangelischen Wartburggemeinde über den Neubau der Kindertagesstätte auf dem Kirchengelände freut. „Obwohl der Rohbau gerade erst fertiggestellt wurde, gibt es bereits eine Liste mit Anfragen von Eltern, die ihre Kinder anmelden möchten“, schildert er. 50 Betreuungsplätze für Mädchen und Jungen von 0 bis 3 Jahren, verteilt auf fünf Gruppen, soll es künftig hier geben. „Der Verlauf der Bauausführung ist absolut im Zeitplan. Gut sechs bis sieben Monate wird es noch bis zur Fertigstellung dauern“, sagt der planende Architekt Ferdinand Heide.

Der Bau, der auf der Kirchwiese in direkter Nachbarschaft zur Kirche selbst gebaut wird, weist einige Besonderheiten auf: Die Außenwände sind zum Teil in einer Klinkersteinfassade errichtet. Des Weiteren sollen die Räume großzügig verglast werden und sind nach Süden hin ausgerichtet, damit viel Sonnenlicht hinein scheinen kann.

Es gibt ein Erdgeschoss und eine Etage. „Außerdem sei eine großzügige Freifläche geplant“, fügt Heide hinzu. Zudem ist im Neubau ein Foyer vorgesehen, das Raum für Gespräche ermöglichen soll. „Der Evangelische Regionalverband Frankfurt (ERV) macht beim Kita-Ausbauprogramm der Stadt mit“, sagt Kurt-Helmuth Eimuth, Leiter des Arbeitsbereiches Kindertagesstätten des Diakonischen Werks für Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes. „In der Wartburggemeinde bestand schon seit langem der Wunsch nach einer Kindertagesstätte für Mädchen und Jungen unter drei Jahren.“

Nur ein Kindergarten

Die evangelische Wartburggemeinde hat zurzeit nur einen Kindergarten für Mädchen und Jungen ab drei Jahren in der Eichwaldstraße 84, nicht weit von der Kirche und dem Gemeindehaus entfernt. Dort gibt es insgesamt 63 Plätze. Der Neubau der Krabbelstube ergänzt das Betreuungsangebot. „Uns liegt es sehr am Herzen, dass es eine enge Verbindung zwischen den Kindereinrichtungen und der Gemeinde geben wird.“ Gerade die Arbeit mit den Kindern und ihren Eltern sei in der Kirchengemeinde ein zentrales Anliegen. „Wir hatten in diesem Jahr 30 Taufen. Das ist die höchste Zahl seit Beginn meiner Tätigkeit hier vor 20 Jahren“, freut sich Pfarrer Diemer. „Ich finde es toll, dass sich die neue Einrichtung mitten im Stadtteil befindet und trotzdem im Grünen liegt. Das ist für die Kinder einfach sensationell schön“, findet Eimuth. Der Bedarf an Einrichtungen für unter dreijährige Kinder sei in Frankfurt riesengroß. Mit weiteren geplanten Bauprojekten für diese Altersgruppe werde der Regionalverband einen Beitrag zur Erhöhung der Abdeckung von Betreuungsplätzen in der Stadt leisten.

Kinder brauchen männliches Gegenüber

„Eltern sind wie Gott“

Eltern sind wie Gott“
Urvertrauen ist die Basis für Religiosität

Evangelisches Frankfurt Okt 2011
Frieder Harz bei seinem Vortrag über religiöse Prägungen vor Frankfurter Erzieherinnen. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Dass die ersten Lebensjahre prägend sind, ist keine neue Erkenntnis. Frieder Harz, emeritierter Religionspädagoge der Fachhochschule Nürnberg, hob aber auch die Bedeutung der ersten frühkindlichen Bindungen für die religiöse Prägung hervor. Vor den Teilnehmerinnen und Teilnehmern­ des Beratungsprojektes Kinder­tagesstätten des Diakonischen Werks für Frankfurt erläuterte Harz, dass für kleine Kinder ihre Eltern „Gott“ seien. „Ihr Angewiesen-Sein auf die primären Bezugspersonen ist elementar. Es hat in diesem Sinn religiöse Bedeutung.“

Harz greift damit eine Erkenntnis der Psychologie auf, wonach die Basis für ein positives Verhältnis zur Religion die Erfahrung eines unerschütterlichen Vertrauens zu den Eltern ist. Dieses Urvertrauen trägt Menschen ein Leben lang. Deshalb sei der behutsamen Eingewöhnung – vor allem in den Krabbelstuben – besonderes Augenmerk zu schenken. Religiöse Erziehung achte darauf, dass seine frühen Bindungen dem Kind einen guten Weg ins Leben eröffneten. Darauf aufbauend könne sich später das „Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit“ (Schleiermacher) auch auf ein umfassenderes Gegenüber beziehen.

Mit zunehmender Aneignung der Welt, mit dem (auch im wörtlichen Sinne) Begreifen der Welt, sei es die Aufgabe der religiösen Erziehung, diesen Prozess mit Deutungen zu begleiten, die dem Kind das Gefühl und später die Überzeugung geben, in der Welt aufgehoben und behütet zu sein. Das geschehe über Rituale und Symbole, in Erzählungen und Gebeten, in Raumerfahrungen, Bildern und Musik. Harz forderte Erzieherinnen und Kirchenvorstände auf, darauf zu achten, dass sich diese „frühe religiöse Sprache reich entfalten kann, von den Erwachsenen bewusst praktiziert wird, dass sie als ein Schatz gepflegt wird, der uns allen mitgegeben wird.“

An dem Beratungsprojekt des Diakonischen Werkes nehmen elf evangelische Kindertagesstätten und vier Krabbelstuben teil. Ziel ist es, ein Qualitätsmanagement nach Deutscher Industrienorm einzuführen. 65 Kitas in Frankfurt sind diesen Weg bereits gegangen.

Kurt-Helmuth Eimuth

Unterschiede verstehen – Interreligiöse Kompetenz für die Kleinsten

Evangelisches Frankfurt Mai 2011

Unterschiede verstehen

Interreligiöse Kompetenz für die Kleinsten

Seit bald einem Jahrzehnt untersucht ein Forschungsteam um die Tübinger Religionspädagogen Albert Biesinger (katholisch) und Friedrich Schweitzer (evangelisch) die religiöse Wirklichkeit von Kindern unter sechs Jahren. Unter dem Titel „Wie viele Götter sind im Himmel? – Interreligiöse und Interkulturelle Bildung im Kindesalter“ dokumentieren sie nun in einem gemeinsam mit Anke Edelbrock herausgegebenen Band vertiefende Forschungsergebnisse und den Stand der Diskussion. Durch die Beiträge von Rachel Herweg und Rabeya Müller werden die jüdische und die muslimische Perspektive eingearbeitet.

Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass die Auseinandersetzung mit Religion immer wichtiger wird und schon Kinder Kompetenzen für die interreligiöse Verständigung benötigen. Bereits in einer Pilotstudie waren sie jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vielfalt der Religionen in den Kindertagesstätten ausgeklammert werde, „sodass eine lebensgeschichtlich frühe Anbahnung dialogischer Fähigkeiten, von Respekt, Toleranz und Anerkennung anderer Religionen nicht gefördert wird.“

Wenn Kinder aber keine Begleitung erhalten, schaffen sie sich eigene Erklärungen für das, was sie im Umgang mit anderen Religionen beobachten. So berichtete eine Interviewpartnerin, wie christliche Kinder über ein muslimisches Kind mit Down-Syndrom redeten: „Sultan ist ganz doll behindert, weil Sultan keine Würstchen essen darf.“ Und wie ist damit umzugehen, wenn die Mutter das Tragen des Kopftuches als unerlässlich ansieht, die dem Kind so wichtige Erzieherin ihr Haar aber offen trägt?

Erfreulicherweise entwickeln nur sehr wenige Kinder eine regelrechte Fremdenangst, aber die soziale Kategorisierung setzt offenbar schon sehr früh ein. Die meisten Kinder gehen von einem klaren ‚Wir und Ihr‘ aus. Die Autorinnen und Autoren kommen denn auch zu dem Schluss, dass die religiöse Differenzwahrnehmung schon im Kindesalter gegeben ist, und untermauern die bereits 2007 von Biesinger aufgestellte Forderung: Man darf Kinder nicht „um Gott betrügen“.

Anke Edelbrock, Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger (Hg.): Wie viele Götter sind im Himmel? – Religiöse Differenzwahrnehmung im Kindesalter, 202 Seiten, Waxmann-Verlag, 29,90 Euro.

Kurt-Helmuth Eimuth

Tagesbetreuung – mehr als eine Notlösung

Evangelisches Frankfurt Mai 2011

Die kleine Bella wird demnächst ein Jahr alt, und ihre Eltern möchten dann gerne beide wieder in ihren Beruf zurückkehren. Doch bisher haben sie keine Zusage für einen Krippenplatz erhalten, obwohl sie sich fast überall angemeldet haben. Ein Plan B muss her. Die mögliche Alternative: eine Tagesmutter.

„Tatsächlich ist die Kindertagespflege zunächst häufig mehr eine Not- oder Übergangslösung für die Eltern“, bestätigt Ulrike Tarnow als Geschäftsführerin der Babysitter- und Tagespflegevermittlung e.V. in Frankfurt, die dem Diakonischen Werk nahe steht. Sie habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass sie in der Praxis oft viel mehr sei als das: „Nach einem ersten Beratungsgespräch mit einer unserer Mitarbeiterinnen sind die Eltern nicht selten mit dem Tagesmutter-Modell glücklicher, als sie es mit einem Krippenplatz gewesen wären.“

In der Kindertagespflege werden ein bis fünf Kinder von einer Tagesmutter in deren eigenen Räumlichkeiten betreut. „Die Zuwendung zum Kind kann in dieser familiären Atmosphäre häufig intensiver stattfinden, als es möglicherweise in einer Kindertagesstätte der Fall wäre“, erklärt Tarnow. „Die Tagespflege ist darum nicht nur eine Ergänzung zu den Kindertagesstätten, sondern eine eigenständige Form der familiennahen Kinderbetreuung”, fasst es der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Kurt-Helmuth Eimuth, zusammen.

Familien, die Bedarf an einer Tagesbetreuung für ihr Kind haben, können in die offene Sprechstunde des Vereins auf der Zeil 29-31 kommen und erhalten dort eine eingehende Beratung sowie eine Auswahl der in Frage kommenden Tagespflegepersonen. Die jeweiligen Betreuungspersonen sind den Mitarbeiterinnen persönlich bekannt, denn der Verein ist gleichzeitig zuständig für deren mittlerweile gesetzlich vorgeschriebenen Qualifizierung mit dem Bundesverbandszertifikat sowie die laufende Fortbildung. Der Qualifizierungsprozess stelle sicher, dass die Tagesmutter die notwendigen Rahmenbedingungen und die persönliche Eignung zur Kinderbetreuung mitbringt. Außerdem werden ihr hier spezifisches Wissen und Fertigkeiten vermittelt, die sie im Alltag als Pflegeperson benötigt, erklärt Tarnow den Ablauf.

Manchmal geht es Familien jedoch auch gar nicht darum, eine Ganztagsbetreuung für ihre vielleicht auch schon älteren Kinder zu finden, sondern lediglich um ein paar Stunden Überbrückung oder Zweisamkeit. Dafür vermittelt der Verein ebenfalls Babysitter. Kontakt über Telefon 069 559405 oder unter www.btv-frankfurt.de.

Sara Wagner

40 Millionen für die Kleinsten

Evangelisches Frankfurt Mai 2011

Gewaltiges Ausbauprogramm für neue Krabbelstuben bis 2013

In Bonames haben die Bagger schon ganze Arbeit geleistet. Der alte Kindergarten am evangelischen Gemeindehaus ist abgebrochen, das Gelände für das Fundament der neuen sechsgruppigen Kindertagesstätte vorbereitet. Schick soll es werden und ökologisch korrekt im Passivhausstandard. Unter einem charakteristischen Faltdach werden künftig achtzig Kinder im Alter von null bis sechs Jahren spielen. Den Fortschritt der Bauarbeiten dokumentiert Parrer Thomas Volz auf seiner Facebook-Seite.

Das Bauprojekt ist nur eines von insgesamt 38 Neu- und Anbauten für evangelische Kindertagesstätten in Frankfurt. Wie der Leiter des Diakonischen Werks im Evangelischen Regionalverband, Pfarrer Michael Frase, vor dem Frankfurter Kirchenparlament ausführte, unternimmt die Kirche diese gewaltige Anstrengung, um ihren Teil zum Pogramm der Stadt für die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen für die Unter-Dreijährigen beizutragen. Immerhin sei die evangelische Kirche nach der Stadt Frankfurt selbst der zweitgrößte Träger von Kindertagesstätten.

„In diesem Bereich ist die evangelische Kirche noch echte Volkskirche“, führte Frase aus und verwies auf die flächendeckende, fast gleichmäßige Verteilung der Kindertagesstätten im Stadtgebiet. Man habe über die Kitas und Krabbelstuben die Chance, Familien in Kontakt mit dem christlichen Leben zu bringen. Auch sei der Kindergarten für den Gemeindeaufbau bedeutsam.

Das Ausbauprogramm sei nicht nur notwendig, weil es ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz geben wird, sondern auch, weil die Zahl der Kinder in der „Familienstadt“ Frankfurt ständig steige. So sei die Zahl der Unter-Dreijährigen in den letzten zehn Jahren von 18?000 auf 20?000 gestiegen. Für das Jahr 2013 prognostiziere die Stadt in dieser Altersgruppe 21?800 Kinder. Bis dahin plant die evangelische Kirche in Frankfurt insgesamt 38 Baumaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von annähernd vierzig Millionen Euro, wobei das meiste Geld von Bund und Kommune aufgebracht wird. Der Eigenanteil, den der Evangelische Regionalverband aus Kirchensteuermitteln einbringt, beträgt 5,2 Millionen Euro. Insgesamt werden so 930 neue Plätze für die ganz Kleinen entstehen, aber auch 84 neue Kindergartenplätze im Rahmen von Sanierungen bestehender Einrichtungen.

Große Neubauten sind außer in Bonames noch in Heddernheim, in der Nordweststadt, in Fechenheim und in Bornheim geplant. Die Regenbogengemeinde in Sossenheim hat sich dazu entschlossen, das Gemeindezentrum in der Dunantsiedlung aufzugeben, damit die Kita dort erweitert werden kann.

Kurt-Helmuth Eimuth

Tagesbetreuung – mehr als eine Notlösung

Tagesbetreuung – mehr als eine Notlösung

Die kleine Bella wird demnächst ein Jahr alt, und ihre Eltern möchten dann gerne beide wieder in ihren Beruf zurückkehren. Doch bisher haben sie keine Zusage für einen Krippenplatz erhalten, obwohl sie sich fast überall angemeldet haben. Ein Plan B muss her. Die mögliche Alternative: eine Tagesmutter.

„Tatsächlich ist die Kindertagespflege zunächst häufig mehr eine Not- oder Übergangslösung für die Eltern“, bestätigt Ulrike Tarnow als Geschäftsführerin der Babysitter- und Tagespflegevermittlung e.V. in Frankfurt, die dem Diakonischen Werk nahe steht. Sie habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass sie in der Praxis oft viel mehr sei als das: „Nach einem ersten Beratungsgespräch mit einer unserer Mitarbeiterinnen sind die Eltern nicht selten mit dem Tagesmutter-Modell glücklicher, als sie es mit einem Krippenplatz gewesen wären.“

In der Kindertagespflege werden ein bis fünf Kinder von einer Tagesmutter in deren eigenen Räumlichkeiten betreut. „Die Zuwendung zum Kind kann in dieser familiären Atmosphäre häufig intensiver stattfinden, als es möglicherweise in einer Kindertagesstätte der Fall wäre“, erklärt Tarnow. „Die Tagespflege ist darum nicht nur eine Ergänzung zu den Kindertagesstätten, sondern eine eigenständige Form der familiennahen Kinderbetreuung”, fasst es der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Kurt-Helmuth Eimuth, zusammen.

Familien, die Bedarf an einer Tagesbetreuung für ihr Kind haben, können in die offene Sprechstunde des Vereins auf der Zeil 29-31 kommen und erhalten dort eine eingehende Beratung sowie eine Auswahl der in Frage kommenden Tagespflegepersonen. Die jeweiligen Betreuungspersonen sind den Mitarbeiterinnen persönlich bekannt, denn der Verein ist gleichzeitig zuständig für deren mittlerweile gesetzlich vorgeschriebenen Qualifizierung mit dem Bundesverbandszertifikat sowie die laufende Fortbildung. Der Qualifizierungsprozess stelle sicher, dass die Tagesmutter die notwendigen Rahmenbedingungen und die persönliche Eignung zur Kinderbetreuung mitbringt. Außerdem werden ihr hier spezifisches Wissen und Fertigkeiten vermittelt, die sie im Alltag als Pflegeperson benötigt, erklärt Tarnow den Ablauf.

Manchmal geht es Familien jedoch auch gar nicht darum, eine Ganztagsbetreuung für ihre vielleicht auch schon älteren Kinder zu finden, sondern lediglich um ein paar Stunden Überbrückung oder Zweisamkeit. Dafür vermittelt der Verein ebenfalls Babysitter. Kontakt über Telefon 069 559405 oder unter www.btv-frankfurt.de.

Sara Wagner

Evangelisches Frankfurt April 2011

Wie der „Kindergarten“ zu einem deutschen Exportschlager wurde

von Kurt-Helmuth Eimuth 17. März 2011

Brauchen Kinder einen gewissen Drill, um Leistung zu bringen? Sind Strafen ein notwendiges Mittel der Erziehung? Diese Auffassung der amerikanischen Professorin Amy Chua werden auch in Deutschland mit Interesse aufgenommen. Doch die pädagogische Erfahrung lehrt etwas anderes: dass Kinder von Natur aus lernwillig sind, aber ihr eigenes Tempo und ihre individuelle Herangehensweise brauchen. Die Grundlagen für dieses Menschenbild legte der Frankfurter Pädagoge Friedrich Fröbel, der Anfang des 19. Jahrhunderts den Begriff des „Kindergartens“ prägte.

Individuelle Lernerfahrungen, Eigeninitiative und Raum für die persönliche Entfaltung – dieses Konzept des Fröbelschen „Kindergartens“ ist heute noch aktuell, wie hier im neuen Kinderhaus Goldstein. Foto: Rolf Oeser
Individuelle Lernerfahrungen, Eigeninitiative und Raum für die persönliche Entfaltung – dieses Konzept des Fröbelschen „Kindergartens“ ist heute noch aktuell, wie hier im neuen Kinderhaus Goldstein. Foto: Rolf Oeser

Im thüringischen Blankenburg entstand dann auf Fröbels Initiative der erste Kindergarten. Die vielseitige Anregung und Anleitung der Kinder geschah durch Bewegungs- und Wortspiele, durch Lieder und Sprüche sowie im Kontakt mit der Natur, und schließlich auch durch speziell konzipiertes Spielmaterial. Der Kindergarten war so von Anfang an ein Ort frühkindlicher Bildung. Auch die Mütter, denen Fröbel damals die Hauptverantwortung für die Erziehung zusprach, sollten im Kindergarten Anregungen und Beispiele für ihr eigenes Handeln finden und das pädagogische Wissen in die Familien weitertragen. Der Begriff „Kindergarten” erwies sich fortan als Exportschlager und fand seinen Weg als deutsches Lehnwort in andere europäische Länder wie auch nach Amerika.

Fröbel, der seine berufliche Laufbahn übrigens als Lehrer an der Frankfurter Musterschule begonnen hatte und dann als Hauslehrer die drei Kinder einer Frankfurter Adelsfamilie betreute, war Schüler des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi. Die „Menschenerziehung” – so der Titel seines Hauptwerkes – lag ihm am Herzen. Das kleine Kind, so seine moderne Auffassung, müsse „selbsttätig in die Welt des Geistes“ eintreten und dabei Hilfestellung durch Erwachsene erfahren.

Allerdings war das pädagogische Konzept des „Kindergartens“ auch anfällig für totalitäre Erziehungsideologien, in Deutschland die braune und die rote: So wenig man Pflanzen in einem Garten einfach frei wachsen und sich entwickeln ließ, sondern gezielt als Nutzpflanzen in Reih und Glied züchtete, so wurden auch Kinder bewusst dem elterlichen Einfluss entzogen und in die vom Staat gewollte Richtung gelenkt. Das ein wenig ans Paradies erinnernde und selbsterklärende Bild vom Garten, in dem sich alles frei und nach eigenen Gesetzen entwickelt, wo also im Blick auf das Kind eine freie und kreative (Selbst-)Beschäftigung Programm ist, wurde pervertiert zu einem Ort planenden und ordnenden Eingreifens, in dem „Unkraut” und Wildwuchs nichts zu suchen hatten.Die Fröbelsche Wortschöpfung „Kindergarten” ist heute noch in aller Munde, auch wenn man gerade in den Städten im Blick auf die Betreuungszeiten funktional von „Kindertagesstätten” spricht und die „Kindergärtnerin” zugunsten der „Erzieherin” ausgedient hat. Der Wechsel der Berufsbezeichnung spiegelt die Professionalisierung im Berufsbild wider – weg von der romantisierenden und volkstümlichen Vorstellung, eine Kindergärtnerin habe „nur” auf Kinder aufzupassen und mit ihnen zu spielen, hin zur professionellen pädagogischen Fachkraft, die, ganz im Sinne Fröbels, das Kind in seiner jeweiligen Problem- und Fragehaltung ernst nimmt und darin spezifische Lernerfahrungen ermöglicht und fördert.

Eine aktuelle Fachzeitschrift für Erzieherinnen trägt im Untertitel den Dreiklang „Erziehung, Bildung und Betreuung“ und beschreibt damit den umfassenden, Familien ergänzenden und beratenden Auftrag des Kindergartens. Weder geht es einseitig um Betreuung ohne Erziehung und Bildung, noch steht vorschulische Wissensvermittlung im Mittelpunkt. Ziel ist es vielmehr, die kindlichen Ressourcen wie Sprache, Motorik, Sozialkompetenz und Kreativität zu fördern und auf die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hinzuwirken. Dabei wird jedes Kind als ganzheitliches Individuum gesehen und darf seine eigene Lerngeschichte haben.

Der hessische Bildungsplan betont allerdings gerade im Bereich des Kindergartens die Bildung gegenüber der Erziehung stärker und formuliert als Ziel „die frühere, nachhaltigere, individuellere und intensivere Bildung der Kinder“. Sie sei „die zentrale Voraussetzung, um in der von kontinuierlichem Wandel geprägten Welt auch in Zukunft zu bestehen.“ Auch wenn hier durchaus vom Kind her gedacht wird, nähren solche Formulierungen doch die oft übertriebene Erwartung, der Kindergarten habe besonders große und schöne „Früchte” zu erzielen, die sich später in der Leistungsgesellschaft behaupten können.

„Gras wächst nicht schneller, wenn man an ihm zieht“

Wenn Lulu rebelliert und nicht mehr Klavier spielen will, hagelt es Strafen. Das Puppenhaus soll der Heilsarmee gespendet werden, wenn das Klavierstück am nächsten Tag nicht perfekt sitzt. Der Entzug des Mittag- und Abendessens sowie die Geburtstagspartys gleich für die nächsten vier Jahre gehören ebenso zum Strafenkatalog.

Die rabiaten Erziehungsmethoden der Yale-Professorin Amy Chua, bekannt als „Tigermama“, werden auch hierzulande diskutiert. Und jede Kindertagesstätte kann bestätigen, dass Eltern der aufstrebenden Mittelschicht schon hier Schulleistungen wie Lesen und Schreiben einklagen. Erfolg ist in der Wissensgesellschaft unabdingbar mit Bildung verknüpft. Alle Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Doch was ist das Beste?Bildung ist jedenfalls etwas anderes als Wissen. Bildung ist die umfassende Aneignung der Welt, sie umfasst musische und künstlerische Fähigkeiten ebenso wie soziale Kompetenz. Ein Kind, das unter enormem Druck aufwächst, kann sich kaum entfalten. Es kann Wissen abrufen, aber das vordringliche Gefühl wird doch eher Angst sein. Mit Angst kann das Kind aber nicht die Welt selbstbewusst erforschen, sich nicht die Welt neugierig aneignen. Dabei „arbeiten“ (wie es die Reformpädagogin Maria Montessori formuliert hat) Kinder ganz freiwillig, sogar hoch konzentriert und ausdauernd. Die 14 Monate alte Lisa zum Beispiel liegt auf dem Teppich und sortiert Plastikschüsseln. Sie versucht, die kleine Schüssel in die große zu stellen. Nicht einmal, auch nicht ein Dutzend mal, sondern immer und immer wieder – wenn man sie lässt. Oder Max, der erstmals eine schiefe Ebene betritt, besser: bekrabbelt. Er probiert es mit großer Hartnäckigkeit, und auch durch Misserfolge lässt er sich nicht von seinem Vorhaben abbringen.

Kinder erobern die Welt – sofort nach der Geburt. Ihre Energie, die Leistung ihres Gehirns, wird nie wieder so groß sein wie in den ersten zwölf Monaten. Und alle Kinder finden den für sie passenden Weg. Die einen krabbeln zuerst rückwärts, die anderen rollen sich mehr als dass sie krabbeln. Aber egal, wie: Am Ende werden sie alle laufen können.

Und so ist es auch auf ihrem weiteren Weg der Bildung. Kinder gehen unterschiedliche Wege in unterschiedlichem Tempo. Sie zu fördern, erfordert deshalb nicht Drill, sondern dass man ihnen Zeit lässt. Ein afrikanisches Sprichwort lautet: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man an ihm zieht.“ In diesem Sinne ist mehr Gelassenheit in der Erziehung angesagt. Denn nur glückliche Kinder können wirklich erfolgreich sein.