Tag Archiv für Kinder

Was machte Gott, bevor er die Welt erschaffen hat?

Evangelisches Frankfurt, Dezember 2002

Viele Eltern scheuen sich, mit Kindern über religiöse Fragen zu sprechen.
Weit verbreitet ist die Meinung, dass die Kinder lieber später, wenn sie dafür reif sind, selbst entscheiden sollen, wie sie es mit der Religion halten wollen. Allerdings stellen schon Kindergartenkinder religiöse Fragen, zum Beispiel nach dem Tod, nach dem Sinn der Welt. Daher meinen Theologen und Pädagogen: Kinder haben ein Recht auf Religion.
Noch vor zwei Jahrzehnten waren viele Eltern der Meinung, dass in den Kinderzimmern eher die Ballade vom Baggerführer Willibald erklingen sollte als das alte und schreckliche Märchen vom Aschenputtel. Schließlich seien Märchen grausam und könnten Angst auslösen. Heute gilt das als überholt. Es war der Psychologe Bruno Bettelheim, der unmissverständlich feststellte: Kinder brauchen Märchen – und viele geben ihm inzwischen Recht.

Auch Religion im Kindesalter ist ein Reizthema. Viele Eltern scheuen sich, ihrem Kind religiöse Werte nahe zu bringen, wohl auch deshalb, weil sie oft selbst durch Missverständnisse und Fehlentwicklungen geprägt wurden. Da gab es den strafenden Gott, der alles sieht und stets und überall die Einhaltung der Regeln überwacht. Und da gab es eine Kirche, die religiöse Erziehung als Eingliederung der Kinder in die Gemeinde missverstand. Es geht aber nicht um die Rekrutierung von Nachwuchs für die Kirche, sondern darum, das Kind religiös zu begleiten. Die Kirche kann dabei freilich eine wichtige Rolle spielen.
Kinder haben ein Recht auf Religion, davon ist etwa der Tübinger Theologe Friedrich Schweitzer überzeugt. Damit will er hervorheben, dass das Kind – wie es JanuszKorczak einmal formulierte – ein Recht hat, so zu sein, wie es ist. Und zu dem kindlichen Erleben gehören eben auch religiöse Fragen.
Passt Oma Erna in die Urne? Wohnt Gott im Himmel? Solche Kinderfragen sind nichts anderes als die ihnen gemäße Art, sich über die drei existenziellen Fragen des Menschseins Gedanken zu machen: Woher komme ich, wer bin ich, wohin gehe ich? Kinder wollen sich verorten. Sie können stundenlang zuhören, wenn Oma von ihrer Kindheit und von der Kindheit der Mutter erzählt. Sie stellen sich unbekümmert vor, wo all die Vorfahren jetzt leben, und sie stellen präzise die Frage nach der eigenen Endlichkeit: Muss ich auch sterben?
Weil sie sogar schon im Kindergartenalter eine so fantasievolle Art haben, existenzielle Themen zu bedenken und zu bearbeiten, sprechen Pädagogen auch von Kindern als Philosophen. Man könnte auch sagen: Kinder sind Theologen, denn sie denken über die Dinge nach, die uns „unbedingt angehen“ – so hat Paul Tillich die Frage nach Gott einmal definiert.
Natürlich sind Kinder nicht Philosophen und Theologen in einem wissenschaftlichen Sinn. Aber sie haben die Fähigkeit, gehaltvolle religiöse Fragen aufzuwerfen und sogar Antworten zu formulieren. Und sie erwarten auch ernst gemeinte Antworten von den Erwachsenen. Ihre Fragen können die Eltern oft gleichzeitig schmunzeln lassen und ins Schwitzen bringen: Ist Oma jetzt ein Engel? Müssen Engel auch atmen? Gibt es Luft im Himmel? Haben Engel auch Ferien? Was hat Gott gemacht, bevor er die Welt erfunden hat?
Solche Kinderfragen ernst zu nehmen und zu beantworten, ist gar nicht so leicht. Mit einem Rückzug auf die Naturwissenschaft oder mit Plattitüden geben sich Kinder in der Regel nicht zufrieden. Anregungen zum religiösen „Disput“ mit Kindern gibt aber die Bibel. Denn hier finden sich Überlieferungen zu dem Woher und Wohin des Menschen, zum Beispiel in der Schöpfungsgeschichte. Die Bibel erzählt Geschichten, die auch Unerklärliches ausdrücken können und die auch Kinder verstehen. Die Erzählungen von Krankheit und Heilung machen Aussagen zu Tod und Sterben. Um Werte und Moral geht es in der Geschichte vom barmherzigen Samariter, in den Gleichnissen vom verlorenen Schaf oder den Arbeitern vom Weinberg. Die Frage nach Gott spielt in fast allen Erzählungen der Bibel eine Rolle.
Sicherlich sind diese Geschichten auch Teil des kulturellen Erbes und allein schon deshalb von Bedeutung. In den uralten Überlieferungen erfahren die Kinder, wie Menschen ihre Erfahrungen mit Gott gemacht haben. Nach christlicher Auffassung wird Gott durch die biblische Überlieferung erkennbar. Doch dies bedeutet keinesfalls, dass Kinder mit der Bibel alleine gelassen werden sollten. Kinder eignen sich Geschichten an, auch biblische Geschichten. Sie denken sich hinein, sie identifizieren sich mit einer Figur, sie spielen sie nach. Und sie haben, wie die Erwachsenen übrigens auch, das Recht, die Geschichten für sich zu interpretieren. Das heißt keineswegs, dass Erwachsene ihnen nicht widersprechen, Missverstandenes nicht auch falsch nennen dürften. Im Gegenteil – das ist doch ein guter Einstieg ins Gespräch.
Sicher ist nicht jede biblische Geschichte für jedes Alter geeignet. Und manches Thema findet sich in der Bibel in einem anderen gesellschaftlichen Umfeld, wie etwa die Frage des interreligiösen Miteinanders. Der Islam, der heute im Alltag der Kinder präsent ist, ist jünger als das Christentum. Er entstand 622 nach Christi Geburt. Schon deshalb kann er in der Bibel nicht vorkommen.
Sich mit Kindern über religiöse Fragen auseinander zu setzen ist eine Herausforderung. Doch wer sich ihr stellt, wird viel lernen. Der Religionspädagoge Friedrich Schweitzer beschreibt diesen Prozess so: „Das Recht des Kindes auf Religion ist kein Recht gegen die Erwachsenen. Dieses Recht ist vielmehr auch für die Erwachsenen, die nicht nur allesamt selber einmal Kinder waren, sondern die auch selber davon profitieren, wenn sie Kinder in religiöser Hinsicht begleiten. Kinderfragen sind nicht deshalb groß, weil Kinder noch klein sind – sie sind groß, weil sie auch noch so große Menschen umtreiben.“
Kurt-Helmuth Eimuth

Neues Wissen für Erzieher

Frankfurter Rundschau, 27.11.2002
Diakonissenhaus

„Nur gebildete Erzieherinnen können Wissen vermitteln“, sagte der Leiter der neuen Akademie für Fort- und Weiterbildung Kurt-Helmuth Eimuth. Das Angebot des neuen Arbeitszweigs des Diakonissenhauses, das im kommenden Jahr beginnt, ist für alle pädagogisch interessierten Menschen konzipiert worden.

Mit der Akademie will das Diakonissenhaus die Vernetzung von Aus- und Fortbildung schaffen. Die Fortbildungsorte sind Frankfurt, Gießen, Herborn und Wiesbaden. Mit dem Angebot will das Diakonissenhaus in die Gemeinde gehen und den Mitarbeitern vermitteln, „wir gehen auf euch zu“, so Bernd Laukel vom Vorstand. Durch die räumliche Nähe sollen unter anderem den Erzieherinnen eine Fortbildung ermöglicht werden, die eine Familie haben und deshalb nicht an der übrigen Maßnahmen teilnehmen können.

Ziel der Akademie ist die Verknüpfung von Theorie und Praxis. Zum einen soll, so Leiter Eimuth, erfahren werden, was auf praktischer Ebene los ist, zum anderen geht es um Wissensvermittlung für Pädagogen, die länger im Dienst sind.

Schwerpunkte des Angebots sind Religionspädagogik, Supervision, Öffentlichkeitsarbeit und Computerkurse. „PCs sind für uns kein Teufelszeug“, witzelt Eimuth. Er plädiert dafür, dass auch ältere Kolleginnen, die noch einige Jahre in dem Beruf arbeiten werden, sich mit Rechner und Internet auseinander setzen.

"Gib mir mal die skin colour"

Frankfurter Rundschau, 29.10.2002

Kindersprachkurse haben Konjunktur: Schon im Vorschulalter wird spielerisch gelernt

Von Martin Müller-Bialon

Ein Wort Englisch kann jedes Kind, da braucht es keine Lehrerin: „cool“. Das gilt auch für die acht Racker im Kindergarten der evangelischen Katharinengemeinde in der Leerbachstraße, die sich auf Anweisung von Erica Swift „on the carpet“ niedergelassen haben. „Is today a beautiful day?“ fragt die Englisch-Lehrerin. „Yes, yes“, antworten Jan, Nora, Hendrik, Vincent, Luis, Lukas, Melissa und Clara, ohne die Frage recht verstanden zu haben. Macht aber nichts, denn Twiggy weiß immer die richtige Antwort. Twiggy ist eine Tiger-Fingerpuppe, die Erica Swift aus ihrer Hosentasche zaubert. „No, no, it’s raining.“

Die Lehrerin, eine gebürtige US-Amerikanerin, redet ausschließlich in ihrer Muttersprache mit den Kindern des Frühenglischkurses. Die Kinder, die schon mit „Bobby-Cars“ aufgewachsen sind, reagieren auf ihre Anweisungen, bei dem Kommando „calm down“ wird es prompt ruhiger. Auch den „Incy-wincy-spider-“ und den „Hoky-poky-song“ können einige schon mitsingen. Die Farben bunter Bälle zu wissen und sie zählen zu können, macht nicht allen Teilnehmern des Junior-Sprachkurses Spaß, einige fangen an, Faxen zu machen. Schließlich machen aber doch alle beim Ausmalen von Halloween-Bildern mit, die Erica Swift mitgebracht hat. Dabei zeigt sich, dass die Vier- bis Sechsjährigen die neu gelernten Wörter sofort in ihre Alltagssprache integrieren: „Ich brauch‘ ’ne black“, „gib mir mal die skin colour“. „Englisch ist unverzichtbar fürs Berufsleben“, sagt Claras Mutter Monika Labus. „Außerdem werden die Kinder sowieso ständig damit konfrontiert.“ Sie selbst sei auf ein humanistisches Gymnasium ohne Englisch-Unterricht gegangen. Diesen Karriere-Nachteil soll die kleine Clara nicht haben. Der Englisch-Unterricht soll auch weiter gehen, wenn sie in die Schule geht. „Das macht ihr Spaß“, ist sich Monika Labus sicher, „außerdem lernen Kinder im frühen Alter leicht.“

105 Euro pro Vierteljahr zahlen Claras Mama und Papa an die Lehrerkooperative, damit ihr Töchterchen frühzeitig eine Fremdsprache lernt. Einmal pro Woche kommt Erica Swift im Kindergarten vorbei, der Unterricht dauert jeweils 45 Minuten. „Sie sollen Tiere, Pflanzen und Farben kennen, bis 20 zählen, Adjektive verwenden und einfache Sätze sprechen können“, zählt die Lehrerin als ihre Lernziele auf. Wichtig sei ihr aber vor allem, den Kindern „Lust auf Englisch zu machen“.

Es war nicht die Idee des Kindergartens, den Kindern einen Sprachkurs anzubieten. „Aus der Elternschaft“ sei der Wunsch gekommen, berichtet Leiterin Elke Erbe. „Im Westend wohnen viele Eltern, die darauf Wert legen.“ Einige der Kindergartenkinder würden anschließend eine internationale Schule besuchen. „Bei den anderen ist das Gelernte zwar bis zur fünften Klasse nicht mehr präsent“, sagt Erbe, „aber es ist nicht verloren“.

Die Lehrerkooperative bietet derzeit insgesamt neun Sprachkurse für Kinder an, davon sechs für Vorschulkinder. Außer Englisch gehört auch Französisch und Spanisch zum Programm. Es gibt freilich auch kommerzielle Anbieter auf dem Markt der Kinder-Sprachkurse. So unterrichtet ebenso die Berlitz Sprachschule in Kindergärten. Zehn Gruppen bietet Berlitz derzeit in Frankfurt an, weiß „Kids Direktor“ Gabriela Kluge – unter anderem in Schwanheim, Oberrad, Niederrad und Preungesheim. Insgesamt seien es 70 Gruppen im Rhein-Main-Raum, wozu allerdings auch Kurse für Grundschüler zählen.

Im Gegensatz zur Lehrerkooperative arbeiten die Berlitz-Lehrerinnen nach einem vorgegeben Konzept. „Sesame English“ heißt das Programm, das in Zusammenarbeit mit der „Children’s Television Network“ entstand. Die Kinder lernen Englisch mit Ernie, Bert und dem Krümelmonster. 195 Euro kostet ein viermonatiger Kurs mit 15 Doppelstunden.

In den vergangenen Jahren sei der Bedarf nach den Kindersprachkursen gestiegen, berichtet Berlitz-Koordinatorin Kluge. Gleichzeitig seien Bedenken gegen die Vorschulkurse ausgeräumt: „Vor vier oder fünf Jahren hat man uns noch gesagt: ,Das überfordert die Kinder‘. Jetzt ist davon keine Rede mehr.“ Auch die Erziehungswissenschaft gibt grünes Licht: „Mit nachahmendem Lernen können sich Kinder gut in eine andere Sprache einhören“, sagt Professorin Heide Kallert von der Goethe-Uni. Wenn das didaktische Konzept stimme, sei eine Überforderung der Kinder nicht zu befürchten. Bedenken gegen frühes Lernen einer Fremdsprache hält auch der Kieler Anglistik-Professor Henning Wode für völlig unbegründet. „Jeder Mensch kann mehrere Sprachen lernen.“ Dies sei beispielsweise in Regionen Westafrikas Normalität. Der Professor hält Sprachenlernen im Kindergarten sogar für notwendig. „Jeder muss heute zwei Fremdsprachen können. Wo soll die Zeit herkommen, wenn wir nicht frühzeitig anfangen?“

Wode hat in der Nähe von Kiel 1995 einen Pilotversuch gestartet: In einem Kindergarten werden die Kinder unter anderem von einer Erzieherin betreut, die ausschließlich Englisch spricht. Auch in der anschließenden Grundschule wird 70 Prozent des Unterrichts in Englisch erteilt. „Phantastische Ergebnisse“ habe man damit erzielt, sagt Wode. Dagegen sei eine Stunde pro Woche viel zu wenig. „Da kommt nichts bei raus.“ Entwicklungspsychologische Untersuchungen hätten gezeigt, dass kleine Kinder besonders leicht und gern mit einer fremden Sprache umgingen, wenn diese als Teil eines spielerischen Alltags präsentiert werde.

Einen ersten Schritt in Richtung Zweisprachigkeit geht inzwischen die Erzieherschule am Diakonissenhaus. Dort gehört Frühenglisch künftig zum Lehrplan. „Es ist nicht so toll, wenn man sich immer jemand von außen holen muss“, sagt Leiter Kurt-Helmuth Eimuth. Auch er hält Fremdsprachen für „notwendig in der globalisierten Welt“. „Wir wollen aber keine Vorschule sein.“ Wichtig sei, in den Kindergärten darauf zu achten, „was gerade dran ist. Wenn dort zum Beispiel Deutsch eine Fremdsprache ist, brauche ich nicht mit Englisch zu kommen“.

Kinder und Sekten

Kurt-Helmuth Eimuth

Kinder in Sekten


in: Deutsches Kinderhilfswerk, Kinderreport Deutschland, S 279 ff.
München 2002
ISBN 3-935686-50-1

Esoterik im Kinderzimmer

Kurt-Helmuth Eimuth /Evangelisches Frankfurt Mai 2002

Esoterik erreicht die Kinderzimmer

Die Esoterik ist ein wichtiger Wirtschaftszweig geworden. In Deutschland bieten über tausend Hellseherinnen und Geistheiler ihre Dienste an, 15 bis 25 Millionen Euro werden jährlich für Charakter- und Schicksalsanalysen, Tierkreisbücher, astrologische Unternehmensberatungen und ähnliches ausgegeben. Und was sich die Erwachsenen gönnen, dass erreicht inzwischen auch die Kinder. Kurt-Helmuth Eimuth beschreibt einige Beispiele.

Dass ein vierblättriges Kleeblatt Glück verspricht, das glauben 43 Prozent der Deutschen. Die Zahl 13 hingegen bereitet Kummer, deswegen wurde sie aus Flugzeugen und Hotels verbannt. Fast achtzig Prozent der Deutschen lesen regelmäßig ihr Horoskop, 18 Millionen Bundesbürger deuten ihr persönliches Schicksal nach dem Lauf der Sterne. Immer mehr Menschen sind abergläubisch, das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor.
Wo Bedarf ist, entsteht auch ein Markt, man hält Ausschau nach immer neuen – und immer jüngeren – Kundinnen und Kunden. Längst hat der Esoterik-Boom auch die Kinderzimmer erobert. Ob Konzentrationsprobleme,Bettnässen oder Fehler im Diktat: Der Esoterik-Laden an der Ecke hält

Ob Bettnässen oder Fehler im Diktat …

die richtige Lösung bereit. Dem Zeitgeist entsprechend helfen schnell und sanft Bachblüte, Bio-Saft oder Hirngymnastik.
Da stellt eine Mutter nach – stundenlangem Üben für’s nächste Diktat die Bachschen Notfalltropfen neben das Bett – ihre „feinstoffliche“ Wirkung soll das bevorstehende Rechtschreib-Desaster abwenden. Die Mutter einer sechsjährigen Bettnässerin bestellt einen Fachmann zum Lokalisieren von gefürchteten Wasseradern. Das Bett steht jetzt im Flur.
Der Kinderpsychologe Heinz Zangerle hält solche Beispiele nicht für schrullige Einzelfälle: „Schulfitness-Angebote aus dem Repertoire der Esoterik liegen im Trend, die schnelle Lösung hat Konjunktur: Verbesserung der kindlichen Konzentration durch Bewegung aus der Edu-Kinestik, Legasthenikertherapie durch Bachblüten, Behandlung von Aggressionen mit Qui-Gong und Reduzierung diffuser Ängste mit Aromatherapie. Nebenbei – damit Prüfungsstress erst gar nicht aufkommt: Es liegt am Lehrer, für den Rosenquarz am Schülerpult zu sorgen und die individuell günstigste Mondphase für den Prüfungstermin zu beachten.“
Besonders im Trend ist Reiki, eine japanische Heilslehre von einer universalen Lebensenergie, die den Menschen zur „Harmonie mit sich selbst und den grundlegenden Kräften des Universums“ führen soll. „Liebe Eltern, sind auch eure Kinder total Reiki-begeistert?“ fragt etwa die Reiki-Dienstleisterin Michaela Weidner in einem Werbebrief an ihre Kundschaft und fährt fort: „Viele meiner Reiki-Schüler erzählen mir, dass ihre Kinder ohne Reiki überhaupt nicht mehr ins Bett wollen.“ Durch die Hände der geweihten Heilbehandlerin ströme Lebensenergie. Medizinische Behandlungen würden dadurch bereichert, Reiki sei zudem ein praktischer Weg zur Erleuchtung. Sozialwissenschaftler vermuten, dass die steigende Zahl von Reiki-Anhängerinnen und Anhänger sich nicht nur in der Sehnsucht nach Irrealem begründet, sondern darin, dass man hier ganz praktische Zuwendung erfährt: Etwa dreißig Minuten lang wendet sich die Reiki-Meisterin dem Ratsuchenden intensiv zu, legt die Hände über den Körper und lässt „Energie fließen“. Häufig spüren die Menschen, dass es ihnen dabei unmittelbar warm wird. Das ist nachvollziehbar und ungefährlich – aber ist es das Geld wert?
Beliebt ist auch die Verwendung von Bachblüten. „Sie eignen sich besonders gut zur Behandlung von Kindern, denn sie reagieren auf die Blüten-Essenzen noch viel unmittelbarer als Erwachsene,“ ist auf den Verpackungen zu lesen. Der englische Arzt Edward Bach entwickelte diese Methode, einzelne Blütenessenzen ordnete er bestimmten Erkrankungen zu, sie sollen bei psychosomatischen Störungen ebenso wie bei Neurodermitis oder Asthma helfen.
Gefährlich ist die Behandlung mit Bachblüten nur dann, wenn ihretwegen auf die Anwendung herkömmlicher Medizin verzichtet wird. Gerade beim Umgang mit Kindern sollte man aber auch auf die Ursachen der Krankheiten achten – psychosomatische Störungen etwa, deren Ursache ein überzogener Leistungsdruck von Eltern oder Schule ist, können Bachblüten nicht kurieren.
Der neueste Hit in der esoterischen Szene ist das so genannte

… Reiki & Co versprechen Abhile

„Indigo Kind“. Gemeint sind die sprichwörtlichen „Zappelphilippe“,also Kinder, die nicht stillsitzen können, die am „Hyperaktivitätssyndrom“ leiden, wie das Phänomen heute medizinisch genannt wird. Immer öfter werden solche Kinder mit Ritalin, einer Art Beruhigungsmittel, behandelt. Besorgte Eltern lassen sich von Ärzten das Medikament offenbar allzu leichtfertig verschreiben. Das berechtigte Misstrauen gegen den hohen Medikamentenkonsum, der hyperaktive Kinder „ruhig“ stellen soll, wird in esoterischen Kreisen neuerdings in eine abenteuerliche paranormale Legende umgedeutet: In Wahrheit handele es sich bei solchen Kindern um Wesen mit übernatürlichen Eigenschaften. Diese „neuen Kinder“ sind „Indigokinder der neuen Zeit“, da in ihrer Aura verstärkt die Farbe Indigoblau vorkommt.
Die besondere Begabung der Indigo-Kinder werde von der Außenwelt nicht erkannt, deshalb seien sie frustriert über festge- fahrene Systeme, die keine kreativen Gedanken zulassen. In der Schule hätten sie oft Schwierig- kei- ten im sozialen Miteinander. Beispielhaft werden die Fähigkeiten dieser Kinder auf dem Buchdeckel eines esoterischen Bestsellers so beschrieben: „Der 13jährige Lorenz sieht seinen verstorbenen Großvater, spricht mit ihm und gibt dessen Hinweise aus dem Jenseits an andere weiter. Kevin kommt ins Bett der Eltern gekrochen – und erzählt, dass der große Engel – wieder am Bett stand. Peter ist neun und kann nicht nur die Aura um Lebewesen sehen, sondern auch Gedanken anderer Menschen lesen. Ina liest aus – verschlossenen Büchern, und Matthias verbiegt Löffel durch – Gedankenkraft.“
Ungeklärt bleibt die Frage, welchen psychischen Schaden Kinder nehmen können, denen solche Fähigkeiten zugesprochen werden. Denn wer kann solche, mit vermeintlich göttlichen Fähigkeiten ausgestattete Kinder denn noch erziehen, wer setzt ihnen Grenzen? Die „neuen Kinder“ sind vermutlich einfach Kinder, die um ihre ungezwungene Kindheit betrogen werden. Denn elterliche Zuwendung und Erziehung lassen sich nicht ersetzen: Durch Medikamente nicht, und auch nicht durch esoterische Heilswege.

Kurt-Helmuth Eimuth /Evangelisches Frankfurt Mai 2002

Vom Keltenritual zum Massenspektakel: Halloween

Ein Blick in die Schaufenster reicht: Halloween ist endgültig in Deutschland angekommen. Das Fest der Fabel- und Gruselwesen in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November ist in Amerika schon lange ein nicht mehr wegzudenkendes Verkleidungsfest. Genau wie hier an Fasching schlüpfen die Kinder gerne in andere Kostüme. Und natürlich gehört der Jahreszeit entsprechend der ausgehöhlte und mit einer schrecklichen Fratze versehene Kürbis dazu.

Gruselig, witzig oder kitschig – der Fantasie sind rund um Halloween keine Grenzen gesetzt.

Bestimmte christliche Kreise kritisieren solches Gebaren, da die Wurzeln des Festes auf die Kelten zurückgehen. In dieser Nacht soll das Leben, der Sommer, die Herrschaft für ein halbes Jahr an den Tod, den Winter, abgeben. Man glaubte, dass die Toten sich für ein halbes Jahr lang den Körper eines Lebenden suchen. In jener Nacht soll, so die Vorstellung, die Trennwand der Welt der Toten und der Lebenden besonders dünn sein, weshalb man mit den Toten in Kontakt kommen könne. Im Jahre 837 verfügte Papst Gregor IV., dass an diesem Tag Christen ihre Toten ehren sollten, und setzte Allerheiligen auf den 1. November und am darauf folgenden Tag Allerseelen fest. Das Christentum hatte wieder einmal seine große Integrationskraft bewiesen.
Die Iren brachten den keltischen Brauch mit nach Amerika und nun kehrt er wieder zurück auf den alten Kontinent. Klar, dass sich Marktstrategen diese Chance nicht entgehen ließen. Hersteller von Partybedarf und Dekorationsartikeln haben zwischen Fasching und Weihnachten ein Zwischen hoch entdeckt. Mit Kürbissen, ob aus Keramik oder Plastik, ob mit oder ohne Beleuchtung, mit allerlei gruseligen Accessoires wie Fledermäusen, Spinnen, Skeletten oder Hexen, geben sie einen Trend vor. Und zumindest der Kürbis hat inzwischen längst via Herbst dekoration Einzug in die Häuser gehalten.
Viel sperriger dagegen das Fest der Reformation. Schließlich liegt der Anlass quer zu Verhaltens mus tern der Spaßgesellschaft. Martin Luther soll am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche genagelt haben. Doch dieses für den Protestantismus so markante Ereignis ist historisch umstritten. Ob Luther tatsächlich zu Hammer und Nagel griff, weiß man nicht. Der katholische Lutherforscher Erwin Iserloh weist darauf hin, dass die erste schriftliche Darstellung des Thesenanschlages von Philipp Melanchthon stammt. Dieser konnte jedoch keineswegs Augenzeuge gewesen sein, da er erst 1518 als Professor an die Wittenberger Universität berufen wurde. Auch sei diese Darstellung erst nach dem Tode Luthers erschienen. Belegt hingegen ist, dass Luther am 31. Oktober 1517 Briefe an seine Vorgesetzten schrieb, in denen er den Ablasshandel anprangerte und um die Behebung des Missstandes bat. Den Briefen legte er jene 95 Thesen bei, die als Grundlage für eine Diskussion über das Thema dienen sollten.
Reformationstag und Halloween: Zwei Feste zum selben Datum, aber inhaltlich ganz verschieden. Doch es scheint, als habe sich Halloween in der angeblich so rationalen, modernen Gesellschaft inzwischen durchgesetzt. Und schließlich ist das Gruselfest ein netter Spaß, an dem man sicher auch als Protestant teilnehmen kann. Die Nacht ist ja lang und die Reformationsgottesdienste beginnen schon am frühen Abend.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt: November 2001 · 25. Jahrgang · Nr. 6

Religiöse Erziehung für Kinder

Vortrag zum Elternabend in Wiesbaden, Bergkirchengemeinde (23.10.2001)

Marion Eimnuth, Pfarrerin und Dipl.-Religionspädagogin

Religion gehört zum Menschen wie Essen und Trinken, Lachen und Weinen. Ob in der Werbung oder in der Popmusik, überall werden religiöse Symbole verwandt. Die Sehnsucht des Menschen nach einer Antwort auf die existenzstiftenden Fragen ist nach wie vor aktuell.

Kinder haben ein Recht auf Religion. Diese These vertritt der Tübinger Theologe und Pädagoge Friedrich Schweitzer.

Dieser These möchte ich nachgehen. Was heißt dies für Eltern und Erzieherinnen und Erzieher?

Vieles, was angeblich zum Schutz des Kindes geschieht, scheint in Wahrheit eher die Erwachsenen in Schutz zu nehmen – beispielsweise vor Fragen nach dam Tod, den die Erwachsenen am liebsten verschweigen und der den Kindern doch begegnet, oder vor Fragen nach Krankheit, nach Trennung von geliebten Menschen, nach Schmerz und Einsamkeit.

Man kann von fünf großen Fragen der Kinder sprechen, die zum Aufwachsen der Kinder aufbrechen. Das sind Fragen, die entweder die Kinder an uns richten oder mit denen wir uns selbst bei der Erziehung konfrontiert sehen. Es sind große Fragen, weil sie zumindest potentiell nach einer religiösen Antwort verlangen.

Die erste Frage:

Wer bin ich und wer darf ich sein? Die Frage nach mir selbst

Heute wird der Selbstwerdung des Kindes einen hohen Stellenwert eingeräumt. Es wird von einer „Identitätsbildung“ als einer zentralen Entwicklungsaufgabe gesprochen. Dabei sind zwei Aspekte wichtig:

Die eigene Aktivität des Kindes und die unterstützende Anerkennung des Kindes durch andere. Die Selbstwerdung des Kindes ist eine Frage des Vertrauens und damit auch eine Frage der Verlässlichkeit oder Vertrauenswürdigkeit der Menschen und der Welt, in der das Kind aufwächst.

Auch wenn das Kind nicht ausdrücklich fragt „Wer bin ich?“, bekommt es doch Antworten durch seine ganze Umwelt, den Eltern, den Erzieherinnen, den Freundinnen und Freunden.

Doch nicht alles, was das Kind sein will wird ihm zugesprochen. Trotzphasen und Wutanfälle sind hier deutliche Zeichen dafür, dass es nicht nur darum geht, wer ich bin, sondern eben auch darum, wer ich sein darf.

Gerade eine Erziehung die an der Selbstverwirklichung interessiert ist, muss nach dem Grund fragen. Und genau an diesem Punkt greifen alle bloß sozialen Betrachtungsweisen der kindlichen Selbstwerdung zu kurz. Sie stehen in der Gefahr, das Kind überhaupt zu einem bloßen Produkt seiner Umwelt zu machen.

Zugespitzt und provozierend formuliert: Wo die Eltern keine Instanz anerkennen, die über ihnen steht und vor der sie sich selbst verantworten müssen, wird die Erziehung unfrei.

Natürlich kann auf der anderen Seite aber auch eine falsch verstandene religiöse Erziehung höchst unfrei machen.

Die zweite Frage:

Warum musst du sterben? Die Frage nach dem Sinn des Ganzen

Die Frage nach Tod und Sterben stellen alle Kinder früher oder später.

Was bedeutet der Tod für unser Leben? – Wie auch immer wir diese Frage beantworten, und selbst wenn wir sie nicht beantworten und beiseite schieben, ganz unvermeidlich geben wir damit zu erkennen, wo für uns der Sinn dieses Lebens liegt.

Der Umgang mit dem Tod entscheidet mit darüber, wie wir leben.

Bei dem polnisch-jüdische Pädagogen Janusz Korczak findet sich das Recht des Kindes auf seinen Tod. – was ist damit gemeint? Korczak erläutert es so: „Aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreißen, entziehen wir es dem Leben; um seinen Tod zu verhindern, lassen wir es nicht leben“. Tod und Leben des Kindes gehören demnach zusammen. Für heute würde dies bedeuten, dass ein Kind nur wirklich leben kann, wenn die Erwachsenen auch seine Wahrnehmung des Todes und seine Erfahrungen mit Tod und Sterben mit begleiten.

Die Sinnfragen der Kinder beziehen sich auf das, was nach dem Tod kommt.

Nicht-religiöse Antworten auf die Frage nach dem Tod und Sterben sind sicher möglich, aber ob sie dem Kind wirklich weiterhelfen, bleibt offen.

Sicher kann man sagen, dass die Antwortend der Religionen hier eine wichtige Hilfe sein können und dass sie den Fragen des Kindes weit näher kommen, als dies beispielsweise für naturwissenschaftliche Erklärungen behauptet werden kann.

Christliche Antworten auf diese Fragen sind sicherlich, die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist. Wer tot ist kann sich geborgen bei Gott fühlen. Dies gibt Hoffnung. Dies kann ein Kind trösten, wenn z.B. das Meerschwein gestorben ist, stellt sich eben diese Frage genauso, wie wenn der Opa stirbt. Sind dann beide bei Gott?

Die dritte Frage:

Wo finde ich Schutz und Geborgenheit? Die Frage nach Gott

Kinder in unserem Kulturkreis stoßen fast zwangsläufig auf das Wort Gott, selbst wenn sie nicht religiös erzogen werden.

In Kunst und Architektur, in Musik und Literatur, in Geschichte und Politik – in allen diesen Bereichen ist immer wieder von Gott die Rede. Aber brauchen Kinder auch eine religiöse Antwort?

Kinder erfahren ihre Eltern und Bezugspersonen als allmächtige Quellen von Zuwendung und Versorgung. Bei ihnen finden sie Wärme, Schutz und Geborgenheit. Solche Erfahrungen sind mehr als das, was einfach von außen zu sehen ist:

Dadurch machen Kinder schon in der frühesten Zeit ihres Lebens Erfahrungen, die eine religiöse Dimension besitzen und die als Anfänge des Gottesbildes angesehen werden können.

Das Kind erfährt hier nicht nur einzelne Gefühle oder gar Stimmungen, sondern es geht vielmehr um Gefühle, die die gesamte Existenz des Kindes berühren.

Die Erfahrungen, die Kinder machen, die Beziehungen zu ihren Eltern übertragen sie unbewusst auf ihre Beziehung und ihre Vorstellung von Gott.

Fühlen sie sich von ihren Eltern angenommen, können sie auch glauben, dass Gott sie annimmt. Gottes Liebe erhält ihren Ausdruck durch die streichelnde Mutter oder den streichelnden Vater, die das Kind auf den Arm nehmen und auf Fragen eingehen.

Wenn Kinder also nach Gott fragen, müssen wir zuerst versuchen zu verstehen, warum es ihnen geht und welche Vorstellungen sie selber mit ihrer Frage verbinden. Wenn wir dabei Bilder für Gott brauchen ist es wichtig, dass Kinder nicht auf ein Bild festgelegt werden.

Gott ist wie die Sonne, hell, wärmend, schön. Oder: Gott ist wie der Wind – man sieht ihn selber nicht, man sieht nur, was er in Bewegung bringt.

Da fragt ein Kind z.B. was Gott denn zum Abendbrot gegessen hat. Die Eltern antworten, dass Gott nicht isst, weil er keinen Körper hat. „Was?“ ruft das Kind überrascht: „Gehen seine Beine denn bis zum Hals?“

Kinder wachsen schnell. Ebenso schnell verändern sich ihre Gedanken und Fragen.

Wenn wir mit ihnen zusammen nach Gott suchen, dann sollten wir darauf achten, dass ihr Gott mit ihnen wachsen kann. Wir sollten uns davor hüten, sie festzulegen auf ihre Vorstellungen von gestern. Wir sollten uns davor hüten, ihnen unsere Vorstellungen überzustülpen.

Es ist besser, wenn Kinder zu viele Bilder – statt zu wenig haben. Ein Kind kann gar nicht zu viele Bilder von Gott haben.

Wenn Kindern keine religiöse Sprache angeboten bekommen, verbinden sie dann ihre Erfahrungen mit anderen Gestalten aus der Welt der Medien – etwa wie He-Man? Oder bleiben solche Erfahrungen als unkontrollierte Stimmung zwischen Weltschmerz und Euphorie?

Die vierte Frage:

Warum soll ich andere gerecht behandeln? Die Frage nach dem Grund ethischen Handelns

Diese Frage ist eng mit dem Aufwachsen der Kinder verbunden. Denn Kinder stellen uns Erwachsene vor diese Frage: Warum eigentlich erwarten wir von ihnen, dass sie andere nicht verletzen, dass sie sich fair verhalten und niemand benachteiligen, vielleicht sogar für Schwache eintreten usw.?

Wer Kindern zu erklären versucht, warum dies besser sei, stößt bald auf Grenzen.

Es sind eher die Erwachsenen, die den Kindern ihr Weltbild, ihre Lebenseinstellung, ihre ethische Einstellung nahe legen.

Weil andere Menschen, Tiere oder auch die Dinge in bestimmter Weise wahrgenommen werden, sind sie auch rücksichtsvoll zu behandeln. Weil sie geachtet werden, soll ihnen auch achtsam begegnet werden usw. Hier sind die Motive für ethische Erziehung: Lebenseinstellungen und Lebenshaltungen, Bilder und Deutungen der Welt. 

Ethisches Handeln im christlichen Sinne beinhaltet Diakonie. Sozial Ausgegrenzte, behinderte und arme Menschen sollen integriert werden. So wie Jesus immer für die Ausgegrenzten da war, zu ihnen ging, sie als Menschen achtete, als Geschöpfe Gottes, so eben sollen auch wir unser Handeln danach ausrichten.

Die fünfte Frage:

Warum glauben manche Kinder an Allah? Die Frage nach der Religion der anderen

Schon im Kindergarten kommt es zu ersten Begegnungen mit anderen Religionen und Konfessionen. Auch hier müssen Kinder mit ihren Fragen begleitet werden.

Eine Begleitung der Kinder bei interreligiösen Begegnungen wird dann aber nicht nur die Einsicht in die religiöse Vorstellungen der anderen einschließen – sie wird auch auf die Fragen achten müssen, die dabei für das Kind selbst aufbrechen können. Wenn Kinder wissen sollen, warum manche Kinder an Allah glauben, so schließt dies auch die Frage nach dem Glauben der eigenen Familie ein: „Und was sind wir? Was glauben wir?“

Zum christlichen Umgang gehört Toleranz. Deshalb ist es nicht nur eine rechtliche Vorschrift, dass in der evangelischen Kindertagesstätte Kinder aller Religionen aufgenommen werden. Es ist vielmehr ein Gebot christlicher Nächstenliebe und Gastfreundschaft,  auf die Bedürfnisse anderer Religionen einzugehen. Als besonderer Teil der Gemeinde ist der Kindergarten der Ort, an dem sich viele Nationen, Religionen und Konfessionen treffen und miteinander leben. Hier praktizieren Kinder Toleranz, lernen andere religiöse Traditionen und Riten kennen und üben den verständnisvollen Umgang mit dem „Fremden“.

Zum Aufwachsen der Kinder gehören diese fünf Fragen und sie verlangen nach einer religiösen Antwort. Religiöse Erziehung ist nicht bloß ein Interesse von Kirche, sondern eine wichtige Dimension aller Erziehung..

Die Angst, dass religiöse Erziehung zur „Gottesvergiftung“ führen könne, ist weit verbreitet. In aller Regel geht es um eine unfreie Erziehung, die sich auf Gott beruft, um das Kind in subtiler Weise zu kontrollieren und zu manipulieren. Am bekanntesten ist die Vermittlung von Strafängsten (Der liebe Gott sieht alles!). „Gottesvergiftung“ steht symbolisch für eine religiöse Erziehung mit Gott als allmächtiger Überwachungs- und Beurteilungsinstanz, die von Erwachsenen mehr oder weniger bewusst eingesetzt wird.

Die gesunde Entwicklung des Kindes ist offenbar auch dann bedroht, wenn nicht zuviel, sondern zuwenig religiös erzogen wird und wenn religiöse Erfahrungen sprachlos bleiben und nicht mehr mit anderen geteilt werden können. Neben die „Gottesvergiftung“ stellen wir deshalb als Zweites die nicht weniger ernst zu nehmende Warnung vor einem religiösen „Kaspar Hauser“-Syndrom.  Kaspar Hauser steht auch hier für das Kind, dem die elementare Unterstützung und Begleitung seines Aufwachsens vorenthalten bleibt. Es steht für das Kind, das nicht zur Sprache findet, weil andere nicht zu ihm und nicht mit ihm sprechen.

Für die Kinder kommt es darauf an, was sie bei uns kennen lernen, weniger in den Antworten auf ihre Fragen, als vielmehr in der Weise, wie wir selber und mit ihnen zusammen leben. Es kommt darauf an, ob sie uns als Fragende, Suchende, für das unsichtbar „Göttliche“ um uns und in uns offene Frauen und Männer erleben. Es kommt darauf an, ob wir unsere Kinder sogar erfahren lassen, dass ihre Fragen uns selber wieder in Bewegung setzen und Anstöße geben.

Biblische Geschichten sind Hoffnungsgeschichten, die für die Selbstwerdung des Kindes eine elementare Bedeutung gewinnen können, weil sie eine hoffnungsvolle Zukunft eröffnen.

Christliche Feste, Beten und Singen, kleine Rituale und besondere Gottesdienste für Kinder und ihre Familien lassen etwas von christlicher Spiritualität erleben.

„Hallo, Mister Gott…“ ist der Titel eines Buches, der die Geschichte von Anna erzählt, einer fünfjährigen, die Fynn, ein Mathematikstudent in den Londoner Docks aufgelesen hat und nun bei ihm und seiner Mutter lebt.

Bei ihren Gesprächen kommen sie immer wieder auf Mister Gott. Anna hat oft die richtigen Einfälle, so auch hier zu Gottes Liebe.

„Fynn, du hast mich lieber als irgendwer sonst, und ich hab dich auch lieber als irgendwer sonst. Aber mit Mister Gott ist das anders. Siehst du Fynn, Leute lieben von außen rein, aber Mister Gott liebt dich innen drin und kann dich von innen küssen, darum ist es anders. Mister Gott ist nicht wie wir. Wir sind bloß ein bisschen wie er. Aber nicht sehr viel.“

Sie sehen, Anna, braucht keine weisen Definitionen zum Gottesbegriff. Gnade, Liebe, Gerechtigkeit sind doch nur schwache Stützen das Unbeschreibbare zu beschreiben. Anna brauchte solche Stützen nicht.

Gott gib Gas, ich will Spaß!

Speyer Dom

„Kirche muss wieder Spaß machen“, stand kürzlich auf dem Programmheft einer Veranstaltung namens „Great Ding-Dong“. Zu diesem ökume-nischen Jugendfestival in Speyer mit Freeclimbing am Dom, Techno-Messen und Modenschau kamen die Jugendlichen in Massen. Ist das die Zukunft der Kirche – die frohe Botschaft verpackt als „Event“ in der „Fun-Gesellschaft“? – von Kurt-Helmuth Eimuth

Man traf sich am Ostermontag in Frankfurts Innenstadt. Die einen mit langer Tradition und unvermindertem Engagement – es war ein Grüppchen von fünfhundert Ostermarschiererinnen und -marschierern, die sich da auf dem Paulsplatz versammelten. Nur wenige hundert Meter entfernt starteten 80.000 Menschen zum zweiten „Goethespaziergang“, einem überaus erfolgreichen neuen Eventangebot der Stadt. Eine typische Situation in einer an Spaß und Unterhaltung orientierten Gesellschaft. Aber mal ehrlich: Auch ich stehe nicht mehr inmitten der Friedensbewegten und hätte wohl eher bei Nina Hagens Versuch der Vertonung der Texte des großen Frankfurter Dichters vorbeigeschaut, als mich nochmals der Richtigkeit des Anliegens der Abrüstung zu versichern.
Die Zeiten ändern sich und die Menschen in ihnen eben auch. Die Geschichte des Christentums hätte ohne seine Anpassungsfähigkeit sicher nicht diese beispiellose Erfolgsbilanz vorzuweisen. Immerhin begann das „Unternehmen Kirche“ ganz bescheiden mit einem Dutzend Menschen, und vor 2000 Jahren war nicht absehbar, dass die Christusbewegung einmal zu einem „Global Player“ in Sachen Religion werden würde.
Doch derzeit stecken die Kirchen in einer konjunkturellen Delle. Die Analyse zeigt: Es handelt sich nicht um eine kurzfristige Absatzschwäche, sondern um eine strukturelle Krise. Das hat zwei Gründe: Zum einen haben sie ihr religiöses Monopol verloren, und zum anderen ist Religion per se weniger gefragt. Dafür finden sich religiös anmutende Rituale und Verhaltensweisen inzwischen auch ganz woanders: Jugendliche Massen singen bei Popkonzerten mit Inbrunst ihre Hymnen und entzünden Feuerzeug oder Wunderkerze. Auf der Internationalen Automobilausstellung wird das Auto als Allerheiligstes präsentiert, und die Werbung verspricht „magische Kräfte“ durch den Genuss eines Magenbitters.
Der Mensch ist offenbar unheilbar religiös. Die Voraussage, dass Religion bald tot sein würde, hat sich als falsch erwiesen. Religiöse Bedürfnisse gibt es immer, und sie werden auch gestillt – entweder in einem säkularen Umfeld oder von einem der zahlreichen Anbieter auf dem religiösen Markt. In dieser Situation müssen sich die Kirchen fragen, was – um einen Ausdruck aus dem Marketing-Deutsch zu gebrauchen – ihr „Kerngeschäft“ ist. Die Kirche hat letztlich nicht mehr (aber auch nicht weniger) anzubieten als ihre Überzeugung, die gute Botschaft. Diesen Bereich gilt es zu stärken.

Der Zeitgeist verlangt nach so genannten „Events“, hier strömen die Massen, wie etwa beim alljährlichen Wolkenkratzerfestival in Frankfurt, an dem sich auch die Kirchen beteiligen (Foto oben). Auch Gottesdienste mit Event-Charakter wie „Go Special“ im hessischen Niederhöchstadt boomen (Foto unten). – Fotos: Oeser, epd-Bild/Neetz
Religion wird dadurch zur Religion, dass sie neben einer Überzeugung und einem auf das Jenseits ausgerichteten Glaubensgebäude auch einen Ritus hat, der aufgrund von Glaubensüberzeugungen zelebriert wird.
Zur Religion gehören nicht nur inhaltliche Überzeugungen, die sich an den Verstand richten, sondern vor allem auch Emotionen. Die Menschen suchen nicht in erster Linie eine Lehre, sondern ein Gefühl, das sie trägt. Sie suchen einen Weg zu Gott, weil sie spüren, dass ihre eigene Existenz begrenzt ist. Sie suchen einen Weg, um mit ihrer eigenen Endlichkeit umzugehen, gerade in einer Welt des scheinbar Perfekten. Es ist die Aufgabe der Kirche, Wege für eine solche Suche zu öffnen. Und in der Tat erfreut.
sich die Kirche dort, wo solche Wege angeboten werden, eines deutlichen Zulaufs – vom „Kloster zur Probe“ bis zum meditativen Tanz. Viele Menschen finden durch solche Angebote wieder Zugang zum Glauben, gelegentlich auch zur Kirche. Das ist kein Aufruf zur bloßen Innerlichkeit, denn selbstverständlich bilden das Ora et Labora, das Beten und Arbeiten, Kontemplation und Kampf, wie es in der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé heißt, eine Einheit.
Dabei kommt der Bildung eine besondere Bedeutung zu. Im Kindergarten können die alten Geschichten von Gott und der Welt in kindgerechter Sprache erzählt werden, können Kinder die biblischen Geschichten nachspielen und sie zu ihrer eigenen Lebenssituation in Beziehung setzen. Eine wichtige Rolle haben dabei natürlich auch die Pfarrerinnen und Pfarrer. In den vergangenen Jahrzehnten übernahmen sie jedoch zunehmend andere, eher ausbildungsferne Aufgaben. Einige sind zu Managern ihrer Gemeinden geworden, haben Kompetenzen in Spezialgebieten wie dem Abrech- nungswesen oder dem Sozialgesetzbuch erworben und sind nebenbei auch noch Bauleiter. Kirchengemeinden stehen in der Gefahr, zuweilen mehr Sozialstation als spirituelles Zentrum zu sein. Das Angebot an Gottesdiensten ist nämlich vergleichsweise schmal: Sonntags morgens, 10 Uhr, klassische Form – anderes ist selten zu haben.
An Ideen fehlt es nicht. Schon Jahrzehnte alt ist der Vorschlag, am Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend in der Stadt Gottesdienste mit unterschiedlicher Prägung anzubieten: Erstens hat sich das Wochenendverhalten der Menschen geändert, außerdem haben sie unterschiedliche Vorlieben. Für die einen ein Gospelgottesdienst, für die anderen ein Schweige-Gottesdienst, Sakro-Pop, ja auch Techno-Gottesdienste sind denkbar und wünschenswert.
Eine einzelne Gemeinde ist damit überfordert. Aber angesichts all der Sonderpfarrstellen, die es ja längst gibt, kann nicht ein Mangel an Pfarrstellen das Problem sein. Solche Ideen stehen einfach nicht ganz oben auf der Tagesordnung. Dabei zeigen die Erfolge von Go-Special in Niederhöchstadt, die monatlichen Frauengottesdienste und auch die charismatischen Gottesdienste mit ihrer problematischen fundamentalistischen Ausrichtung, dass solche Zielgruppenangebote angenommen werden.
In der katholischen Kirche werden solche Fragen klar strategisch entschieden. So will man in Bremen durch die Etablierung eines Klosters mitten in der Stadt ein spirituelles Zentrum schaffen. Welche Chancen ein solches Zentrum hat, kann man bereits in der katholischen Liebfrauenkirche in Frankfurt sehen. Sie ist mit ihren zahlreichen Gottesdiensten, der Möglichkeit zum Aufstellen einer Kerze, dem Internet-Auftritt und ihrer Hilfe für Obdachlose wirklich ein spirituelles Zentrum geworden.
Der Kirchentag hat es immer vermocht, die beiden Seiten von Religion zu vereinen – er war immer „Kampf und Kontemplation gleichzeitig. Und es deutet alles darauf hin, dass auch der Frankfurter Kirchentag 2001 gleichzeitig politisch und spirituell sein wird. Er ist eben durchaus ein Mega-Event, aber auch ein riesiger, fünf Tage dauernder Gottesdienst.
Kurt-Helmuth Eimuth

Evangelisches Frankfurt, Ausgabe Juni 2001 · 25. Jahrgang · Nr. 4

Brundibar

29. 1. 01 Heilig Geist, Frankfurt

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied: EG 295, 1-4

Wohl denen die da wandeln

Votum:

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist die schöpferische Kraft,

die alles Leben werden läßt.

Jesus Christus ist die heilende Kraft,

die zusammenhält, was auseinandergefallen ist.

Gottes Geist ist die tragende Kraft,

die hält, was zu fallen droht.

Psalm 23, Nr. 711 im Wechsel

Der Herr ist mein Hirte,

mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue

Und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße um seines

Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,

fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir,

dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch

Im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl

Und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen

Mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des Herrn

immerdar.

Eingangsgebet:

Wir stehen vor dir, Gott

Eingebunden in unsere Welt,

umgeben von unserem Alltag,

gefordert von der Verantwortung, die wir tragen.

So viel Unterschiedliches umgibt uns,

so viele Anforderungen werden an uns gestellt,

da ist es manchmal nicht einfach, die Orientierung zu behalten –

oder überhaupt erste eine zu finden.

Die Sehnsucht ist da eine Richtung zu erkennen,

an die wir uns halten und auf die wir uns verlassen können.

In unserer schnellebigen Zeit

Suchen wir Beständigkeit und dauerhafte Ziele.

Wir stehen vor dir, Gott,

mit unseren Erfahrungen und Träumen,

mit unserer Realität und unseren Hoffnungen.

Vor dir können wir sie bestehen lassen und ernst nehmen. Amen.

Lied: EG 613, Freunde, daß der Mandelzweig

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit einigen Jahren erinnern wir uns am 27. Januar der Verbrechen des Holocaust. Gestern Abend demonstrierten Künstler gegen Gewalt und Hass von Rechts. Gerade in einer Zeit, in der die Überlebenden des Holocaust immer weniger werden, bedarf es der Erinnerung.

Eine besondere Form der Erinnerung ist die Aufführung der Kinderoper „Brundibar“. Seit sechs Jahren wird sie alljährlich aufgeführt. Brundibar erzählt – verpackt in der hinreisenden Musik des tschechisch-jüdischen Komponisten Hans Kra´`sa – die Geschichte von Aninka und Pepicek, die Milch für ihre kranke Mutter holen wollen. Da sie kein Geld haben, versuchen sie es mit Straßenmusik – wie der Leierkastenmann Brundibar, der mit immer demselben Lied den Leuten den Kopf verdreht. Aber Brundibar verjagt die Kinder. Wie sich für ein schönes Kinderstück gehört, setzen sich natürlich die Guten durch. Aninka und Pepicek gelingt es Brundibar zu überlisten.

Hinter der fröhlichen Kindergeschichte steckt freilich mehr: Brundibar – das ist auch die Oper von Theresienstadt. Und als solche voller mutiger und ermutigender Anspielungen auf den Widerstand gegen das NS-Regime und andere Gewaltstrukturen. 55 mal wurde die Kinderoper 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt von Kindern des Prager jüdischen Waisenhauses für ihre Leidensgenossen gespielt. Dann aber wurden die meisten der mitwirkenden Kinder und auch der Komponist Hans Kra´sa nach Ausschwitz deportiert und ermordet.

Trotz der unglaublichen Zustände war die Oper für die Kinder von hoher Bedeutung. Eine Überlebende berichtete, daß für sie die Musik wichtiger war als Brot. Die Aufführungen bedeuteten Ablenkung vom KZ-Alltag. Sie demonstrieren ebenfalls, daß Menschen in verzweifelter Situation ihre Hoffnung nicht aufgeben.

Wie stark der Ausdruck dieser Oper ist zeigt sich in dem Wiegenlied. Der Text lautet:

Mutter wiegt sanft ihr Kind,

denkt wie die Zeit verrinnt,

noch ist es klein doch wird es bald erwachsen sein.

Wenn ein Vogel flügge wird,

ist das Nest bald zu klein,

sucht sein Glück, fliegt allein

nichts hält ihn zurück.

Alles wächst und vergeht,

weil die Zeit niemals steht,

weil die Welt sich immer dreht.

Mutter es ist so weit,

aus ist die Kinderzeit,

denkst du daran, wie schnell sich alles ändern kann?

Leer steht unser Kinderbett,

wir geht fort, aus dem Haus,

in die Welt ziehn hinaus,

tun was uns gefällt.

Alles wächst und vergeht,

weil die Zeit niemals steht,

weil die Welt sich immer dreht.

Doch neues Glück beginnt,

auch wenn die Zeit verrinnt,

in meiner Wiege träumt schon bald dein Enkelkind.

Ich darf Ihnen gerade mal dieses kurze Lied vorspielen.

Was für ein hoffnungsvoller Text mitten im Elend. Und sicher ahnten oder wußten sie gar, dass in Ausschwitz nur der Tod auf sie wartete.

Es ist gut, dass auch heute noch 56 Jahre nach Beendigung des Krieges die heutigen Kinder von diesem Schicksal erfahren. Dass sie sich Auseinanndersetzen mit dem Unrecht auf dass es solches nie wieder bei uns gibt. Auch das macht Mut.

Lied: EG 599, Selig seid ihr

Mitteilungen

Gebet:

Gott, Quelle der Weisheit

Wir danken für die Momente der Klarheit, die wir erleben,

für den echten Glanz, den wir sehen,

für deine Gegenwart.

Wir bitten dich,

laß uns deine Gegenwart auch in unserer Gemeinschaft erleben:

in unserer Kirche,

daß wir gemeinsam Worte finden für das, was uns bewegt,

in unserem Land,

daß wir uns auf deinen Zuspruch von Frieden und Gerechtigkeit besinnen,

in unserer Gemeinde,

daß wir die Höhen und Tiefen unseres Weges begreifen.

Wir denken an unser eigenes Leben,

was uns fehlt, was wir ändern wollen.

Daß wir unser Leben verantwortungsvoll gestalten,

anderen und uns selbst Freude schenken können,

darum bitten wir.

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

Und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott segne uns und behüte uns

Gott gebe uns Liebe, wo Haß ist,

Kraft, wo Schwachheit lähmt,

Toleranz, wo Ungeduld herrscht,

Offenheit, wo alles festgefahren scheint.

So sei Gottes Segen mit uns allen,

beflügle unsere Hoffnung

und begleite uns wie ein Licht in der Nacht. Amen.

Lied: 421 Verleih uns Frieden

Wir sind die Kleinen

Jubiläumsgottesdienst, 28. 5. 2000

Arche-Noah-Kindergarten, Weinbach

Begrüßung und Abkündigung: KV-Mitglied

Lied: Wie schön, daß Du entstanden bist

Eingangswort: Sponholz

Bekenntnis: Erieherinnen

Lesung: Frau Dragesser

Anspiel: endet mit

Lied: Wir sind die Kleinen (Kiga-Kinder)

25 Wünsche und Geschenke (Kinder)

Lied: Ich singe dir, EG 324, 1-7

Ansprache: Eimuth

Lied: Großer Gott, EG 331, 1-3

Gebet: Kindergartenteam

Vater unser

Lied: Nun danket all, EG 322, 5-7

Segen: Eimuth

Gebet:

Herr, wir bitten dich, gib allen Kindern der Erde Geborgenheit, daß sie sich so sicher wie in einer Arche fühlen.

Herr, wir bitten dich, stelle alle Menschen der Erde unter deinen Regenbogen, und erneuere damit deinen Bund mit ihnen.

Herr, wir bitten dich, gib uns die Zuversicht, daß wir auch in ausweglosen Situationen Hoffnung spüren.

Herr, wir bitten dich für diesen Tag, stelle ihn unter deinen Schutz, gib allen Helfern die nötige Ruhe und Umsicht und erfülle unsere Herzen mit Freude und Jubel.

Amen.

Wir beten mit den Worten die Gott uns gelehrt hat:

Vater unser…

Bekenntnis:

Wir feiern Gott

In der Schönheit der Schöpfung,

die uns froh macht mit den Farben der Blumen,

die uns leben läßt von der Ernte der Felder,

die unser Leben ordnet

in Morgen und Abend,

in Tage und Jahre.

Wir feiern Gott

Im Geheimnis der Liebe,

die uns zu den Menschen bringt, Großen und Kleinen,

die unsere Herzen bewegt,

die uns freundlich und zärtlich sein läßt.

Wir feiern Gott

Im Geschenk der Kinder,

die unter uns heranwachsen,

die unsere Fürsorge brauchen und unsere Geduld,

die uns bereichern

mit ihrem Lachen und ihren Fragen,

die weitertragen,

was Gott an menschlichem Leben geschenkt hat.

Wir feiern Gott

In der Kraft des Friedens,

die uns stärkt gegen die Ungerechtigkeit,

die uns mutig und zuversichtlich macht

auf dem Weg

zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde. Amen.

Liebe Kinder, liebe Gemeinde,

heute ist ein großer Tag für den Arche Noah-Kindergarten. 25 Kerzen sind ausgeblasen und 25 Wünsche haben wir gehört. Heute feiern wir Geburtstag. Vor 25 Jahren wurde der Kindergarten gebaut und eingeweiht. Viele Kinder haben seitdem den Kindergarten besucht, haben gespielt und gesungen, haben andere Kinder kennengelernt, haben mit ihren Erzieherinnen viel erlebt. Einige Kindergartenkinder von damals haben heute selbst Kinder, die in den Arche-Noah Kindergarten gehen.

Der Kindergarten heißt heute Arche Noah. Ein Name, der schon zu einem Symbol geworden ist. Mit der Arche Noah verbindet man Rettung, Geborgenheit, Hoffnung, Zukunft.

Und wie wir in der Geschichte vorhin gehört haben, sind viele Tiere und auch Menschen in der Arche gerettet worden. Viele Tage und Nächte waren sie zusammen, haben friedlich zusammengelebt, und ich denke, sie haben sich auch verstanden. Einer hat die Sprache des Anderen verstanden auf dem Schiff. Weil sie so lange zusammen waren, und es schon fast anfing langweilig zu werden, kam Noah oder war es die Frau Noahs? auf die Idee, sich abends vor dem Schlafengehen im großen Aufenthaltsraum zu treffen und sich Geschichten zu erzählen.

An einem Abend war Frau Maus dran. Sie erinnerte sich wie sie noch in der alten Steinmauer wohnten. Rund um die Wiese herum, wo Kühe und Pferde grasten, stand diese alte Steinmauer. In dieser Mauer, nahe bei Scheune und Kornspeicher wohnte ihre Familie, die Feldmäuse.

Aber die Bauern waren weggezogen, Scheune und Kornspeicher standen leer. Und weil es bald Winter wurde, begannen die kleinen Feldmäuse Körner, Nüsse, Weizen und Stroh zu sammeln. Alle Mäuse arbeiteten Tag und Nacht. Alle – bis auf Frederick. „Frederick, warum areitest du nicht?“ fragten sie. „Ich arbeite doch“, sagte Frederick, „ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten, dunklen Wintertage.“ Und als sie Frederick so dasitzen sahen, wie er auf die Wiese starrte, sagten sie: „Und nun, Frederick, was machst du jetzt?“ „Ich sammle Farben“, sagte er nur, „denn der Winter ist grau.“ Und einmal sah es so aus, als sei Frederick halb eingeschlafen. „Träumst du, Frederick?“ fragten sie vorwurfsvoll. „Aber nein“, sagte er, „ich sammle Wörter. Es gibt viele lange Wintertage – und dann wissen wir nicht mehr, worüber wir sprechen sollen.“

Als nun der Winter kam und der erste Schnee fiel, zogen sich die fünf kleinen Feldmäuse in ihr Versteck zwischen den Steinen zurück. In der ersten Zeit gab es noch viel zu essen und die Mäuse erzählten sich Geschichten über singende Füchse und tanzende Katzen. Da war die Mäusefamilie ganz glücklich. Aber nach und nach waren fast alle Nüsse und Beeren aufgeknabbert, das Stroh war alle und an Körner konnten sie sich kaum noch erinnern.

Es war auf einmal sehr kalt zwischen den Steinen der alten Mauer und keiner wollte mehr sprechen. Da fiel ihnen plötzlich ein, wie Frederick von Sonnenstrahlen, Farben und Wörtern gesprochen hatte. „Frederick“, riefen sie, „was machen deine Vorräte?“

„Macht die Augen zu“, sagte Frederick und kletterte auf einen großen Stein. „Jetzt schicke ich euch die Sonnenstrahlen. Fühlt ihr schon, wie warm sie sind? Warm , schön und golden?“ Und während Frederick so von der Sonne erzählte, wurde den vier kleinen Mäusen schon viel wärmer. Ob das Fredericks Stimme gemacht hatte? Oder war es ein Zauber?

„Und was ist mit den Farben, Frederick?“, fragten sie aufgeregt. „Macht wieder eure Augen zu“, sagte Frederick. Und als er von blauen Kornblumen und roten Mohnblumen im gelben Kornfeld und von grünen Blättern am Beerenbusch erzählte, da sahen sie die Farben so klar und deutlich vor sich, als wären sie aufgemalt in ihren kleinen Mäuseköpfen.

„Und die Wörter, Frederick?“ Frederick räusperte sich, wartete einen Augenblick und dann sprach er wie von einer Bühne herab:

„Wer streut die Schneeflocken? Wer schmilzt das Eis? Wer macht lautes Wetter? Wer macht es leis? Wer bringt den Glücksklee im Juni heran? Wer verdunkelt den Tag? Wer zündet die Mondlampe an?

Vier kleine Feldmäuse wie du und ich wohnen im Himmel und denken an dich.

Die Erste ist die Frühlingsmaus, die lässt den Regen lachen. Als Maler hat die Sommermaus die Blumen bunt zu machen. Die Herbstmaus schickt mit Nuss und Weizen schöne Grüße. Pantoffeln braucht die Wintermaus für ihre kalten Füße.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter sind vier Jahreszeiten. Keine weniger und keine mehr. Vier verschiedene Fröhlichkeiten.“

Als Frederick aufgehört hatte, klatschten alle und riefen: „Frederick, du bist ja ein Dichter!“ Frederick wurde rot, verbeugte sich und sagte bescheiden: „Ich weiß es – ihr lieben Mäusegesichter!“

Die Tiere hatten voller Spannung zugehört und waren beeindruckt von Frau Maus. Noah saß nachdenklich in seinem Sessel. Ihm wurde nochmals deutlich, dass jeder und jede wichtig und einzigartig ist. Manchmal erkennt man es nicht sofort. Und manchmal, wie beim Träumer Frederick, merkt man erst spät, wie wichtig auch solche für die Gesellschaft oder für den Kindergarten sind.

Lied: Großer Gott, EG 331, 1-3

Segen:

Gott, segne unsere Augen,

daß wir einander in die Augen sehen können.

Gott, segne unsere Ohren,

daß wir uns gegenseitig zuhören können.

Gott, segne unseren Mund,

daß wir Worte füreinander finden, die nicht weh tun.

Gott, segne unser Herz,

daß wir Liebe spüren und Liebe geben können.

Gott, segne unsere Hände,

daß wir sie anderen reichen können. Amen.