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Verabschiedung Conny von Schumann

Conny von Schumann wurde am 3. Juli 2021 in der Heiliggeistkirche aus dem Dienst des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt Offenbach verabschiedet. Zuletzt leitete er die Notfallseelsorge.

Notfallseelsorger verabschiedet

Conny von Schumann wurde am Freitag, 2. Juli 2021, als Leiter der Notfallseelsorge Frankfurt Offenbach von Stadtdekan Achim Knecht in den Ruhestand verabschiedet. Knecht würdigte den Dienst des Leiters aber auch aller Ehrenamtlichen, die an 365 Tagen 24 Stunden lang bereit stehen, um in existentiellen Krisensituationen Menschen zu begleiten. Conny von Schumann arbeitete vier Jahrzehnte bei der evangelischen Kirche, seit 2005 beim Evangelischen Regionalverband Frankfurt Offenbach.

Über die Arbeit der Notfallseelsorge und den Ruhestand spricht Conny von Schumann im Interview:

Notfallseelsorge: Damit sich auch jemand um die Angehörigen kümmert

von Kurt-Helmuth Eimuth 31. Juli 2019

Bei grausamen Ereignissen wie diese Woche am Frankfurter Hauptbahnhof, als ein achtjähriger Junge und seine Mutter vor einen einfahrenden ICE gestoßen wurden und das Kind starb, wird auch die Notfallseelsorge gerufen. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen den Angehörigen und Betroffenen zur Seite. 278 Mal war die Frankfurter Notfallseelsorge im Jahr 2018 im Einsatz.

Blumen an Gleis 7 erinnern an den getöteten Jungen. Die Notfallseelsorge war auch diesmal im Einsatz, um den Menschen beizustehen, die die Tat miterlebt hatten. | Foto: Rolf Oeser
Blumen an Gleis 7 erinnern an den getöteten Jungen. Die Notfallseelsorge war auch diesmal im Einsatz, um den Menschen beizustehen, die die Tat miterlebt hatten. | Foto: Rolf Oeser

Polizei und Notärzte kümmern sich in Notfällen um die direkt Betroffenen, aber auch andere brauchen Hilfe. Am 29. Juli, als im Frankfurter Hauptbahnhof ein achtjähriger Junge starb, erlitten auch viele Umstehende einen Schock oder brauchten Unterstützung und ein offenes Ohr: Die Reisenden auf dem Gleis, aber auch diejenigen, die in dem Zug saßen. Die Haupt- und Ehrenamtlichen der Frankfurter Notfallseelsorge kümmerten sich in den Räumen der Bahnhofsmission um alle, die Beistand brauchten.

Dass es in Frankfurt eine Notfallseelsorge gibt, dafür war ein anderes grausames Ereignis der Auslöser: An Weihnachten 1996 wurde in der Kirche in Sindlingen ein Handgranatenanschlag verübt, bei dem drei Menschen starben und zahlreiche Gottesdienstbesucherinnen und -besucher verletzt wurden. Polizei und Notärzte kamen, aber niemand war da, um die Zurückgebliebenen, die Angehörigen, die nicht verletzten Menschen zu betreuen.

Dieses Schlüsselereignis führte in der Folge zur Gründung der Notfallseelsorge vor zwanzig Jahren. In Kooperation mit den Einsatzkräften vor Ort kümmert sie sich um die Angehörigen eines Unfalles, eines plötzlichen Todesfalles oder auch eines Suizids. Die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger überbringen auch Todesnachrichten.

Gerufen werden die heute 38 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Feuerwehrleitstelle. „Von Anfang an war Bedingung, dass wir an 365 Tagen im Jahr immer zwei Personen in Bereitschaft haben“, sagt Irene Derwein. Die Pfarrerin ist von Anfang an dabei, zuerst als Ehrenamtliche, dann zehn Jahre lang als Leiterin der Notfallseelsorge. Heute ist sie die zuständige Arbeitsbereichsleiterin im Diakonischen Werk für Frankfurt und Offenbach.

Unter den Ehrenamtlichen sind Pfarrerinnen und Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, aber auch Journalistinnen und Bankangestellte. Sie alle haben Erfahrung mit Menschen in Krisensituationen und eine 14-tägige Zusatzqualifikation absolviert. Zunächst ist ihre Aufgabe eine reine Krisenintervention, das heißt: bei den Menschen sein, mit ihnen sprechen, Hilfe durch Angehörige organisieren, wenn die Rettungskräfte abgezogen sind. Falls gewünscht, wird ein Gebet gesprochen.

Sollte der Leichnam noch im Haus sein, kann eine Aussegnung mit Kerzen und Gebet gemacht werden. Es geht um eine würdige Verabschiedung. Alle Ehrenamtlichen, ob Theologen oder Laien, sind darin geschult. Dies sei eine Besonderheit der Ausbildung, sagt Irene Derwein. Sie bedauert allerdings, dass es nicht gelungen ist, von Anfang an die katholische Kirche mit ins Boot zu bekommen. Unter den Ehrenamtlichen sind aber katholische Christinnen und Christen und auch Priester. Bei Bedarf vermittelt die Notfallseelsorge auch an muslimische Seelsorgerinnen.

Inzwischen hat die Notfallseelsorge eine hohe Akzeptanz. Im Jahr 2018 wurde sie 278 Mal gerufen und hat über 700 Menschen begleitet. Die Akzeptanz bei den Rettungskräften kommt nicht von ungefähr. So unterrichtet der neue Leiter der Notfallseelsorge, Conny von Schumann, die Feuerwehr in Krisenintervention und Stressbewältigung. Auch die Feuerwehrkräfte müssen mit den belastenden Ereignissen umgehen. Auch für sie ist die Notfallseelsorge Ansprechpartnerin.

Inzwischen sind die Seelsorgerinnen und Seelsorger auch bei einigen Großveranstaltungen oder bei Bombenevakuierungen direkt vor Ort. „Da gibt es immer was zu tun, und zahlreiche ältere Leute erinnern sich noch an die Bombennächte von Frankfurt“, berichtet von Schumann von der letzten Entschärfung im Ostend. „Da braucht es einfach Zuhörer.“

Der Weg zur Notfallseelsorge geht immer über die Rettungs- und Einsatzkräfte, Privatleute können sich im Fall von Krisen oder Hilfsbedarf an die Telefonseelsorge wenden, die rund um die Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 0800/111 0 111 erreichbar ist.

Veränderte Sektenlandschaft: Der Selbsthilfeverein „SINUS“ hat sich aufgelöst

von Kurt-Helmuth Eimuth 17. Februar 2018

Der Verein Sekteninformation- und Selbsthilfe Hessen (SINUS) hat sich aufgelöst. „Es bestand die Gefahr, dass wir den Erwartungen von Ratsuchenden nicht mehr gerecht werden konnten“, sagt der Vereinsvorsitzende Conny von Schumann zur Begründung.

Hare Krishna-Gruppe auf der Zeil.  |  Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Hare Krishna-Gruppe auf der Zeil. | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Vor 25 Jahren war der hessische Selbsthilfeverein „Sinus“ für Menschen, die in problematische weltanschauliche Gruppierungen geraten sind, mit Unterstützung des evangelischen und katholischen Weltanschauungsbeauftragten gegründet worden. Ziel war es, dass Betroffene mit ehemaligen Sektenmitgliedern sprechen konnten. Denn es ist ein Kennzeichen von Sekten, dass sie einen eigenen „Code“ sprechen. Außenstehende verstehen oftmals den Inhalt der Worte nicht, schon gar nicht die Bedeutung im Sekten-Kontext. „Sinus“ war also eine Plattform des Erfahrungsaustauschs unter Betroffenen.

Allerdings hat sich die Szene in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten verändert. Es gibt zwar immer noch die großen Gruppierungen wie Zeugen Jehovas oder Scientology, aber es sind auch zahlreiche kleine Gruppen mit sektenhaftem Charakter entstanden. Der „Sektenmarkt“ ist sehr unübersichtlich: Lebenshilfeangebote, Persönlichkeitsseminare, Jenseitskontakte und Fernheiler kann man etwa jedes Jahr auf der Esoterik-Messe in Frankfurt erleben.

Noch etwas hat sich grundlegend gewandelt: Anders als in den 1970er Jahren, als viele Sekten den Ausstieg aus der Leistungsgesellschaft propagierten, versprechen sie heute Selbstoptimierung und ein besseres Leben innerhalb der Gesellschaft. Selbst Managementseminare sind da nicht ausgenommen. Hinzu kommt, dass sich abstruse Ideologien aller Art wie etwa die der so genannten „Reichsbürger“ über das Internet wunderbar verbreiten lassen.

Doch im Kern geht es immer um die gleiche Frage: Ab wann werden Menschen so manipuliert, dass ihr Tun und Handeln völlig fremdbestimmt sind? Und in letzter Konsequenz: Ist man bereit, um der angeblich „gerechten Sache“ Wille“ anderen Schaden zuzufügen?

Auch bei den jungen Anhängerinnen und Anhängern eines radikalen Salafismus im Islam wirkt dieser Mechanismus. Die Auseinandersetzung mit totalitären Strömungen unter religiösem Vorzeichen ist aktueller denn je, und die Demokratie braucht sie.

Doch diese Auseinandersetzung kann in der ehrenamtlichen Struktur von „Sinus“ nicht mehr geleistet werden. Die Kirchen stehen weiterhin mit ihren Weltanschauungsbeauftragten als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung.