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Bastian Bergerhoff: „In Frankfurt haben wir Religionsfrieden“

von Anne Lemhöfer
und Kurt-Helmuth Eimuth 6. September 2021

Bastian Bergerhoff (53) ist der neue Frankfurter Kirchendezernent. Der Grünen-Politiker ist nicht getauft, geht aber trotzdem gelegentlich in den Gottesdienst. Wir haben mit ihm über Bach, den interreligiösen Dialog und seine Lieblingskirche gesprochen.

Der neue Kirchendezernent Bastian Bergerhoff auf dem Römerberg. Zuständig ist er unter anderem für den Unterhalt der historischen Kirchengebäude in Frankfurt. | Foto: Rolf Oeser
Der neue Kirchendezernent Bastian Bergerhoff auf dem Römerberg. Zuständig ist er unter anderem für den Unterhalt der historischen Kirchengebäude in Frankfurt. | Foto: Rolf Oeser

Herr Bergerhoff, Sie sind frisch gekürter Frankfurter Stadtkämmerer, außerdem sind Sie ab sofor zuständig für die Bereiche Personal und Kirchen innerhalb der Stadtregierung. Warum braucht Frankfurt als multireligiöse Stadt, in der auch viele Atheist:innen leben, eigentlich einen Kirchendezernenten?
Als Kirchendezernent bin ich in erster Linie für die Kirchengebäude und deren Unterhalt im historischen Stadtkern zuständig, die sich im Eigentum der Stadt Frankfurt befinden. Diese Zuständigkeit hat historische Gründe. Das hat mit dem Dotationsvertrag von 1830 zu tun, durch den die kirchlichen Räume, vor allem die Innenstadtkirchen, an die Stadt übertragen wurden.

Gehen Sie selbst in den Gottesdienst?
Ja, gelegentlich. Als ich noch in einem Kirchenchor gesungen habe, bin ich regelmäßig zum Singen im Gottesdienst gewesen. Aber auch zu anderen Anlässen gehe ich manchmal in den Gottesdienst. Ich wurde nicht getauft, habe heute aber familiär und kulturell eine starke Nähe zu den Kirchen. Mein persönlicher Zugang war dabei immer insbesondere die Musik.

Haben Sie selbst Musik gemacht?
Ich mache privat sehr viel Musik. Aber Sie fragen wahrscheinlich nach Musik in Kirchengemeinden. Ja, ich habe lange im Chor der Thomas-Gemeinde in Heddernheim gesungen und habe in einer anderen Gemeinde gelegentlich sonntags in Vertretung die Orgel gespielt.

Haben Sie ein Lieblingslied?
Mir geht „Aus tiefster Not schrei ich zu dir“ – gerade im Satz von Johann Sebastian Bach – sehr nahe, es berührt mich sowohl musikalisch wie auch textlich stark.

Für manche mag das seltsam anmuten, dass ein Kirchendezernent nicht getauft ist.
Vielleicht. Aber auch nur auf den ersten Blick. Die Zuständigkeit für kirchlich Angelegenheiten ist ja tatsächlich keine inhaltliche Zuständigkeit für den Glauben. Glaube ist zum Glück etwas sehr Persönliches. Und dass Religion auch heute noch ein Faktor im gesellschaftlichen Alltag ist, war auch für mich immer klar und ich habe das immer positiv erlebt – neben meiner Begeisterung für Musik hat das bei mir zum Beispiel dadurch Spuren hinterlassen, dass ich im katholischen Haus der Begegnung meinen Zivildienst geleistet habe.

Haben Sie eine Lieblingskirche?
Ich wohne im Bereich der Dreikönigskirche. Die hat in Frankfurt sicherlich große Bedeutung für die Kirchenmusik, von der wir ja schon viel gesprochen haben. Daneben gibt es andere, auch kleinere Kirchen, die mir aus unterschiedlichen Gründen im Laufe meines Lebens Besonderes bedeutet haben. Ein Ranking liegt mir fern. Als zuständiger Dezernent sehe ich aber natürlich, dass gerade unsere Innenstadtkirchen ein hohes kulturelles Gut für die Stadt darstellen, das es zu pflegen gilt. Nicht zuletzt an der St. Leonhardskirche ist zu sehen, wie gut das der Stadt die letzten Jahre gelungen ist. Alle unsere Innenstadtkirchen sind prägende Orte, jede auf ihre eigene Art.

Wie beurteilen Sie den interreligiösen Dialog in Frankfurt?
Ich finde, dass er sehr gut funktioniert! Die Interreligiosität reflektiert Frankfurt in seiner Vielfalt – ich glaube, es gibt keine Religionsgemeinschaft, und sei sie noch so klein, die hier keine Vertreter:innen hat. Auch der Rat der Religionen arbeitet sehr erfolgreich. Es gibt in Frankfurt kaum unlösbare Konflikte um das Thema Religion – es wird immer versucht, zu vermitteln und Lösungen zu finden. Ich habe den Eindruck, dass wir in Frankfurt Religionsfrieden haben.

Welche Funktion von Kirche ist Ihrer Meinung nach in Frankfurt die Wichtigste?
Religion ist sicher ein Element, das die Stadt und die Gesellschaft zusammenhält. Wenn Menschen ihren Glauben als etwas Trennendes begreifen, dann habe ich dafür wenig Verständnis. Das betrifft aber sicher nur eine verschwindende Minderheit. Die meisten Menschen betrachten ihren Glauben als etwas Zusammenbringendes und leben ihn auch so. Ich finde es toll, dass sich die Kirchen an gesellschaftlichen Diskussionen beteiligen, in allen Bereichen. Darüber hinaus sind sie eine tragende Säule unserer sozialen Infrastruktur, die unerlässlich für uns ist.

„Die harte Trennung von Staat und Kirche gefällt mir nicht“

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 28. Mai 2015

Oberbürgermeister Peter Feldmann will die Stadt sozialer gestalten. Dabei baut er auch auf die Kirchen. Ein Gespräch mit Kurt-Helmuth Eimuth.

Frankfurt: Interview Eimuth mit Peter Feldmann, dem Frankfurter Oberbürgermeister, in seinem Amtszimmer im Römer Foto aufgenommen am: 22.04.2015 Foto: Rolf Oeser

Oberbürgermeister Peter Feldmann im Gespräch mit Evangelisches Frankfurt. Foto: Rolf Oeser

Herr Oberbürgermeister, Sie haben bei mancher Gelegenheit betont, dass Sie selbst einmal Mitarbeiter des Evangelischen Regionalverbandes waren.

Das ist wahr. Und das war eine sehr gute Zeit, in der ich viel gelernt habe, gerade im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Es ging nicht um Sozialstatistiken oder Organigramme, sondern es ging um Menschen. Ich habe gelernt, dass Sozialarbeit immer ein Wertefundament braucht. Das trägt meine Arbeit bis heute.

Was erwarten Sie als Oberbürgermeister von der evangelischen Kirche?

Dass das Heimatgefühl, das ich damals als Mitarbeiter erlebt habe, nicht nur nach innen, sondern auch gesamtgesellschaftlich trägt. Das heißt, dass die Kirchen insgesamt zu ihrem Wertefundament stehen und es keinem allzu modernen Zeitgeist opfern sollten. Die Botschaft, die wir aus dem Weihnachtsfest mit der Nähe von Mensch zu Mensch mitnehmen, ist eine Aufgabe für das ganze Jahr.

Viele nehmen heute Religion als etwas wahr, das Unfrieden stiftet.

Die Religionen stehen ja erst einmal für Frieden. Schwierig sind nur die, die glauben, sie wissen alleine, wie der Weg zum Frieden auszusehen hat, die keine anderen Ansichten neben der eigenen gelten lassen Das bringt die Konflikte. Sobald zumindest im Umfeld der drei Buch-Religionen, Judentum, Christentum und Islam die Ur-Botschaft der zehn Gebote ernst genommen wird, sind harte, aggressive, gewalttätige Konflikte undenkbar.

Hier in Frankfurt haben wir ja den Rat der Religionen. Wie nehmen Sie ihn wahr?

Das ist eine wunderbare Plattform für den gemeinsamen Diskurs. Ich wünsche mir allerdings mehr gemeinsame Auftritte der Konfessionen in den Kindergärten und Schulen. Damit die nächste Generation weiß, der Jude, der Muslim ist nicht der Feind, sondern auch einer der Guten. Das geht nur, wenn sich die zentralen Vertreter der Religionsgemeinschaften nicht scheuen, auch gemeinsam in Schulen zu gehen und sich gegenseitig unterstützen. Das hat große Symbolkraft. Da bin ich als Oberbürgermeister immer dabei.

Viele rufen aber nach einer stärkeren Trennung von Staat und Kirche.

Diese absolute Säkularität, diese harte Trennung, gefällt mir nicht. Ich finde es sehr schön, wenn beispielsweise der RMV gemeinsam mit den Kirchen für ein Weihnachtsticket wirbt. Das ist eine Zeit der Besinnung, da sollte man seine Familien und Freunde besuchen, das sollte nicht am Geld scheitern. Ich wünsche mir mehr Projekte dieser Art.

Soll der Sonntag als arbeitsfreier Tag weiter geschützt werden?

Absolut. Nicht nur als Sozialdemokrat und Gewerkschafter bin ich dafür. Das Gebot des siebten Tages soll nicht an die Seite gelegt werden.

Sie sind angetreten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Das Thema ist endlich in unserer Stadt zum zentralen Thema geworden. Das hängt natürlich nicht alleine von mir ab. Aber ich bin schon sehr stolz, dass wir die Budgets der Stadt um hundert Prozent gesteigert haben. Geld baut noch keine Wohnungen, ist aber eine Grundlage dafür. Jetzt müssen wir alles tun, um die leidige Diskussion über leer stehenden Büroraum in konkrete Projekte einfließen zu lassen. In der Adickesallee im Februar dieses Jahres oder in der Hahnstraße in der Bürostadt Niederrad im März durfte ich jeweils einen „Baggerbiss“ machen. Baggerbiss bedeutet: Wir reißen Gewerberaum ab, um daraus Wohnraum zu machen!

Es gibt die ersten Projekte im Umland, wo wir auch gemarkungsübergreifend bauen und beispielsweise Studenten Wohnraum außerhalb Frankfurts anbieten. Aber auch mit unserer Nachbarstadt Offenbach sind wir einen Schritt nach vorne gekommen: Die Hafeninsel ist ein tolles Projekt unserer beider Städte.

Welche Pläne verfolgen Sie außerdem noch?

Ein Weg ist eine vorsichtige, sensible Verdichtung. Aber ich möchte auch nicht, dass jeder Hinterhof zugebaut wird. Deshalb trete ich für ein Wohngebiet im Frankfurter Norden ein. Unsere Grünflächen wollen wir nicht aufgeben, doch bei fünfundzwanzig Prozent agrarischen Flächen in der Stadt bestehen Möglichkeiten.

Die Stadt wird immer reicher, aber die Spaltung zwischen arm und reich wird immer größer. Sie haben die Kinderarmut als Skandal bezeichnet.

Ja, da bin ich sehr geprägt von meiner Jugendhauszeit beim Evangelischen Regionalverband. Wenn man erlebt, wie Kinder es empfinden, wenn Gleichaltrige mit besseren Berufs- oder Bildungschancen an ihnen vorbeiziehen, welches Erniedrigungsgefühl, manchmal auch Wut oder Hass daraus entsteht, weiß man, wovon ich spreche.

Bei fünfundzwanzig Prozent armen Kindern bleibt es eine zentrale Aufgabe der Stadt, daran etwas zu ändern. Kinderarmut ist aber auch Elternarmut. Eltern müssen Arbeit bekommen. Hier müsste die Arbeitsmarktpolitik eindeutigere Prioritäten setzen.

Es kommen 1600 Flüchtlinge im Jahr nach Frankfurt. Wie wollen Sie ihnen helfen?

Erst einmal ein großes Kompliment an die Kirchen, die uns beispielsweise mit der Unterbringung in der Gutleutkirche geholfen haben. Das beweist, welch wichtige Rolle die Kirchen in solchen konfliktreichen Situationen haben. Die Menschen, die herkommen, wollen auch Arbeit haben. Hier müssen wir bürokratische Hürden abbauen.

Dann müsste das Arbeitsverbot für Flüchtlinge doch aufgehoben werden.

Absolut. Da bin ich radikal. Wer arbeiten will, soll die Möglichkeit dazu bekommen.

Ihr Thema in diesem Jahr ist die älter werdende Gesellschaft. Warum?

Alles, was die Älteren heute erkämpfen, wird auch in jüngeren Generationen wirksam. Ich habe ein schönes Beispiel. Unsere Wohnungsbaugesellschaften wollen Haltegriffe oder automatisches Licht bei Neu- und Umbauten mit einplanen. Die erste Reaktion kam von Studenten, die das auch für sich ganz praktisch fanden.

Wir werden mit dem Deutschen Seniorentag Anfang Juli ein klares Zeichen setzen: Diese Stadt ist für Senioren nicht nur offen, sondern gehört ihnen auch.

Herr Oberbürgermeister, herzlichen Dank für das Gespräch.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 28. Mai 2015 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe 2015/3 – Mai, Web.

Kindertagesstätte Martin Niemöller eröffnet

Von Kurt-Helmuth Eimuth – 25. Februar 2014

Der Kita-Neubau des Darmstädter Architekten Thomas Zimmermann beeindruckte die Gäste bei der offiziellen Eröffnung der Kindertagesstätte Martin-Niemöller des Diakonischen Werks des Evangelischen Regionalverbands durch seine Großzügigkeit.

Stadt und freie Träger stehen beim Kita-Ausbau Seite an Seite. Hier Bildungsdezernentin Sarah Sorge und die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes Pfarrerin Esther Gebhardt. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Wie der Architekt ausführte handele es sich um einen Baukasten, der in abgewandelter Form auch noch an anderen Stellen der Stadt verwirklicht werden wird. Das Gebäude, im Auftrag der Stadt Frankfurt von der Hessenagentur errichtet, kostete 4,4 Millionen Euro. Es entstanden 93 Betreuungsplätze für Kinder im Alter von drei Monaten bis zu sechs Jahren entstanden. Die Stadt Frankfurt werde auch weiterhin den Kindertagessttätten-Ausbau vorantreiben, erklärte Bildungsdezernentin Sarah Sorge. Dies geschehe nicht nur, um die Quote der Betreuungsplätze zu erhöhen. Alleine für die Altersgruppe der Null- bis Dreijährigen müsse man jährlich dreihundert neue Plätze in der Stadt schaffen, da Frankfurt weiter wachse. Auch für das Kindergartenalter müsse man dreihundert neue Plätze jährlich neu errichten und für das Grundschulalter sogar 400 Plätze. Diese bedeute, dass Frankfurt jährlich eine neue Grundschule bauen müsse, so Sorge.

Die Dezernentin bedankte sich beim Evangelischen Regionalverband für die Unterstützung beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze. Die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Esther Gebhardt, erinnerte an den Namenspatron der Einrichtung. Martin Niemöller habe in der Nazi-Zeit Widerstand geleistet und später beim Aufbau der Bunderepublik Wesentliches geleistet, auch in der Anti-Atombewegung. Er sei immer seinen Weg gegangen und habe Mut bewiesen. Zur Akzentuierung prangt der Name Martin Niemöllers als Schriftzug am Gebäude, ein Portrait mit den Lebensdaten Niemöllers ist im Innern angebracht, gestaltet vom Grafik-Designer Joachim Kubowitz.

Beitrag von Kurt-Helmuth Eimuth, veröffentlicht am 25. Februar 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe Web.

Religiöse Kunst inmitten der Stadt

Evangelisches Frankfurt September 2000

Religiöse Kunst mitten in der Stadt
von Kurt-Helmuth Eimuth

Frankfurt hat eine Skyline. Die Hochhäuser der Banken sind das augenfällige Wahrzeichen der Stadt. Längst haben die Banktürme die Kirchtürme um Längen geschlagen. Doch wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, findet inmitten der Häuserschluchten und Fußgängerzonen unvermutet Kunst mit christlichem Hintergrund. Kurt-Helmuth Eimuth flanierte für das „Evangelische Frankfurt“ durch die Innenstadt.

Kunst am und im Bau gehört zum guten Image einer Bank. Die Gestaltung des Gebäudes von UBS Schröder Münchmeyer Hengst in der Friedensstraße, unmittelbar neben dem Frankfurter Hof, irritiert. Ian Hamilton Finaly hat sechs schwarze Granitplatten, Gesetzestafeln gleich, mannshoch an der Außenfassade aufgestellt.
Finlay versteht sich als Dichter und nicht als bildender Künstler. So hat er sechs Texte ausgesucht, die er auf die schwarzen Granitplatten meißeln lies. Da die Texte in englisch gehalten sind und es schon sehr guter Sprachkenntnisse bedarf, sie zu übersetzen, blieben sie von den Passanten weitgehend unbeachtet. Doch die im Stil einer lexikalischen Definition ausgesuchten Texte mahnen, den Wert des Geldes nicht zu überschätzen. So findet sich etwa zur Definition eines Pfennigs, der als „Münze von einigem Wert“ bezeichnet wird, das Zitat aus dem Matthäusevangelium: „Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Und doch fällt von ihnen keiner zur Erde ohne meinen Vater“. Und als Mahnung für das Gemeinwesen einzustehen, wird der Überfdluss als „ein Mangel an Sack und Asche“ bezeichnet.

Inmitten des Einkaufstrubels auf der Zeil, zwischen Katharinenkirche und Kaufhof steht die Bronzeplastik „David und Goliath“ von Richard Heß. Mit dieser Arbeit wollte der 1937 in Berlin geborenen und heute in Darmstadt lebende Künstler „ein Denkmal für den erhofften Sieg des Geistes über die rohe Brutalität der Welt, der Kultur über den Kommerz“ zu schaffen.
Von den meisten Vorübergehenden wird die Plastik kaum wahrgenommen, vielleicht, weil sie als Versammlungsfläche für Menschen ohne Wohnung fungiert oder weil das Kunstwerk erst aus einer gewissen Entfernung in seiner Gesamtheit wirkt. David sitzt auf dem riesigen Kopf und den gebrochenen Gliedern des Goliath. In der Hand hält er die Steinschleuder.

Engel auf dem Klaus-Mann-Platz, Foto: Reinhard Dietrich

Eher am Rande der Innenstadt, vor dem Eldorado Kino, findet sich eine kleine Engelfigur. Zwischen Kneipen, Boutiquen und Cafés hat Rosemarie Trockel auf dem Klaus-Mann-Platz ein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus geschaffen. Die Inschrift erinnert an sie, der Engel zeigt die Verletzungen. Die zart anmutende, eher geschlechtslose Figur wurde einem Gipsmodell von 1860 für das Westportal des Kölner Doms entnommen.
Doch die von Trockel geschaffene Bronzefigur weist Verletzungen auf. Die Flügel sind gestutzt und der Kopf wurde von der Künstlerin abgeschlagen und sichtbar verrenkt wieder aufgesetzt. Die Schönheit des Engels, dessen Ästhetik auch im Zusammenspiel mit dem Engel der ehemaligen Engel-Apotheke im Eckhaus gegenüber besonders hervortritt, wird durch diese Verletzungen gebrochen. In der Widmung des Mahnmals heißt es: „Homosexuelle Männer und Frauen wurden im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet. Die Verbrechen wurden verleugnet und verurteilt.“
Die Provokation dieses Kunstwerkes, aufgestellt inmitten der Schwulenszene, in unmittelbarer Nähe der von Tom Fecht geschaffenen Klagemauer für die Frankfurter Aids-Toten am Petersfriedhof, zeigt die Auseinandersetzung um den Standort. Er mußte der Kommune regelrecht abgetrotzt werden. Die Finanzierung des Kunstwerkes übernahm ebenfalls die Bürgerschaft.

U-Bahn-Station
Gänzlich unvermutet begegnet man biblischer Überlieferung im U-Bahnnetz. Beim Ausbau der neuen Linie 7 wurden zahlreiche Haltepunkte individuell gestaltet. So greift die Haltestelle „Kirchplatz“ im Stadtteil Bockenheim Motive aus der nahen Jakobskirche auf. Die Station Habsburger Allee hat Manfred Stumpf mit einem Esels-Zyklus versehen. Das Wandmosaik ist in schwarz und weiß gehalten und erinnert an den Einzug in Jerusalem.
Eine männliche Figur auf einem Esel reitend hält einen Palmzweig in den Händen. Die ingesamt 66 Esel sind – wie die U-Bahnen auch – Transportmittel. Ein Esel ist jeweils beladen, der darauffolgende nicht. Ein Esel trägt eine Frau mit Kind, Maria mit dem Jesuskind auf der Flucht nach Ägypten t. Ein Esel tritt als Engel in Erscheinung, ein anderer trägt das Kreuz als Passionswerkzeug.
Neben diesen religiösen Bildern werden auch Alltagsgegenstände und Konsumgüter transportiert, etwa Waschmaschine, Einkaufswagen, Scheckkarte, aber auch Symbole wie: eine Weltkugel, ein Atommodell, eine Wolke. Das Wandmosaik ist eine Computerzeichnung. Das einzelne Pixel des Computerbildes entspricht den quadratischen Mosaiksteinchen. Während des Wartens auf die nächste U-Bahn lädt der Esels-Zyklus zum Meditieren und Nachdenken ein. Auf die Reise des Menschen ist der Einzug in Jerusalem gleichnishaft zu übertragen.
In der U-Bahn-Station Zoo kommt die ganze bunte Tierwelt an der einen Seite der Station aus der Arche Noah heraus und auf der anderen Seite gehen die Tiere paarweise in die Arche Noah hinein. Anfangs wurde darüber debattiert, ob die kunterbunte Bilderwelt, die das Team Hans-Jürgen Dietz und Nicolas Vassilev nach Entwürfen der Malerin Hildegard Lackschewitz gestaltet hat, überhaupt Kunst sei. In frischen bunten Farben ist diese Station gestaltet. Die Tiere und Pflanzen stellen sich als Teil der Schöpfung dar. Der Regenbogen als Zeichen der Verbundenheit zwischen Gott und den Menschen überspannt die Station.

Frankfurt – ein Freilichtmuseum
Fragen an den Leiter des Dommuseums August Heuser

August Heuser

Sie verwalten im Dommuseum eher Geschichte. Welche Beziehung haben Sie zur zeitgenössischen Kunst.
Ich bin ein großer Freund der zeitgenössischen Kunst. Sie ist vielfach sehr lebendig und bringt Bewegung und Auseinandersetzung ins tägliche Leben. Sie provoziert, das heißt sie ruft aus dem täglichen Trott der Gedanken und Wahrnehmungen heraus.

Frankfurt wird häufig als die Stadt des Geldes gesehen. Ist sie aber nicht auch eine Stadt der Kunst?
Natürlich ist Frankfurt eine Stadt der Kunst. Nicht nur die Museumslandschaft ist vielfältig und reich. Schauen Sie sich auf den Straßen und Plätzen der Stadt um. Da ist in den vergangenen Jahren ein richtiges Freilichtmuseum für zeitgenössische Skulptur, für Installationen und Bilder entstanden. Wenn man alles, was da nationalen und internationalen Rang hat zusammentrüge, dann müßte man in Frankfurt ein weiteres neues Museum bauen.

Kinder und Fernsehen: Die Elterngeneration hat gelernt, dass Fernsehen dumm macht. Doch in der Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts führt (fast) kein Weg am Fernsehen vorbei. In einem Workshop, veranstaltet vom evangelischen Medienhaus und dem Netzwerk Kommunikation und Medien (Komed) wurde das Kinderfernsehen untersucht und auch die Frage nach der Religion im allgegenwärtigen Medium gestellt.