Tag Archiv für Krieg

Der Ukrainekrieg ist auch ein Angriff auf uns

Andreas von Schumann kennt die Ukraine gut. Vier Jahre hat der ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in Kiew gelebt und im Auftrag der Bundesregierung das Land bei Reformprozessen beraten. Im Podcast Conny&Kurt schildert er seine Erfahrungen, positioniert sich als Kriegsdienstverweigerer klar für die militärische Verteidigung und hofft, dass die Unterstützung nicht nachlässt. Er selbst, der immer noch viele Kontakte in die Ukraine hat, unterstützt Geflüchtete an seinem Heimatort. Sein Fazit: Der Angriff auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf uns. Deshalb muss man auch aus ganz rationalen Gründen helfen, wo man kann.

Frieden schaffen ohne Waffen

„Frieden schaffen ohne Waffen“, ist dieses Motto überholt? Brauchen wir wirklich 100 Milliarden mehr für Rüstung und wie können wir mit unserer Angst umgehen. Ein Gespräch über das, was bewegt.

„Die Logik des Krieges“- warum Käßmann Recht hat

Evangelisches Frankfurt Februar 2010

„Die Logik des Krieges“- warum Käßmann Recht hat

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Selten hat es eine neue Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche geschafft, so schnell auch bei Kirchenfernen bekannt zu werden – und das noch mit einer Predigt. Margot Käßmann, die Bischöfin aus Hannover und neue Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hat, kaum hundert Tage im Amt, ein Thema transportiert, das ansonsten gerne verdrängt wird.

„Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden“, führte sie in ihrer Predigt am Neujahrstag aus. „Wir brauchen Menschen, die nicht erschrecken vor der Logik des Krieges, sondern ein klares Friedenszeugnis in der Welt abgeben, gegen Gewalt und Krieg aufbegehren und sagen: Die Hoffnung auf Gottes Zukunft gibt mir schon hier und jetzt den Mut, von Alternativen zu reden und mich dafür einzusetzen.“ Die Bischöfin wusste wohl, was ihr die Kritiker vorwerfen würden, denn sie sagte weiter: „Ich bin nicht naiv. Aber Waffen schaffen offensichtlich auch keinen Frieden in Afghanistan. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen. Das kann manchmal mehr bewirken als alles abgeklärte Einstimmen in den vermeintlich so pragmatischen Ruf zu den Waffen.“

Käßmann fordert also andere Konfliktlösungsstrategien, weil die bisherigen Muster der Realpolitik versagt haben. Das ist keine prinzipielle Antikriegshaltung. Die EKD hat vor drei Jahren in einer Denkschrift Kriterien eines gerade noch zulässigen Krieges benannt und darin politische, moralische und völkerrechtliche Aspekte aufgeführt, unter denen der Einsatz „rechtserhaltender“ militärischer Gewalt zulässig ist. Diese Kriterien hält die Ratsvorsitzende beim Afghanistan-Krieg völlig zu Recht für nicht (mehr) erfüllt. Inzwischen hat sich der gesamte Rat der EKD hinter die Bischöfin gestellt. Es ist zu befürchten, dass die Strategie der USA, mit immer noch mehr Militär den Krieg zu gewinnen, genau so scheitert wie einst das Engagement der Sowjetunion in Afghanistan. Margot Käßmann hat eine notwendige Diskussion angestoßen. Keineswegs naiv, sondern mit Augenmaß. Ihre Predigt ist gleichzeitig prophetisch und voller Realitätssinn. Es ist zu hoffen, dass die Zuspitzung auf die Frage, wie viele Soldaten Deutschland zusätzlich nach Afghanistan schickt, etwas von der Offenheit des protestantischen Denkens der Bischöfin atmet. Es geht um Krieg und Frieden und damit für viele Menschen um Leben oder Sterben.

Kurt-Helmuth Eimuth

Euer Herz erschrecke nicht

Andacht

  1. 1. 2010

Lied: EG 443, Aus meines Herzens Grunde 1+2, 6+7,

Votum:

Im Namen Gottes kommen wir zusammen.

Gott nimmt uns an, wie wir sind.

Jesus gibt unserem Leben Richtung und Sinn.

Gottes Geist ruft uns auf den richtigen Weg.

Psalm: 84, Nr. 734

Lied: EG 72, O Jesu Christe, wahres Licht 1- 3 + 5

Ansprache:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Euer Herz erschrecke nicht – glaubt an Gott und glaubt an mich“ – so lautet die Losung, die uns für das neue Jahr 2010 mit auf den Weg gegeben ist.

Das ist eine wunderbare Zusage. Und obgleich uns der Alltag schon längst eingeholt hat, so stehen wir doch erst am Beginn eines neuen Jahres. Ein Jahr mit vielen Unbekannten, aber auch ein Jahr voller Hoffnung. Wird alles gut wird oder kommt doch Schweres auf uns zu.

Gerade wir in der Kirche diskutieren ja schon seit Jahren, dass die Rahmenbedingungen schwerer werden. Die Kirchensteuereinnahmen gehen massiv zurück, die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt.

Die Jahreslosung für 2010 ist zuallererst eine Ermutigung: nicht erschrecken! Habt keine Angst! Mit Gottvertrauen sollen wir in das neue Jahr gehen: Glaubt an Gott und glaubt an mich.

Hört sich vielleicht etwas naiv an, doch erdet uns dieser Satz. Es hängt nicht alles von mir ab. Es gibt auch noch eine andere Macht, die Macht, die den Tod überwindet, die Kraft, die uns alle trägt.

Kirchenpräsident Volker Jung hat hier im Dominikanerkloster darauf hingewiesen, dass eben nicht alles von uns abhängt. Aus Anlass der Einführung eines Qualitätsentwicklungssystems unter dem Signet Qualitätsfacetten, was künftig das Facettenkreuz ergänzt, wies der Kirchenpräsident darauf hin, dass eben der Mensch nicht perfekt ist. Auch ein Qualitätsentwicklungsprozess wird daran nichts ändern. Gleichwohl sind wir dazu angehalten das Beste zu tun, uns selbst ständig zu überprüfen und Abläufe zu optimieren. Aber Gott Lob, perfekt sind wir und werden wir nicht.

„Alles wird gut!“ Dieser Satz von Nina Ruge stand wohl auf zahlreichen Weihnachtskarten. Ein schöner Satz, dem man gerne zustimmen würde. Doch wird alles gut? Ist das die christliche Botschaft der Jahreslosung?

„Euer Herz erschrecke nicht – glaubt an Gott und glaubt an mich“

Auf wundersame Weise wollen wir ja, dass alles gut wird. Wir haben uns bis vor kurzem noch ein Frohes Neues Jahr gewünscht. „Alles wird gut!“ Ist das die christliche Botschaft, die uns die Jahreslosung mitgibt? Eine Hoffnung ist das schon. Alles soll gut werden! Ein neues Jahr beginnt. Da wünschen sich viele Menschen, dass die Sorgen unserer Welt irgendwie aufgehoben sein könnten.

Aber leider ist eben nicht alles gut. Wir haben allen Grund, zu erschrecken.

Da gibt es im reichen Europa Armut. 2010 ist das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung in den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union sowie in Norwegen und Island. Die Schirmherrschaft für die Aktion hat in Deutschland die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann übernommen.

Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen wird in der Presse so zitiert: „Eine wohlhabende Gesellschaft muss umtreiben, dass bestimmte Gruppen auf Dauer von Armut gefährdet sind: Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, Personen ohne Berufsabschluss. Es ist fatal, wenn sich Erfahrungen des Scheiterns und der Ohnmacht über Generationen hinweg in den Köpfen eingraben. Deswegen müssen wir allen von Armut betroffenen Menschen auch etwas zutrauen. Sie brauchen zum einen konkrete Angebote und Unterstützung, die sie in die Lage versetzen, auf Dauer auf eigenen Beinen zu stehen. Das kann für die Alleinerziehende der Kitaplatz sein, der ihr Arbeit ermöglicht oder für einen Jugendlichen das nachgeholte letzte Lehrjahr. Unverzichtbar ist jedoch eine zweite Komponente, damit die Brücke raus aus der Armut trägt: Das sind Menschen, die – häufig im Ehrenamt – Betroffene bestärken und vor dem Straucheln bewahren, wenn neue Hindernisse auftauchen. Die Schlüsselbegriffe heißen Zuwendung, Bildung und Teilhabe. Das Europäische Jahr unter dem Motto ‚Mit Neuem Mut‘ soll in diesem Sinne ein starkes Signal geben.“

Die Schirmherrin, Margot Käßmann ergänzt: „Armut und soziale Ausgrenzung sind eng verbunden; beide beschädigen das Selbstwertgefühl der Betroffenen. Besonders besorgniserregend ist es, wenn Kinder keine Hoffnung haben, aus der Armut herauszukommen. Ich hoffe, dass das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung hilft, dass unsere Gesellschaft dafür ein Bewusstsein entwickelt und Wege findet, wie vor allem Kinder faire Startchancen für ihren Weg ins Leben bekommen. Armut bedeutet oft mangelnde Teilhabemöglichkeiten an der Gesellschaft. Ich wünsche mir, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft Chancengerechtigkeit für alle erreichen.“

Es war die Ratsvorsitzende selbst, die durch eine kurze Passage in ihrer Neujahrspredigt nicht nur auf einen weiteren Missstand hingewiesen, sondern auch eine notwnedige Diskussion in Gang gesetzt hat. Käßmann äußerte sich zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Offenbar kannten viele ihrer männlichen Kritiker den Wortlaut der Predigt nicht.

Wörtlich sagte Käßmann am Neujahrstag in der Dresdner Frauenkirche: „Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden. Das wissen die Menschen in Dresden besonders gut! Wir brauchen Menschen, die nicht erschrecken vor der Logik des Krieges, sondern ein klares Friedenszeugnis in der Welt abgeben, gegen Gewalt und Krieg aufbegehren und sagen: Die Hoffnung auf Gottes Zukunft gibt mir schon hier und jetzt den Mut von Alternativen zu reden und mich dafür einzusetzen. Manche finden das naiv. Ein Bundeswehroffizier schrieb mir, etwas zynisch, ich meinte wohl, ich könnte mit weiblichem Charme Taliban vom Frieden überzeugen. Ich bin nicht naiv. Aber Waffen schaffen offensichtlich auch keinen Frieden in Afghanistan. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen. Das kann manchmal mehr bewirken als alles abgeklärte Einstimmen in den vermeintlich so pragmatischen Ruf zu den Waffen. Vor gut zwanzig Jahren haben viele Menschen die Kerzen und Gebete auch hier in Dresden belächelt….“ Soweit Margot Käßmann.

Nein, es ist nicht alles gut. Aber trotzdem müssen wir nicht deprimiert oder mit gesenktem Haupt ins neue Jahr gehen. „Seht auf und erhebt eure Häupter“ heißt es in der Bibel.

Aber ja doch! Wir glauben an den auferstandenen Christus und nicht an einen Toten. Wir haben Hoffnung für diese Welt und über diese Welt hinaus. Deshalb können wir die Spannung aushalten zwischen Erschrecken und Gottvertrauen, zwischen Ängsten und Mut zur Weltverbesserung. Wir können fröhlich feiern, ohne Fassaden. Denn unser Glaube blendet Leid und Kummer in der Welt nicht aus!

Hören wir also! Gehen wir unseren Weg – von Gottvertrauen getragen. Unser Leben steht unter der Zusage: „Euer Herz erschrecke nicht!“ Das leben wir, davon singen wir, darauf vertrauen wir auch am Beginn eines neuen Jahres, am Beginn einer neuen Woche. Das ist eine ganz eigene Melodie für unser Leben und eine ganz andere Hoffnung, auf die wir bauen.

So wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Neues Jahr.

Amen.

Lied: EG 369, Wer nur den lieben Gott lässt walten 1-3, 7

Mitteilungen:

Gebet:

Gott, du Licht der Welt

lass deinen Stern auch in unserem Leben aufgehen,

damit wir erfahren, dass unsere Suche keine Irrfahrt ist,

sondern ein Heimweg zu dir.

Zeige uns auch in diesem neuen Jahr,

wo wir dich finden können, wo du uns nahe kommst.

Lass dein Licht in unser Leben scheinen,

damit wir uns selbst annehmen können, so wie wir sind

und dann auch unsere Mitmenschen.

So bitten wir dich auch für das, was uns am Herzen liegt:

für das, was uns in diesen Tagen beschäftigt hat,

für die Menschen, die uns nahe stehen

und auch für die, mit denen wir es nicht leicht haben.

Gott, hilf uns, dich in unseren Schwestern

und Brüdern wiederzuerkennen.

Lass uns achtgeben auf Menschen, die unsere Hilfe brauchen.

Wir bitten dich für diejenigen,

die Dunkelheit in ihrem Leben erfahren,

für die Einsamen und Kranken,

für die Enttäuschten und Verbitterten,

für alle, die sich selbst im Wege stehen

und ihre Hoffnungen begraben haben:

schenke ihnen neue Zuversicht.

Gott, dein Licht will sich ausbreiten.

Lass es auch unter uns hell werden.

Und was uns noch bewegt, bringen wir vor Dich

mit den Worten, die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Geht in diesen Tag, in diese Woche mit dem Segen unseres Gottes:

Gott segne und behüte uns,

Gottes Licht wärme uns,

Jesus Christus leuchte unseren Weg aus,

Heiliger Geist, lichte unser Leben

Gehet hin in Frieden. Amen.

Albert Schweitzer

Andacht,

4.9.2006

Lied EG: 452, 1-3

Votum:

Guten Morgen

Wir sind hier in der Heiliggeistkirche

In deinem Namen

Gott, du Schutz allen Lebens,

Jesus, du Hoffnung aller Geopferten,

Heiliger Geist, du Überwindung des Todes.

Psalm: 146 Nr. 757

Lied: EG 295, 1-4

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Frankfurt ist auch die Stadt Albert Schweitzers

Er ist schon etwas in Vergessenheit geraten, dabei ist er einer der heute so wenigen Universalgelehrten gewesen: der Theologe, Mediziner, Künstler und Musikwissenschaftler Albert Schweitzer. Heute vor 41 Jahren verstarb er.

Albert Schweitzers Beziehungen zu Frankfurt waren intensiv und vielfältig. „Die erste Bekanntschaft mit Frankfurt machte ich, als liebe Freunde von mir nach dem ersten Kriege Straßburg verließen und sich hier niederließen“, berichtet Schweitzer 1959 anläßlich der Verleihung der Ehrenbürgerrechte. Dadurch sei er regelmäßig nach Frankfurt gekommen und diese Stadt habe auf ihn „gleich einen besonderen Zauber“ auf ihn ausgeübt.

Offenbar hat auch er diese Stadt verzaubert. So hat er 1955 unangemeldet „seine“ Schule, die Albert Schweitzer-Schule am Berkersheimer Weg besucht. Zwei Zeitungsberichten zufolge hat sich der hohe Gast nicht lange mit den Offiziellen aufgehalten, sondern sich sogleich den Schülerinnen und Schülern zugewandt. „Ich will nur die Schüler besuchen“, so wird er in der Zeitung zitiert und der Bericht fährt fort. „Die Herren und Damen des Lehrerkollegiums verstanden ihn wohl, sie kennen seine Abneigung gegen jedes Aufhebens, das mit seiner Person gemacht wird, gegen den Trubel offizieller Reden und Empfänge. Schweitzer habe von seiner Klinik erzählt. Als später der Schulleiter dem Gast die neu erbauten Räume und die nagelneuen Möbel zeigte, soll dieser einem Lehrer ins Ohr geflüstert haben: „Wo sollen aber die Buben denn da ihre Namen einritzen?“

Die Stadt hat den am 14. Januar 1875 in Kaysersberg (Oberelsaß) geborenen Schweitzer mehfach geehrt und als Festredner eingeladen. So erhielt er 1928 den Goethepreis der Stadt verliehen und sprach 1932 im Opernhaus anläßlich des 100. Todestages Goethes. Ebenso hielt er die Laudatio auf Thomas Mann am 28. August 1949 in der Paulskirche als dieser den Goethepreis in Empfang nehmen durfte. Zwei Jahre später war Albert Schweitzer nochmals der Geehrte. Er bekam am 16. September 1951 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Bereits in jungen Jahren war der bekannte Bach-Interpret in Frankfurt zu hören. Er spielte die Orgeln der Matthäuskirche, der Lukaskirche und gab 1928 Konzerte im Funkhaus und in der Katharinenkirche. Mit Frankfurts Oberbürgermeistern korrespondierte Schweitzer häufig. Schweitzer fühlte sich in Frankfurt beheimatet.

Die Stadt hat mit dem Gothepreis für Schweitzer schon früh das umfangreiche Werk des Gelehrten gewürdigt. Mit diesem Preis würdige man, so die Urkunde, „den von allen Konfessionen gerühmten Theologen und Religionsforscher, dem durch seine Kunst als Orgelspieler und seine Verkündigung weit über das deutsche Sprachgebiet hinaus wirkenden Musiker und Schriftsteller, der mit dem Entschluß unmittelbaren Dienens die akademische Lehrtätigkeit verließ, um praktischer Arzt zu werden auf entlegenem Posten den Kampf gegen Aussatz und Schlafkrankheit unter den Bewohnern des innerafrikanischen Urwalds aufzunehmen, dem Menschenfreunde Schweitzer aus Straßburg…“ Schweitzer, aufgewachsen im Pfarrhaus in Günsbach studierte an den Universitäten Straßburg, Paris und Berlin Theologie, Philosophie und Musikwissenschaften. In allen Bereichen war der junge Vikar aus Straßburg, wo er habilitierte und Direktor des Studienstiftes zu St. Thomas wurde, ein gefragter Experte. Seine „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ als auch seine „Geschichte der Paulinischen Forschung“ sowie weitere theologische Werke haben an Aktualität ebenso wenig verloren wie seine mehrbändigen kulturphilosophischen Werke. Als Musikwissenschaftler ist er vor allem durch sein großes Bachwerk bekannt geworden.

Schon in jungen Jahren nahm sich Schweitzer vor, den eingeschlagenen Weg nicht zu Ende zu gehen, sondern bald die Richtung zu ändern. Schweitzer selbst berichtet: „Eine Entscheidung fiel, als ich einundzwanzig Jahre alt war. Damals, als Student in den Pfingstferien, beschloß ich, bis zum dreißigsten Jahre dem Predigeramt, der Wissenschaft und der Musik zu leben. Dann, wenn ich in Wissenschaft und Kunst geleistet hätte, was ich darin vorhatte, wollte ich einen Weg des unmittelbaren Dienens als Mensch betreten. Welches dieser Weg sein sollte, gedachte ich in der Zwischenzeit aus Umständen zu erfahren.“

Die Entscheidung fiel annährend zehn Jahre später. „Eines Morgens“, so Schweitzer, „im Herbst 1904, fand ich auf meinem Schreibtisch …eines der grünen Hefte, in denen die Pariser Missionsgesellschaft allmonatlich über ihre Tätigkeit berichtete…Da fiel mein Blick auf einen Artikel mit der Überschrift ‘Was der Kongomission not tut’. Er… enthielt die Klage, daß es der Mission an Leuten fehle, um ihr Werk in Gabun, der nördlichen Provinz der Kongokolonie, zu betreiben…Als ich mit dem Lesen fertig war, nahm ich ruhig meine Arbeit vor. Das Suchen hatte ein Ende.“ Der junge, aufstrebende Gelehrte wollte die akademische Karriere beenden und in die Mission gehen. Doch er wollte nicht als Missionar nach Afrika kommen, sondern als Arzt. So wurde er 1905 nochmals Student. Fünf Jahre später machte er sein medizinisches Staatsexamen. Er bereitete sich durch die Beschäftigung mit der Tropenmedizin gründlich auf seinen Einsatz vor. Seine alte Straßburger Gemeinde, Freunde aber auch durch Konzertreisen sammelte er Geld für sein Vorhaben in Afrika.

Doch die weltpolitische Lage machte Schweitzer einen Strich durch die Rechnung. Nach erfolgreichem Wirken (1913 – 1917) wurden er und seine Frau nach Europa in ein Gefangenenlager gebracht. Erst langsam erholte er sich von den Strapazen der Haft. In Straßburg bekam er eine Anstellung als Assistent im Bürgerhospital und auch seine Kirchengemeinde war froh wieder ihren Vikar zu haben.

Doch Schweitzer wollte sein Werk in Afrika fortsetzen. Schon bald kündigte er seine Anstellungen. „Im April 1921 gab ich meine beiden Stellungen in Straßburg auf, für den Unterhalt meines Lebens hinfort auf die Feder und die Orgel zählend.“ Schweitzer bereitete eine weitere Reise nach Lambarene vor, wo er am Ostersamstag 1927 eintraf. Insgesamt wirkte Schweitzer vierzehn mal in Lambarene. Er hat dort eine Klinik aufgebaut, die sich nicht nur durch ihren medizinischen Standard, sondern auch durch die Art des Zusammenlebens der Mitarbeiterschaft auszeichnetet. Schweitzer starb dort am 4. September 1965.

Heute hat die Klinik in Lambarene zahlreiche Abteilungen, von der Chirurgie bis zu Poli- und Kinderklinik. Sie kann 350 Patientinnen und Patienten aufnehmen. Neben 120 einheimischen Angestellten arbeiten dort 134 medizinische Kräfte aus neun Nationen. Großes Gewicht wird auf die Ausbildung einheimischer Pflegekräfte gelegt. Auch heute ist die Klinik – trotz staatlicher Förderung – auf Spenden aus Europa angewiesen.

Schweitzer entwickelte dort seine Ethik, die unter dem Begriff „Ehrfurcht vor dem Leben“ bekannt wurde. Wohl aus dieser Grundüberzeugung heraus kämpfte er, der 1952 den Friedensnobelpreis zuerkannt bekam, gegen die atomare Bewaffnung. Im Jahre 1958 schreibt er: „Nun gilt es, den Kampf für die Abschaffung der Atom- und Kernwaffen aufzunehmen. Um dieses zu erreichen, muß man in der ganzen Welt eine dahingehende Meinung schaffen….Keine Regierung kann leugnen, daß diese Waffen gegen das Völkerrecht verstoßen..“

Leider hat er Recht behalten. Wir sehen heute die Bedrohung im Iran, aber auch in Korea. Deshalb braucht diese Welt weiter Menschen wie Albert Schweitzer.

Lied: EG 265, 1-3

Mitteilungen

Gebet

Gott,

Du bist bei uns zu allen Zeiten unseres Lebens

Auch wenn wir das manchmal nicht spüren.

Du genießt mit uns Tage, prall und lebenssatt

wie der Sommer

Und du trägst mit uns Tage, karg und kalt

wie der Winter.

Deshalb bitten wir Dich für alle, die von sich selbst

Und ihren Gefühlen abgeschnitten sind –

Lass sie neu entdecken, was sie ängstigt

Und was ihnen Spaß macht,

damit sie ihr Leben erfüllend gestalten können;

für alle, die nur noch an sich selbst denken und

nicht mehr sehen, was um sie herum geschieht –

lass sie erfahren, dass auch sie andere Menschen brauchen,

um glücklich zu sein

und dass sie selbst für andere

wichtige Wegbegleiterinnen und –begleiter werden können;

für uns alle, die wir oft so tun, als könnten wir ewig leben –

lass uns erkennen, wie wenig selbstverständlich und kostbar jeder einzelne Lebenstag ist,

damit wir uns nicht immer wieder auf morgen vertrösten lassen,

sondern sensibel werden für das,

was uns heute schon Glück und Erfüllung schenken kann.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Gott segne uns und behüte uns

Gott gebe uns Liebe wo Hass ist,

Kraft wo Schwäche lähmt,

Toleranz wo Ungeduld herrscht,

Offenheit wo alles festgefahren scheint

So sei Gottes Segen mit uns allen, beflügle unsere Hoffnung und begleite uns wie ein Licht in der Nacht.

Lied: EG 421

Todesstrafe

„Dekade zur Überwindung von Gewalt“

2.4. 2001 Heilig Geist

Kurt-Helmuth Eimuth

Orgelvorspiel

Eingangslied:

EG 445, 1-3 + 5

Gott des Himmels

Votum:.

Im Namen Gottes feiern wir diese Andacht

Gott ist der Grund unseres Lebens.

Jesus Christus ist seinen Weg konsequent gegangen.

Und Gottes Geist begleitet und ermutigt uns in Höhen und Tiefen.

Psalm: 43 Nr. 724

Gott, schaffe mir Recht

Und führe meine Sache wider das unheilige Volk

Und errette mich von den falschen und bösen Leuten!

Denn du bist der Gott meiner Stärke:

Warum hast du mich verstoßen?

Warum muß ich so traurig gehen,

wenn mein Feind mich dränget?

Sende dein Licht und deine Wahrheit,

daß sie mich leiten

und bringen zu deinem heiligen Berg

und zu deiner Wohnung,

daß ich hineingehe zum Altar Gottes,

zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,

und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Gebet:

Christus, erbarme dich aller Menschen

die zu deinem Kreuz kommen mit ihrem Kreuz:

in Lebensüberdruß und Todesangst,

gekrümmt unter Schmerzen,

verlassen, entmutigt und ohne Hoffnung,

verwundet und zerrissen,

aufgerieben, leer, verzweifelt.

Nimm dich derer an,

die dagegen kämpfen, daß Menschen gekreuzigt

werden wie du:

Lebe du in ihnen als langer Atem und weite

Aussicht,

als Findigkeit und List,

als Stärke, die sich nicht hart macht,

als Liebe zu allem Lebendigen,

als heitere Bescheidenheit.

Laß unser Unterscheidungsvermögen wachsen,

damit wir immer genauer in Erfahrung bringen,

welche Kreuze wir zerbrechen – und welche wir

tragen müssen. Amen.

Lied: EG 96, 1-3 Du schöner Lebensbaum

Andacht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Rings um den Erdball wächst die Sorge über die zunehmende Gewalt. Nachrichten über kriegerische Konflikte, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt gegen Frauen und Kinder, Brutalität in Video und Fernsehen halten uns

in Atem. Der Ökumenische Rat der Kirchen hat durch die Ausrufung der weltweiten „Dekade zur Überwindung von Gewalt“ die Dringlichkeit dieser Aufgabe in den Mittelpunkt seiner Arbeit gerückt. Auch in Deutschland ist Gewalt eine zentrale Herausforderung für die Kirchen.

Gewalt gibt es in unseren Häusern und Familien:

Noch immer halten zwei Drittel aller Eltern körperliche Strafen für ein legitimes Mittel der Erziehung. Gewalt gegen Frauen und der sexuelle Missbrauch von Kindern gehören zu den Schattenseiten unserer Gesellschaft.

Rassistisch und antisemitisch motivierte Gewalt gibt es mitten unter uns:

Deutschland war in den zurückliegenden Monaten leider Schauplatz von zahlreichen Gewaltakten gegen Menschen anderer Hautfarbe oder von Attacken gegen jüdische Gotteshäuser. Trotz zahlreicher von den Kirchen mit getragener Initiativen konnten wir dieses Problem noch immer nicht mit spürbarem Erfolg bekämpfen.

Gewalt gibt es zwischen Völkern:

Die Bilder vom Kosovo-Krieg sind uns noch gegenwärtig, die Eskalation der Gewalt in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten hat bis an den Rand eines Krieges geführt. In diesen wie in anderen Konflikten, zum Beispiel in Indonesien, wird immer wieder auch versucht, Religion für andere Interessen zu instrumentalisieren.

Wie wenig Gespür für Gewaltverherrlichung in den Medien da ist, zeigt sich gerade in den Vereinigten Staaten. Wir bereiten uns auf die größte Show des Jahres vor“ – wird ein Manager des amerikanischen Fernsehsenders CBS in den Medien zitiert. Damit meint der Mann nicht die Steuben-Parade in New York, sondern die Absicht der großen US-Fernsehketten, am 16. Mai live von der Hinrichtung des Mörders Timothey McVeigh im Bundesgefängnis von Terra Haute (Indiana) zu berichten. Aber nicht nur Berichterstattung im Umfeld der Hinrichtung wird geplant, sondern auch die Hinrichtung selber soll live in die amerikanischen Wohnzimmer übertragen werden, wenn es den TV-Gesellschaften gelingt, vor den US-Gerichten die Zustimmung dafür zu erstreiten. Noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Bereits eine Woche vor der Hinrichtung wollen die TV-Stationen mit Sondersendungen aus dem Zuchthaus beginnen. Live wollen Kamera-Teams aus den Wohnzimmern von Angehörigen der von McVeigh Ermordeten senden, im Hof des Gefängnisses sollen Reportageplätze mit Ton-Direktschaltung in den Hinrichtungsraum eingerichtet werden. Angeblich will das US-Justizministerium die Live-Übertragung der Hinrichtung selber verhindern, denn, so die makabre Begründung, „wir haben kein Interesse daran, mit Live-Übertragungen in Amerikas Wohnzimmer Abscheu und eine Diskussion um die Todesstrafe auszulösen“. Aber genau dies sollte man sich wünschen!

Eine Debatte um die Abschaffung der Todesstrafe im Sinne der bereits 1948 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Zu deren 50. Jahrestag hat der Rat der EKD 1998 unter anderem erklärt: „Der Vollzug der Todesstrafe ist eine besonders drastische und zudem unheilbare Weise, die Menschenrechte zu verachten. Dies gilt auch und erst recht für zivilisierte Staaten. Dies alles macht deutlich: Es muss mehr geschehen, es muss sich etwas in den Köpfen verändern. Wir brauchen eine Kultur der Gewaltfreiheit. Sie muss eingeübt werden, zuhause im Wohnzimmer, auf dem Schulhof, in Stadt und Land ebenso wie in der internationalen Politik. Der Ökumenische Rat der Kirchen erinnert uns mit der Ausrufung der Dekade an diese Aufgabe. Sie ist nicht leicht und wir werden sie einem Jahrzehnt nicht abschließen können. Wer sich für die Überwindung von Gewalt einsetzt, ist kein weltfremder Träumer.

Der Kampf für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ist seit 1948 nicht ohne Erfolg geblieben. Aber angesichts einer immer noch erschreckend hohen Zahl von Hinrichtungen muss er unvermindert fortgesetzt werden.“ Und vielleicht führt die in diesem Jahr begonnene „Dekade zur Überwindung von Gewalt“ des Weltkirchenrates dazu, dass die Diskussion um die Todesstrafe nicht verstummt und dass denen, die schon lange auf eine Abschaffung hinarbeiten – auch in Amerika – neuer Mut gemacht wird, in ihrem Bemühen nicht nachzulassen.

Lied: EG 96, 4-6 Du schöner Lebensbaum

Mitteilungen

Gebet:

Christus, wie schwer ist uns selbst noch im Leid einen Sinn zu entdecken.

Könnten wir es doch.

Du hast die Bitterkeit angenommen,

den Spott ertragen,

die Schmerzen erduldet.

Du hast den Zweifel ausgehalten,

Gott vertraut,

und so die Frucht reifen lassen, der wir bedürfen.

Christus, lehre uns festhalten an der Güte Gottes.

Erbarme dich aller, für die wir dich bitten.

Für die Menschen, die vom Krieg bedroht und verfolgt sind

Für die Kranken und die, die sie pflegen

Für die Sterbenden und die, die bei ihnen wachen

Für die Menschen, die ihre Heimat verlassen und ein Zuhause suchen bei uns

Für uns, wenn sich unsere Herzen und Sinne verhärten

In Not und Schmerz

Christus, lehre uns festhalten an der Güte Gottes,

in den Zeiten der Freude,

in den Zeiten der Not,

in der Stunde des Todes.

Und was uns noch bedrängt bringen wir vor dich mit den Worten die Christus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen:

Möge Gott dich segnen und behüten

Möge Gottes Angesicht auf dich leuchten

Und dir Gnade geben.

Mögen Gottes Augen über dir leuchten und

Dir Frieden bringen.

Lied: EG 421 Verleih uns Frieden