Stichwort: Esoterik

Der Raum ist mit allerlei Düften angereichert. In der einen Ecke klingt der Ton einer Klangschale nach, aus der rechten Ecke durchwabert den Raum sphärische Musik. Mitten in einer Großstadt, in einem Bürgerhaus, haben sich etwa 80 Aussteller zu einer Esoterik-Messe zusammengefunden. Aroma-Therapie, Bachblüten-Therapie, Handlesen, Mind-Machines, heilende Kristalle, Aura-Fotografie, Kartenlegen und Meditation werden feilgeboten.

Jeder wirbt mit freundlichem Lächeln und einem gewissen Glanz in den Augen für seinen Heilsweg. Und natürlich sind die anderen Heilswege am Nachbarstand auch möglich, weil alles möglich ist. „Der Erleuchtung ist es egal, wie du sie erlangst“, ist ein viel zitierter Satz in der Szene.

Auch wo man die Erleuchtung erlangt, ist gleichgültig. Unter südlicher Sonne hat ein Bachblüten-Seminar einen ganz besonderen Reiz. Der neue Trend: esoterisches Reisen. Auch beim esoterischen Reisen wird viel von Heilung und Therapie gesprochen. Ein für die oder den Reisende/n nicht ungefährlicher Aspekt. Denn die Ausbildung mancher „Therapeuten“ ist doch sehr schlecht. Da finden sich Pyramidenexperten, Astrologen, Feuerlauftrainer, Reiki-Lehrer oder auch Trainer in tandrischer Körperarbeit.

Wie in dem gesamten Bereich des immer mehr ausufernden grauen Psycho-Marktes wird hier mit vielerlei Technik an der Seele des Menschen gebastelt. Eine profunde psychologische Ausbildung der „Therapeuten“ ist die Ausnahme. Dabei ist die Gefahr solcher Technik selbst unter den Veranstaltern unstrittig. Kann doch selbst eine scheinbar harmlose Meditation eine vorhandene Depression verstärken.

Vor solcher Kommerzialisierung warnen selbst Kritiker aus der Esoterik-Szene. Denn sie sehen ihren „religiösen“ Anspruch gefährdet. Tatsächlich ist die Esoterik eigentlich ein Weg, genauer ein Schulungs- und Erfahrungsweg, letzten Endes ein Erlösungs- und Erleuchtungsweg, der nach innen führt. Doch heute findet sich wenig von dieser Ernsthaftigkeit in der Esoterik. Heute ist Esoterik das, was sich zur Ich-Findung gut verkauft. Aus der einstigen „Geheimwissenschaft“, besonders in Verbindung mit der therapeutisch orientierten Lebenshilfe, ist längst eine öffentlich angebotene Ware geworden. Dabei ist der Begriff „esoterisch“ völlig ausgeufert. Esoterik ist all das, wo sich der Mensch auf die Suche nach sich selbst macht, um „sich selbst zu finden“. Und genau dort liegt der große Irrtum der Esoterik: Sie verwechselt „lnnenwelterfahrung“ mit „Gotteserfahrung“.

Kurt-Helmuth Eimuth

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