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Die Kirche wird sich verändern – wahrscheinlich zum Besseren

von Kurt-Helmuth Eimuth 16. April 2020

Die beiden großen Kirchen haben schnell und kreativ auf die Herausforderungen der Corona-Epidemie reagiert. Eine unübersichtliche Lage, „für die es keine Blaupause gab“ (um diese beliebte Formulierung aufzunehmen), setzte kreative Potentiale frei. Das kann eine Chance auch für die Zukunft sein.

Gottesdienst aus der Gethsemanekirche am Bildschirm: Geht auch irgendwie! | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth
Gottesdienst aus der Gethsemanekirche am Bildschirm: Geht auch irgendwie! | Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Wer hätte das gedacht: Plötzlich gibt es Andachten und Gottesdienstübertragungen via Internet aus vielen Kirchen. Zu Ostern wurden Tüten an die Mitglieder verteilt, Telefonkonferenzen geschaltet, Gottesdienstmanuskripte in Briefkästen geworfen.

Der Gottesdienst im Gemeindeleben bekommt eine neue Aufwertung, „in dieser Zeit kann viel Neues wachsen“, sagt Pfarrerin Petra Lehwalder, die für die Frankfurter nördlichen Gemeinden Nieder-Erlenbach und Harheim zuständig ist. „Bei uns sehen auch Menschen die Online-Gottesdienste, die nicht zu den üblichen Gottesdienstbesuchern gehören. Den älteren Gemeindegliedern, die mit dem Internet nichts anfangen können, werfe ich den Gottesdienst analog in den Briefkasten und wir verteilen an alle Gemeindemitglieder Briefe mit guten Worten.“

Auch lange Telefonate mit Gemeindemitgliedern sind nicht selten, und oft findet eine Unterhaltung zufällig auf der Straße von Bürgersteig zu Bürgersteig statt – mit Sicherheitsabstand natürlich. Neue Riten wurden erfunden und gerne angenommen, etwa wenn beim täglichen Glockengeläut Kerzen in die Fenster gestellt werden. Hier wächst vielleicht eine neue Kultur. Die Kirche wird von vielen Menschen bewusster und aktiver wahrgenommen. Das Gottesdienstgeschehen rückt dadurch, dass es nicht mehr im Kirchenraum stattfinden kann, stärker in den Mittelpunkt des Gemeindelebens. Ein Paradox.

Und doch, so behaupten manche Kommentatoren, kämen die Kirche stärker unter Druck. Finanziell stimmt das auf jeden Fall, denn das absehbare Wegbrechen von Steuereinnahmen wird auch die Kirchensteuereinnahmen dahinschmelzen lassen wie die Schokolade in der Sonne.

Aber es wird auch Kritik daran laut, wie die Kirche mit der Krise umgeht. Der Journalist Uli Fricker etwa schrieb im Südkurier zum Verbot, sich in Kirchengebäuden zu versammeln: „Die Kirchen nehmen sich selbst aus dem Rennen“. Sie betrachteten sich wohl selbst nicht mehr als systemrelevant. „Eine Tankstelle darf öffnen, ein Bäcker, ein Zeitungsverkäufer. Sie garantieren nach verbreiteter Ansicht, dass die Grundbedürfnisse gestillt werden. Die Dienste der religiösen Gemeinschaften zählen dazu nicht.“

Aber da irrt der Kommentator. Zahllose Beispiele aus Kirchengemeinden auch in Frankfurt und Offenbach widerlegen seine These mannigfaltig. Gleichwohl zeigt sich in solchen Kommentaren auch eine Herausforderung: Die Corona-Krise verändert die Kirche. Nach Corona wird sie eine andere Gestalt haben.

Um sich das besser vorzustellen, hat der Zukunftsforscher Matthias Horx die Methode der Re-Gnose entwickelt, der Rück-Schau (im Unterschied zur Vorschau, der Pro-Gnose). Stellen wir uns also mal vor, wir seien im kommenden Herbst. Das Leben mit Corona hat sich eingespielt. Händeschütteln vor und nach dem Gottesdienst ist weiterhin tabu, und dass jeder und jede eine Bank für sich alleine hat, ist jetzt Pflicht.

Die Videokamera im Gottesdienst ist inzwischen Standard, Gottesdienste werden direkt für Gemeindemitglieder übertragen, die nicht in die Kirche kommen. Den Konfis macht es Spaß, sich um die Technik zu kümmern. Wem Sonntag, 10 Uhr, einfach zu früh ist, oder wer gerne mal eine Tasse Kaffee während der Predigt trinkt, kann den Gottesdienst im Internet schauen.

Es kommt seither häufiger vor, dass die Pfarrerin von Menschen, die sie gar nicht kennt, auf ihre Predigt angesprochen wird. Überhaupt ist die Vernetzung im Stadtteil dichter geworden. Die verstärkte Mediennutzung hat die Kirche dazu gebracht, auch auf anderen Internetplattformen wie nebenan.de mehr Präsenz zu zeigen. Der Sitzungsaufwand im Kirchenvorstand und in Ausschüssen hat sich verringert. Zu konkreten Fragen werden einfach kurze Videokonferenzen vereinbart.

Die Identifikation mit der Kirchengemeinde und die Bindung zur Gemeinde ist höher geworden. Zwar hat sich die Zahl der Gemeindemitglieder verringert, aber die Zahl derer, die das Angebot schätzen, hat sich erhöht.

„Paradoxerweise erzeugte die körperliche Distanz, die der Virus erzwang, gleichzeitig neue Nähe. Wir haben Menschen kennengelernt, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Wir haben alte Freunde wieder häufiger kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose und locker geworden waren. Familien, Nachbarn, Freunde sind näher gerückt und haben bisweilen sogar verborgene Konflikte gelöst.“ So schreibt Matthias Horx. Wir werden sehen, wie uns die Zeit füreinander, sei es am Telefon oder per Videochat, gut getan hat.

Auch Pfarrerin Lehwalder ist bei aller Herausforderung davon überzeugt, „dass die Krise auch für die Kirche ein Besinnungsprozess sein kann. Was trägt uns wirklich? Was ist der Mittelpunkt unserer Gemeinschaft?“ So ist Corona nicht nur Krise, sondern auch Chance.

Livemitschnitt von den Frankfurter Orgeltagen auf CD erhältlich

von Kurt-Helmuth Eimuth 27. April 2020

Mitschnitte von den Frankfurter Orgeltagen 2018 und 2019 gibt es jetzt auf CD zum Nachhören. Die Auswahl reicht von Bach über Oreste Ravanello bis zu Concert-Rag.

Die CD mit Orgelmusik aus der Frankfurter Heiliggeistkirche ist in der Alpha Buchhandlung erhältlich.
Die CD mit Orgelmusik aus der Frankfurter Heiliggeistkirche ist in der Alpha Buchhandlung erhältlich.

Eine ungewöhnliche Auswahl von Orgelstücken präsentiert Frank Hoffmann mit seiner CD „Orgelkonzert im Dominikanerkloster“. Es sind Live-Aufnahmen von den Frankfurter Orgeltagen 2018 und 2019. Sie dokumentieren gleichzeitig den Klang der 2013 sanierten Walcker-Orgel der Heiliggeistkirche. Heute verfügt die Hauptorgel über 40 Register, Schleifenwindladen bei mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur sowie elektrische Koppeln.

Virtuos nutzt Hoffmann diese Möglichkeiten. Vor allem bei Thema und Variationen h-Moll des weithin unbekannten Musikwissenschaftler Oreste Ravanello kommen die romantischen Klangfarben der Orgel der Heiliggeistkirche zur Geltung. Ungewöhnlich ist auch die Darbietung des Concert-Rag Sweet Sixteenths von William Albright, bei dem sich zeigt, dass eine klassische Kirchenorgel durchaus in der Lage ist, den für dieses Instrument eher fremden Typus des Ragtime darzustellen. Selbstverständlich sind aber auch Werke von Johann Sebastian Bach zu hören.

Die CD kostet 12 Euro und ist in der Alpha Buchhandlung, Oeder Weg 43, Telefon 069 28 58 80, erhältlich.

Gottesdienst zu Corona-Zeiten: Mit Telefon und Gesangbuch

von Kurt-Helmuth Eimuth 6. April 2020

Palmsonntag. Im Wohnzimmer. Versorgt mit Telefon und Gesangbuch. Die Gethsemanegemeinde lädt zum Telefon- und Online-Gottesdienst ein. Keine Glocken, keine Orgelmusik. Statt dessen Nummer wählen, Code eingeben und kurz warten. Dann begrüßt Pfarrer Thorsten Peters die, die sich gerade eingewählt haben mit Namen. Man kennt sich. Am Schluss waren es 25 Einwahlen mit 35 Gottesdienstbesuchern. Für die Gemeinde auch sonst im Jahr ein normaler durchschnittlicher Gottesdienstbesuch.

Telefongottesdienst der Gethsemanegemeinde am Palmsonntag
Telefongottesdienst der Gethsemanegemeinde am Palmsonntag Bild: Kurt-Helmuth Eimuth

Wie auch in der Kirchenbank, so warten wir nun am Wohnzimmertisch auf den Beginn. Gelegentlich hört man einzelne Sätze. Das mit dem Stummschalten des Mikrofons hat sich noch nicht überall herumgesprochen. Da ist dann auch laut und deutlich vernehmbar: „Die sollen doch endlich anfangen.“ Der Telefonkonferenzknigge ist noch ausbaufähig.

Überhaupt merkt man, dass der Umgang mit der Technik noch nicht recht eingeübt ist. Der Pfarrer kommt am Anfang recht hallig herüber, andere Teilnehmerinnen haben das Gefühl, sie wären während der Übertragung herausgeflogen. Es sollte sich herausstellen, dass dem nicht so war. Wieder andere bemerken nicht, dass ihr Mikrofon offen ist und sie deshalb schrille Rückkopplungen produzieren.

Thorsten Peters lädt zu einem Gottesdienst mit verkürzter Liturgie ein. Vater Unser und Glaubensbekenntnis spricht die Gemeinde gemeinsam, jedenfalls zur gleichen Zeit, aber keineswegs gleichzeitig. Eine Babylonische Sprachverwirrung ist die Folge. Und doch hat auf diese Art und Weise jede und jeder Zeit und Raum für sich und in Gemeinschaft zu beten.

Das Bild von der Gemeinschaft greift Peters in seiner Predigt auf. Es sei das Urbild des Christentums, dass man gemeinsam am Tisch sitze. Nun heute sitze man, jeder und jede für sich zuhause am Telefon oder Computer. Die Umstände in der Krisenzeit macht das erforderlich.

Die Gethsemanegemeinde will so weiter Gottesdienst feiern und damit auch den Wert der Verkündigung betonen. Bewusst hat man das Medium Telefon gewählt, um so auch Menschen zu erreichen, die über kein W-Lan verfügen. Das in diesen Tagen so wichtige Erleben von Gemeinschaft soll möglichst niedrigschwellig angeboten werden, zumindest medial. Vielleicht findet die Gemeinde auch noch einen Weg, die für den Nutzer anfallenden sehr niedrigen Telefongebühren entfallen zu lassen.

Zum nächsten Gottesdienst am Karfreitag wird man schon etwas eingeübter sein.

Hass und Gewalt nicht nur im Fußball

von Kurt-Helmuth Eimuth 2. März 2020

Wie kann es sein, dass erwachsene Menschen andere erniedrigen, deren Menschenwürde so mit Füßen treten? Hatten sie nie Ethik- oder Religionsunterricht? Andere verächtlich zu machen, sie zu beschimpfen, ihnen negative Eigenschaften zuzuordnen, das alles entspringt dem gleichen Gedankenmuster: „Wir sind besser als die, die müssen weg“. Ein Muster, das sich in totalitären Herrschaftssystemen findet.

Foto: Tevarak Phanduang / unsplash
Foto: Tevarak Phanduang / unsplash

Fußball ist ein tolles Spiel. Es begeistert Millionen und vereint Menschen gleich welcher Nationalität, welchen Milieus oder Geschlechts. Jedenfalls die meisten Menschen.

Die Aktionen gegen den Sponsor des TSG Hoffenheim Dietmar Hopp in der Fußballbundesliga lassen einen aber ratlos zurück. Der Milliardär und Mitbegründer des Softwarekonzerns SAP hat den Aufstieg des Dorfvereins in die Bundesliga mit mehreren hundert Millionen finanziert. Er wurde zur Zielscheibe als Symbol für die Kommerzialisierung des Fußballs. Soweit kurz die Hintergründe, über die sich sachlich diskutieren lässt.

Doch was treibt Menschen dazu, kollektiv große Plakate mit Beleidigungen herzustellen und diese dann im Stadion zu entrollen? Unter anderem eines mit dem Konterfei Hopps im Kreis eines Fadenkreuzes. Wie kann es sein, dass zahlreiche Menschen ein meterlanges Plakat mit diesen Beleidigungen halten. Wo ist hier der Respekt vor dem Gegenüber, vor dem anderen Menschen?

Seit Antony Yeboah Anfang der 1990er Jahre in Frankfurt spielte, kennen wir den Rassismus in den Stadien. Dieser ist zum Glück weniger geworden, aber es gibt ihn noch immer, wie der Vorfall beim Drittligaspiel zwischen Preußen Münster und den Würzburger Kickers kürzlich zeigte. Ein Mann hatte in der Schlussphase in Richtung des Kickers-Verteidigers Leroy Kwadwo Affenlaute gemacht. Daraufhin hatten andere Zuschauer auf den Mann gezeigt, sodass Ordner ihn ausfindig machen konnten.

Die Reaktion der großen Mehrheit gibt Hoffnung, ob in München oder Münster. Und doch ist zu fragen, wie kann es sein, dass erwachsene Menschen andere so erniedrigen, deren Menschenwürde so mit Füßen treten? Hatten sie nie Ethik- oder Religionsunterricht?

Die Vorfälle in den Stadien zeigen ebenso wie die Morde von Hanau, dass Ausgrenzung und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Die sprachlichen Entgleisungen einiger rechter Politiker verschieben dabei auch das Denken. Andere verächtlich zu machen, sie zu beschimpfen, ihnen negative Eigenschaften zuzuordnen, das alles entspringt dem gleichen Gedankenmuster: „Wir sind besser als die, die müssen weg“. Ein Muster, das sich in totalitären Herrschaftssystemen findet.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dieser erste Satz des Grundgesetzes scheint heute nicht mehr überall selbstverständlich zu sein. Dabei ist genau dieser Satz die große zivilisatorische Leistung der modernen Gesellschaft. Wir leben in Achtung und Respekt miteinander, und bei Konflikten werden gegebenenfalls Gerichte angerufen.

Anscheinend müssen wir alle verstärkt daran arbeiten, dafür ein Bewusstsein zu wecken. Elternhaus und Schule sind hier gefordert.

Aktuell bleibt aber nur, denen, die die Würde anderer verletzen, zumindest das Zuschauen bei Fußballspielen zu untersagen. In England hat man mit lebenslangen Stadionverboten wohl gute Erfahrungen gemacht.

Religiöse Sekte verbreitete Coronavirus in Südkorea

von Kurt-Helmuth Eimuth 4. März 2020

Für die Verbreitung des Coronavirus in Südkorea war hauptsächlich eine religiöse Endzeit-Sekte verantwortlich. Ihrem Gründer droht jetzt eine Anklage wegen Mordes. Auch in Frankfurt ist die Gruppierung aktiv und hat hier schätzungsweise 500 Mitglieder. Ihr Frankfurter Zentrum ist allerdings zurzeit geschlossen, angeblich wegen Brandschutz.


Sektengründer Man-Hee Lee steht in Südkorea vor einer Mordanklage. Er und andere Mitglieder halten sich für unsterblich und haben daher großen Anteil an der Verbreitung des Corona-Virus in ihrem Land.
Sektengründer Man-Hee Lee steht in Südkorea vor einer Mordanklage. Er und andere Mitglieder halten sich für unsterblich und haben daher großen Anteil an der Verbreitung des Corona-Virus in ihrem Land.

Die meisten Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus außerhalb Chinas gibt es in Südkorea. An der Verbreitung des Virus hatte eine religiöse Sekte großen Anteil, die auch in Frankfurt aktiv ist und hier nach Schätzungen etwa 500 Mitglieder hat. Das Frankfurter Zentrum ist zur Zeit jedoch ebenso geschlossen wie das in Berlin.

Der Name der Gruppierung, „Shinchonji“ (auch: „Shincheonji“), heißt übersetzt „neuer Himmel und neue Erde“. Gründer ist Man-Hee Lee, der sich als „Pastor der Endzeit“ sieht, der das Volk Gottes sammelt und auf das Kommen Jesu vorbereitet. Die Mitglieder der Sekte halten sich für quasi unsterblich, weshalb sie auch glauben, dass Krankheiten ihnen nichts anhaben können. Dem Sektengründer droht nun in Südkorea eine Mordanklage. Immerhin soll die Hälfte aller Erkrankungen auf die Verbreitung durch Shinchonji zurückgehen.

„Lee selbst bezeichnet sich als körperlich unsterblich“, erläutert Oliver Koch, Weltanschauungsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Dies gelte wohl auch für viele andere Mitglieder, „Krankheiten werden nicht ernst genommen.“

Koch warnt schon seit langem vor der Gruppierung. Die wahren Hintergründe von diversen Unterorganisationen würden verschleiert. Das Auftreten der Sekte sei sehr aggressiv, ihre Missionierungstaktik fast militärisch-strategisch, die Organisationsstrukturen intransparent bis hin zu Falschdarstellungen. Dies führe zu sehr vielen Beratungsanfragen. Wie auch bei anderen Sekten, steht bei Neumitgliedern der Einsatz für die Mission im Mittelpunkt. Darunter leiden Familie und Beruf.

Sektengründer Lee hat sich inzwischen öffentlich beim koreanischen Volk entschuldigt. Das Frankfurter Zentrum ist zur Zeit wegen „Brandschutz“ geschlossen, in Berlin werden Sanierungsarbeiten als Grund für die Schließung angegeben. Unklar ist, wie sich die Mitglieder in Deutschland verhalten werden. In Südkorea gehen die staatlichen Organe wohl mit allen Mitteln gegen die Verbreitung des Virus durch Shinchonji vor. Möglicherweise ist der Coronavirus dort der Anfang vom Ende dieser Sekte.

Weitere Informationen zu Shinchonji und dem Umgang mit der Sekte sind in einer Broschüre zu finden, die das Zentrum Oekumene veröffentlicht hat.

Schneller als das Virus

In Zeiten der Verunsicherung haben Verschwörungsmythen Konjunktur. Es ist die Zeit der Vereinfacher und Demagogen. Auch im religiösen Bereich gibt es viele bizarre Theorien zu den Ursachen des Coronavirus. Zum Glück gehen die etablierten Religionen verantwortungsvoll mit der Krise um.

Wer hat's in die Welt gebracht? Verschwörungsmythen über Covid-19 verbreiten sich fast schneller als der Virus. | Foto: Fusion Medical Animation/unsplash.
Wer hat’s in die Welt gebracht? Verschwörungsmythen über Covid-19 verbreiten sich fast schneller als der Virus. | Foto: Fusion Medical Animation/unsplash.

Schon in den ersten Wochen nach Ausbruch des Coronavirus sollen nach einer Meldung der Washington Post sieben Prozent aller Posts auf Twitter falsche Informationen verbreitet haben. Komplizierte Sachverhalte reduzieren und möglichst einen Schuldigen benennen – so einfach ist das Muster des Verschwörungsmythos.

Islamische Geistliche aus Tunesien und Ägypten zum Beispiel haben behauptet, das Coronavirus sei eine Strafe Gottes für die Chinesen für deren Umgang mit den Uiguren. Im Irak verbreitete sich die Erklärung, bei der Epidemie handele es sich um ein amerikanisch-jüdisches Komplott. Ziel sei es, die Weltbevölkerung zu dezimieren.

Die Vorstellung von einer „jüdischen Weltverschwörung“ kursiert schon seit gut hundert Jahren. Sie geht unter anderem auf einen Roman aus dem Jahr 1868 zurück, der ein geheimes Treffen auf dem Judenfriedhof in Prag ausmalt. In den dort angeblich beschlossenen „Protokollen der Weisen von Zion“ sei beschrieben, wie das „internationale Judentum“ die Herrschaft über die Menschheit erlangen will, indem sie Wirtschaft, Finanzen, Medien und Kultur kontrollieren.

Diese fixe Idee wird bei jeder Krise wieder reaktiviert. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter der baden-württembergischen Landesregierung, sagte im Deutschlandfunk, es habe nur wenige Tage gedauert, bis das Auftreten des Coronavirus auch in Deutschland mit einer jüdischen Weltverschwörung verknüpft wurde: „Man hat gesagt: In Wuhan gibt es ein Biolabor, Bill Gates und Melinda Gates entwickeln Impfstoffe und verdienen damit Geld, und die seien ja Juden. Nichts davon stimmt.“

Vereinfachende Denkmuster finden sich bei sektenhaften Gruppierungen aller Religionen. Für Man-Hee Lee von der südkoreanischen Sekte „Shincheonji“ war klar: Das Coronavirus ist das Werk des Teufels, das die Ausweitung der Shincheonji-Kirche verhindern soll. An der Verbreitung des Virus in Südkorea hatte die christliche Sekte großen Anteil: Die Mitglieder halten sich für quasi unsterblich, weshalb ihnen Krankheiten nichts anhaben können. Dem Sektengründer droht in Südkorea jetzt ein Strafverfahren wegen Mordes. In Frankfurt hat Shincheonji 500 Mitglieder, ihr Zentrum ist geschlossen.

Die „Catedral Global do Espírito Santo“ in Brasilien hatte in einer Online-Broschüre mit der „Kraft Gottes gegen das Coronavirus“ geworben. Sie versprach ihren Gläubigen „eine Salbung mit geweihtem Öl“, das gegen Epidemien, Viren oder Krankheiten immun mache. In den USA geißelte ein evangelikaler Pastor Corona als Strafe Gottes für Homosexualität.

Doch Verschwörungsmythen sind nicht nur bizarr und abgedreht. Dies mag vielleicht für die Überzeugung gelten, dass die Mondlandung von der NASA in einem Filmstudio inszeniert wurde oder dass Elvis Presley noch lebt und von Außerirdischen entführt wurde, um die beiden beliebtesten Verschwörungsmythen zu nennen. Aber im politischen Bereich wird aus abgedrehten Ideen häufig blutiger Ernst.

Der rassistische Attentäter von Hanau fantasierte von einer angeblichen Überwachung durch ominöse Geheimdienste, von Gedankenkontrolle und Manipulation. Verschwörungsideologien sind häufig Teil eines Radikalisierungsprozesses. Durch sie fühlen sich Attentäter subjektiv berechtigt, andere zu töten. Die jeweilige Ideologie – und mag sie noch so krude sein – wirkt wie ein Durchlauferhitzer. Absurde Gedanken werden zum Kochen gebracht und entladen sich in Gewalt.

Auch der Rechtsextremist Anders Breivik, der 2011 in Norwegen 77 Menschen umgebracht hat, sah sich als Retter einer christlich-europäischen Ordnung. Er griff dabei auf Ideen sogenannter national-konservativer Intellektueller zurück, die vor einer angeblich geplanten Islamisierung Europas warnen.

Die Macht von vereinfachenden Vorstellungen, die Sehnsucht nach scheinbar leichter Erlösung überflügelt oftmals den Verstand. Auch unseren zuweilen. Ruhig und besonnen sollen wir bleiben, und doch rennen wir los und kaufen Nudeln und Toilettenpapier. Sind das die überlebenswichtigen Güter? Der Mensch ist vernunftbegabt, aber seine Gefühle stehen ihm oft im Weg. Und darum sind Verschwörungsideologien vermutlich unausrottbar. Mal sind sie nur grotesk, mal gefährlich für Leib und Seele.

1924 entmystifizierte Binjamin Segel in einem gründlich recherchierten Buch mit dem Titel „Protokolle. Eine Erledigung“ die so genannten Protokollen der Weisen von Zion, stellte aber gleichzeitig fest: „Wir sagten uns, es ist überflüssig, gegen dieses dumme Zeug anzukämpfen, das wird über kurz oder lang unter dem Hohnlachen der ganzen Welt zusammenbrechen. Wir haben uns getäuscht. Wir haben die Dummheit und Leichtgläubigkeit der Welt sehr erheblich unterschätzt. Mit diesen Protokollen hat gleichsam die Geschichte das Experiment gemacht, was man alles in einem aufgeklärten Zeitalter den Massen zumuten darf.“ Wie Recht er hatte.

Die Top Ten der Verschwörungstheorien.

Kinder fragen wegen Corona: Muss Oma sterben?

von Kurt-Helmuth Eimuth 23. März 2020

Kinder jeden Alters erfahren die Krise. Sie erfahren die Bedrohung, sehen die Bilder aus Italien und spüren die Angst der Erwachsenen. Wie damit umgehen?

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. Bild: www.colourbox.de

Wie kaum eine andere Krise betrifft die Corona-Krise auch Kinder. Sie bekommen nicht nur über Fernsehen und andere Medien mit, dass hier etwas Schlimmes im Gang ist, nein, sie sind Teil einer Gemeinschaft, die sich ängstigt und entsprechend handelt. Keine Schule, die Eltern sind zuhause und Oma und Opa sollen auch nicht mehr besucht werden. Da kommt doch schnell die Frage auf, die wir Erwachsenen nicht aussprechen: Müssen wir alle sterben? Müssen Oma und Opa sterben?

Wie tief das Virus die Seele der Kinder erreicht hat, zeigt die Reaktion der Kinder einer Grundschulklasse am letzten Schultag. Immer wenn ein Kind nieste oder hustete riefen alle Kinder „Corona“ und rissen die Arme hoch. Das Virus ist auch für Kinder das beherrschende Thema.

Natürlich wird man Kindern erklären, warum es gut ist, wenig Kontakt mit anderen Menschen zu haben. Da gibt es gute Videos, die mit Dominosteinen oder Streichhölzern zeigen, welche Wirkung es hat, wenn man eine Kette unterbricht.

Schwieriger wird es bei philosophischen und theologischen Fragen. Es sind die Fragen, die auch uns Erwachsene umtreiben. Warum gibt es ein solches Virus? Warum lässt Gott das zu? Müssen wir sterben?

Hier braucht es keine schnellen Antworten. Der Religionspädagoge Frieder Harz schreibt: Kinder „sind keine Gefäße, die es mit klugen Gedanken anderer zu füllen gilt. Sondern sie sind kompetent im Sich-Aneignen und auch gedanklichen Durchdringen ihrer Erfahrungswirklichkeit. Weil Glaube mitten in diese Wirklichkeit hineingehört, gilt das auch für ihr eigenständiges Nachdenken über Gott und den Glauben.“ Kinder eignen sich ihre Welt, auch ihre gedankliche Welt, mit ihren Warum-Fragen an. Sie haben durchaus die Fähigkeit über die großen Fragen des Lebens nachzudenken. Dies geschieht oft in ihrer eigenen bildhaften Sprache. Dabei gibt es keinen Gedanken der falsch ist. Sondern es gibt nur Gedanken, die man gemeinsam entwickeln kann. Man nennt dies Theologisieren mit Kindern. Wichtiger als zu antworten ist das Zuhören. Es geht darum, gemeinsam nachzudenken. Dabei darf man auch seine eigene Unsicherheit zugeben. Wir wissen nicht ob Oma und Opa sterben. Wir können nur alle etwas dafür tun, dass möglichst wenige Menschen vom Virus infiziert wird.

Und natürlich steht hinter allem auch die Frage: Warum lässt Gott das zu? Warum lässt Gott Kriege und Seuchen zu? Es ist die Theodizee-Frage, die Menschen seit Jahrhunderten umtreibt. Dahinter steht die Vorstellung, dass Gott die Welt lenkt und uns Menschen wie eine Marionette führt. Demgegenüber steht eine Vorstellung, dass der freie Christenmensch selbst über sein Schicksal entscheidet. Doch Gott steht uns in der Krise bei. Er gibt uns Zuversicht und Kraft. Auch davon kann im Gespräch mit dem Kind die Rede sein.

Doch Kinder haben ihre eigene Form des Verarbeitens. Wenn es ihnen zu viel wird, brechen sie den Dialog ab. Und das ist gut so. Kann sein, dass sie in ein oder zwei Tagen das Gespräch wieder fortsetzen wollen. Theologisieren braucht eben seine Zeit.

Frankfurt Helau: Die Ursprünge der „Nacht vor dem Fasten“

von Kurt-Helmuth Eimuth 17. Februar 2020

Woher kommt eigentlich die Fastnacht? Die Ursprünge, so wird vermutet, liegen in Riten zur Vertreibung des Winters. Aber ihre spezifischen Formen bekamen sie dann erst durch die christliche Neuinterpretation: Fastnacht ist die „Nacht vor dem Fasten“.

Ausschweifungen vor der Fastenzeit: Die Geschichte der Fastnacht begann schon im Mittelalter. Foto: Cooper Le / Unsplash
Ausschweifungen vor der Fastenzeit: Die Geschichte der Fastnacht begann schon im Mittelalter. Foto: Cooper Le / Unsplash

Neulich fragte mich eine Studentin, warum wir Fastnacht feiern. Sie kommt aus Äthiopien. Ich stammelte etwas von katholisch, Winteraustreiben und Kritik an der Obrigkeit. Stimmt irgendwie, und doch animierte es mich, der Sache nochmals genau nachzugehen.

Zwischen Winter und Frühling wurden schon im Altertum allerlei Vorfrühlings- und Fruchtbarkeitsfeste mit Masken, Kostümen und Radau zur Vertreibung des Winters gefeiert. Doch die Wurzeln der Fastnacht, der Nacht vor dem Fasten, liegen wohl in den christlichen Klöstern. Dort wurden seit dem 12. Jahrhundert vor Beginn der Fastenzeit ausgiebige Feste gefeiert – und am Aschermittwoch war dann „alles vorbei“, denn an diesem Tag beginnt eben die Fastenzeit vor Ostern.

Schon um 1200 hieß der Vorabend des Aschermittwochs „Fastnacht“, jedenfalls in bestimmten Regionen. In anderen Regionen sprach man vom „Karneval“ vom Lateinischen „Carnem Levare“ (zu Deutsch „Fleisch wegnehmen“) abgeleitet – auch dies ein Ausdruck, der direkt auf die Fastenzeit hindeutet. Man verzichtete in der 40-tägigen Fastenzeit aber nicht nur auf Fleisch, sondern allgemein auf Fett und Milchprodukte und sollte auch sexuell enthaltsam leben. Völlerei, Maßlosigkeit, derbe Scherze und Ausschweifungen aller Art waren in der Fastenzeit tabu.

In den Kirchen wurden vom 12. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts auch Narrenfeste gefeiert. Dabei übernahmen niedere Kleriker vorübergehend die Privilegien der höheren Geistlichkeit. Kirchliche Rituale wurden in Narren- oder Eselsmessen parodiert. Es kam sogar vor, dass ein Pseudobischof- oder -papst gekürt wurde.

Schon bald blieb das bunte Treiben nicht auf die Klöster und Kirchen beschränkt, sondern verbreitete sich auch in den Städten. Prozessionen, Musik und Spottgedichte, die wie im Süddeutschen oder am Rhein eine regionale Färbung bekamen, gehörten jetzt auch außerhalb der Kirche dazu. Schon im Spätmittelalter hatte sich der Karneval verselbstständigt. Mit seiner Völlerei, den Wettkämpfen und Spielen, den Besäufnissen und sexuellen Ausschweifungen war er geradezu zu einer „Civitas diaboli“, zu einer teuflischen Ausprägung geworden.

Die katholische Kirche versuchte, das Treiben zu kanalisieren und wieder in das Kirchenjahr zu integrieren. Die Reformatoren blieben auf Distanz und verboten den Karneval sogar. Dabei war Luther keineswegs derben Scherzen und einem guten Mahl abgeneigt. Seine Kritik bezog sich eher auf das damit einhergehende Verständnis vom Fasten: Einem Fasten, das Pluspunkte im Himmel versprach, stand Luther ablehnend gegenüber.

Der Narr ist in katholischer Vorstellung derjenige, der Gott nicht in den Werken der Schöpfung erkennt. Das Narrenzepter steht für seine Selbstbezogenheit. An seiner Mütze trägt er Eselsohren, Hahnenkamm und Schellen. Die Masken symbolisieren die sieben Todsünden. Für den Hochmut steht etwa der Pfau, für Neid der Drachen.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde dann aus ganz anderen Gründen versucht, das närrische Treiben zu unterbinden: Die Franzosen in den besetzten rheinischen Gebieten wollten den Karneval unterdrücken. Der Kölner Stadtkommandant verbot 1795 nicht nur das Maskieren, sondern jede Art der Verkleidung. Aber auch Preußens König Friedrich Wilhelm III. wollte seinen neuen Untertanen 1828 „Maskeraden“ nur noch in jenen größeren Städten der Rheinprovinzen erlauben, „wo sie von Alters her herkömmlich stattgefunden haben“. Man darf vermuten, dass nicht nur das wilde Treiben und die Sauferei der Grund für die Unterdrückung des Karnevals war, sondern auch die Verspottung der Obrigkeit, die schon immer auch zum Karneval gehörte.

Doch auch damals galt schon: Verbote machen eine Sache erst Recht interessant. Und so bekam der Karneval neuen Auftrieb. Heute ist das Fastnachtstreiben bunt, schrill regional gefärbt aber trotzdem international und manche Büttenrede kann es mit dem politischen Kabarett aufnehmen. Na dann: „Frankfurt Helau!“

Die Armen bleiben arm, die Reichen wurden reicher

von Kurt-Helmuth Eimuth 3. Januar 2020

Zehn Prozent der Menschen in Deutschland sind überschuldet, das sind fast sieben Millionen. Trotz dem Konjunkturboom der vergangenen Jahre ist ihre Zahl gleich geblieben. Drei Maßnahmen, die man sofort ergreifen müsste.

jeder zehnte Mensch in Deutschland hat mehr Schulden als Vermögen. |Foto: Josh Appel / Unsplash
jeder zehnte Mensch in Deutschland hat mehr Schulden als Vermögen. |Foto: Josh Appel / Unsplash

Der Einzelhandel ist noch in erwartungsvoller Stimmung: Die ersten zwei Wochen eines neuen Jahres gelten als umsatzstark, die weihnachtlichen Gutscheine und Geldgeschenke müssen ausgegeben werden. Aber auch die Börse jubelt. Die Kurse steigen und steigen, schließlich gibt es kaum noch Zinsen, Aktien bleiben die Alternative. Das vergangene Jahrzehnt mit seiner positiven Entwicklung gilt schon als eine Art zweites deutsches Wirtschaftswunder.

Doch zehn Prozent der Deutschen haben ein ganz anderes Problem: Sie sind überschuldet, das heißt, sie haben mehr Schulden als Vermögen. Zum Stichtag 1. Oktober 2019 betrug die Überschuldungsquote bundesweit exakt 10 Prozent – das heißt, über 6,9 Millionen Bürgerinnen und Bürger können ihre Schulden nicht mehr bezahlen und weisen „nachhaltige Zahlungsstörungen“ auf. Die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr praktisch unverändert.

Nicht alle von ihnen werden auf Dauer zahlungsunfähig sein. Viele werden ihre persönliche Misere wieder in den Griff bekommen. Aber rund vier Millionen Menschen bleiben in einer harten und damit tieferen Überschuldungsspirale gefangen. Von 2006 bis 2019 ist die Zahl der Überschuldungsfälle insgesamt um 611.000 gestiegen.

Auch in Hessen geht die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinander, und zwar stärker als in anderen Bundesländern, wie dem im Dezember veröffentlichten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zu entnehmen ist. Der Frankfurter Jugendring weist zudem auf das Problem der Kinderarmut hin: Seinen Erkenntnissen nach lebt jedes vierte Kind in Frankfurt von Hartz IV.

Frauen (12,5 Prozent) sind insgesamt häufiger verschuldet als Männer (7,65 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr ist zudem die Zahl der verschuldeten Rentnerinnen und Rentner über 70 Jahre um 45 Prozent gestiegen, auf insgesamt 381.000 Fälle. Allerdings sind alte Menschen immer noch deutlich seltener überschuldet als Jüngere: Ihr Überschuldungsquote liegt nur bei knapp 3 Prozent.

Der langjährige Konjunkturboom in Deutschland hat also offensichtlich nicht dazu beigetragen, dass die Armutsgefährdungs- und Überschuldungsquoten zurückgegangen sind: Die Armen bleiben arm, die Reichen wurden reicher. Diese Kluft steht einer Gesellschaft, deren Werte Solidarität und Gemeinschaft sind, nicht gut an.

Drei Dinge gilt es jetzt zu tun und staatlich zu fördern:

Erstens darf kein Kind in der Schule zurückgelassen werden. Dass jährlich 70.000 Kinder ohne Schulabschluss und damit ein Leben lang in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, ist nicht tragbar.

Zweitens muss die Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft werden. Wir dürfen uns nicht an Millionen Arbeitslose gewöhnen, zumal davon häufig auch deren Familien betroffen und von gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt sind.

Drittens schließlich muss der Altersarmut vorgebeugt werden. Es sollte für alle Menschen eine Mindestrente geben – die Nachbarländer Schweiz und Österreich machen vor, dass das geht.

Wie rechte Christen Kirche und Gesellschaft unterwandern

Deutsches Pfarrblatt, Januar 2020